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       # taz.de -- Mohammed Mursi besucht Deutschland: Es wird ein unbequemer Empfang
       
       > Gleich vier Gruppen wollen gegen den Besuch des ägyptischen Präsidenten
       > Mohammed Mursi protestieren. Auch Politiker fordern einen kritischen
       > Empfang.
       
   IMG Bild: Jetzt ist das Rückspiel: Westerwelle hat Mursi schon im Sommer besucht
       
       KAIRO dapd | Wenige Stunden vor seiner Ankunft in Deutschland bläst dem
       ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi schon heftige Kritik entgegen. Wegen
       der schweren Ausschreitungen in seinem Heimatland solle Bundeskanzlerin
       Angela Merkel (CDU) dem Muslimbruder die Leviten lesen, forderten die
       Grünen. Im Auswärtigen Ausschuss wünscht man sich, dass Mursi zu
       Streitfragen wie Frauenrechten und Religionsfreiheit Farbe bekennt. Derweil
       toben in Ägypten weiter Proteste gegen den Staatschef.
       
       Für Mursi ist es der erste Besuch in Deutschland und auch das erste
       persönliche Aufeinandertreffen mit Merkel. Am Mittag wird der Präsident mit
       militärischen Ehren im Kanzleramt empfangen. Bei den Gesprächen wird es vor
       allem um die innenpolitische Lage in Ägypten gehen, aber auch um den
       Nahost-Friedensprozess und die heikle Situation in Syrien. Im Anschluss an
       die Begegnung ist eine gemeinsame Pressekonferenz geplant.
       
       Von Feststimmung kann indes keine Rede sein: Gleich vier Gruppierungen
       haben für Mittwoch zu Protesten aufgerufen. Die Menschenrechtsorganisation
       Amnesty International hält am Kanzleramt ab 11.00 Uhr eine Kundgebung gegen
       Polizei- und Militärgewalt in Ägypten ab. Eine Stunde später protestieren
       an gleicher Stelle koptische Christen gegen die Verfolgung ihrer
       Glaubensbrüder. Und zwei weitere Gruppierungen wollen am Nachmittag
       Solidarität mit den Demonstranten für die ägyptische Revolution einfordern.
       
       Grünen-Chefin Claudia Roth wählte mahnende Worte. „Mursi trägt als frei
       gewählter Präsident eine Verantwortung für alle Ägypter. Er muss sich für
       die Einbeziehung der Opposition, für gleiche Rechte, Gewaltlosigkeit und
       eine Verbesserung der sozialen Lage einsetzen“, [1][sagte sie der
       Rheinischen Post]. Und genau diese Themen müsse Merkel auch knallhart
       ansprechen.
       
       ## Westerwelle fordert Geduld
       
       Im Auswärtigen Ausschuss des Bundestages soll Mursi ebenfalls Rede und
       Antwort stehen. „Dabei interessiert uns vor allem seine Vorstellung von der
       weiteren Demokratie- und Rechtsstaatsentwicklung, hier insbesondere Fragen
       der Frauenrechte und der Religionsfreiheit“, sagte der Ausschussvorsitzende
       Ruprecht Polenz (CDU) [2][der Mitteldeutschen Zeitung]. „Außenpolitisch
       geht es uns nicht zuletzt um Ägyptens Verhältnis zu Israel. Wir erwarten,
       dass der Friedensvertrag eingehalten wird und sich das Verhältnis positiv
       entwickelt.“
       
       Bundesaußenminister Guido Westerwelle gab sich vergleichsweise nachsichtig
       und forderte Geduld mit Kairo. „Niemand konnte erwarten, dass sich in
       Ägypten nach langer autoritärer Herrschaft in kurzer Zeit alles zum Besten
       wendet“, sagte er der Rheinischen Post. „Ägypten braucht nachhaltige
       Unterstützung aus dem Ausland: Ohne Investitionen, ohne Touristenströme,
       aber auch ohne Hilfe bei der Transformation werden sich glaubwürdige
       wirtschaftliche Perspektiven und soziale Teilhabe für die Menschen in
       Ägypten nicht einstellen.“
       
       Tatsächlich bleibt die Lage in Ägypten gespannt. Am Tag vor Mursis
       Deutschlandbesuch protestierten am Dienstag wieder Tausende gegen das
       Staatsoberhaupt und forderten seinen Rücktritt. Angesichts anhaltender
       Unruhen meldete sich erstmals Militärchef Abdel Fattah el Sissi zu Wort und
       warnte vor einem Kollaps der staatlichen Ordnung, verteidigte aber das
       Demonstrationsrecht. Demonstranten und Bürgerrechtler halten Mursi vor,
       Polizeibrutalität zu billigen. Die UN-Menschenrechtsbeauftragte Navi Pillay
       forderte sofortige Ermittlungen und eine Überprüfung der Polizeitaktik.
       
       30 Jan 2013
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.rp-online.de/politik/ausland/gruene-fordern-klare-worte-vor-mursi-besuch-1.3155846
   DIR [2] http://www.mz-web.de/servlet/ContentServer?pagename=ksta/page&atype=ksArtikel&aid=1359439261279&calledPageId=987490165154
       
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