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       # taz.de -- Sektensiedlung Colonia Dignidad: Ein wegweisendes Urteil
       
       > Chiles oberster Gerichtshof verurteilt mehrere Bewohner der Colonia
       > Dignidad zu Haftstrafen. Es geht auch um Vergewaltigung und
       > Kindesmissbrauch.
       
   IMG Bild: Possierliche Tierchen außen, Horror innen: Die Colonia Dignidad in den 80er Jahren.
       
       BERLIN taz | Es war wohl ein verspätetes Abschiedsgeschenk: Erst als
       Bundeskanzlerin Angela Merkel am Sonntag Chile den Rücken gekehrt hatte,
       gab der oberste Gerichtshof des Landes ein lang erwartetes Urteil bekannt:
       Mehrere Mitglieder der berüchtigten Sektensiedlung Colonia Dignidad sind
       danach letztinstanzlich zu mehrjährigen Haft- oder Bewährungsstrafen
       verurteilt worden.
       
       Die Urteile richten sich gegen insgesamt vierzehn Mitglieder der Kolonie
       und sieben chilenische Mittäter. Die Deutschen wohnen zum Teil bis heute in
       der Siedlung, die seit einigen Jahren unter dem Namen Villa Baviera
       firmiert und Tourismus betreibt.
       
       Das Gericht verhängte Haft- oder Bewährungsstrafen unter anderem wegen
       Beihilfe zum Kindesmissbrauch, wegen Vergewaltigung und wegen
       Kindesentführung. Das höchste Strafmaß, unter anderem verhängt gegen
       Gerhard Mücke, einer der Hauptkomplizen Schäfers, beträgt 11 Jahre.
       
       ## Deutscher Arzt in Abwesenheit verurteilt
       
       In Abwesenheit verurteilt zu fünf Jahren und einem Tag wegen Mithilfe zu
       sexuellem Missbrauch wurde auch Hartmut Hopp, der Sektenarzt der Siedlung.
       Er flüchtete 2011 nach Deutschland und entzog sich so seiner Haftstrafe,
       weil er als deutscher Staatsbürger nicht ausgeliefert werden kann. Bis
       heute lebt Hopp unbehelligt in Krefeld. Das hier eröffnete
       Ermittlungsverfahren gegen ihn, unter anderem wegen der zwangsweisen
       Verabreichung von Psychopharmaka, kommt allerdings nur schleppend voran.
       
       Die Colonia Dignidad wurde in den 1960er Jahren vom mittlerweile
       verstorbenen Deutschen Baptistenprediger Paul Schäfer gegründet. Schäfer,
       der, in Deutschland wegen Kindesmissbrauch gesucht, mit einer Gruppe von
       deutschen Familien nach Chile geflohen war, stilisierte sich als religiösen
       Führer. Er missbrauchte jahrzehntelang die männlichen Kinder der Siedlung
       und Kinder von chilenischen Landbewohnern aus der Gegend und verwandelte
       die Kolonie mit etlichen Handlangern in eine Folterstätte.
       
       Opfer waren sowohl Mitglieder der mitausgewanderten Familien aus
       Deutschland als auch chilenische Gegner der Militärdiktatur (1973–1990).
       Sie wurden vom chilenischen Geheimdienst Dina auf das Siedlungsgelände
       gebracht und dort in Kooperation mit Coloniabewohnern gefoltert und
       teilweise auch ermordet.
       
       Man geht von etwa 100 Diktaturopfern aus, die auf dem Gelände der Colonia
       ermordet wurden und deren Leichen bis heute nicht gefunden wurden. Etliche
       Verfahren sind deswegen in Chile noch anhängig.
       
       29 Jan 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Eva Völpel
       
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