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       # taz.de -- Krieg in Mali: Aus den Städten in die Wüste
       
       > Mit dem Vorstoß nach Timbuktu tritt Frankreichs Krieg gegen die
       > Islamisten in eine neue Phase ein. Denn diese verwandeln sich umstandslos
       > in mobile Aufständische.
       
   IMG Bild: Aus einem Krieg wird Aufstandsbekämpfung: das französische Militär in Mali
       
       BERLIN taz | Erst Gao, dann Timbuktu: Die bewaffneten Islamisten im Norden
       Malis geben eine Stadt nach der anderen auf. Sie suchen nicht die direkte
       Konfrontation mit den vorrückenden französischen Truppen. „Wir sind auf
       keinen Widerstand gestoßen“, sagte ein hochrangiger malischer Offizier am
       Montag früh, nachdem rund 1.000 französische und 200 malische Soldaten in
       der Nacht den Flughafen von Timbuktu und die Zufahrtsstraße zu der Stadt
       besetzt hatten. Im Laufe des Montags übernahmen sie eigenen Angaben zufolge
       die direkte Kontrolle über Timbuktu.
       
       Der Fall Timbuktus an die Islamisten war im März 2012 weltweit das Symbol
       ihrer Triumphs im Norden Malis gewesen, und ihre Vertreibung ist jetzt das
       Symbol ihrer Niederlage. Frankreichs „Operation Timbuktu“ ist
       geschichtsträchtig. Zum ersten Mal bei einem französischen Auslandseinsatz
       seit 2007 sind dabei Fallschirmjäger der Fremdenlegion aus der Luft
       abgesprungen – ausgerechnet aus einem Regiment, das durch eine berüchtigte
       Militärintervention 1978 in Kolwezi in Zaire zum Schutz der dortigen
       Mobutu-Diktatur als französisches Afrikaverbrechen in die Geschichtsbücher
       eingegangen ist. Von insgesamt zwanzig Luftangriffen in den Regionen Gao
       und Timbuktu seit Samstag ist die Rede.
       
       Der scheinbar leichte Vormarsch der Franzosen nach Nordmali bedeutet aber,
       da waren sich französische Politiker am Montag einig, kein rasches Ende des
       Krieges, sondern sein Eintreten in eine neue Phase – die der
       Aufstandsbekämpfung. Die Islamisten verwandeln sich anscheinend umstandslos
       in mobile Rebellen, die keine territoriale Kontrolle benötigen, um
       ausländischen Soldaten das Leben in Malis Wüste so schwer zu machen wie in
       Afghanistan.
       
       Glaubt man der offiziellen französischen Version, waren die Islamisten
       bereits vor zwei Wochen, am 14. Januar, aus Gao und Timbuktu abgezogen.
       Jetzt heißt es, die letzten islamistischen Kämpfer hätten Timbuktu vor vier
       Tagen verlassen, dabei das Ahmed-Baba-Institut angezündet, den Strom
       abgestellt und die Telefonleitungen gekappt.
       
       ## Unbemerte Fluchten
       
       Doch zugleich vermutet das französische Militär immer noch islamistische
       Kämpfer in den verwinkelten mittelalterlichen Gebäudekomplexen und Gassen
       der Stadt. Und das Verteidigungsministerium in Paris betonte mehrfach, dass
       es neben der Eroberung von Ortschaften mindestens genauso wichtig und
       schwierig sei, „feindliche Exfiltrationen“ zu verhindern, also die
       unbemerkte Flucht islamistischer Kämpfer von der Front.
       
       Die nächste Etappe wird die schwierigste: der Vorstoß in die Adrar-Berge im
       Nordosten Malis an der Grenze zu Algerien, in der Region Kidal, wo
       flüchtige islamistische Rebellen aus Algerien seit zehn Jahren sitzen und
       eine Infrastruktur aufgebaut haben, wo „al-Qaida im Islamischen Maghreb“
       entstand und wo mutmaßlich immer noch europäische Geiseln von Islamisten
       festgehalten werden. Möglicherweise wollen die Islamisten dadurch, dass sie
       Gao und Timbuktu schneller aufgegeben haben als von Frankreich erwartet,
       die Franzosen geradezu in die Wüste locken.
       
       Frankreich hat nun gar keine Wahl, als seine „Opération Serval“ in Mali
       immer weiter auszubauen. Es ist schon jetzt die größte Militärintervention
       Frankreichs in Afrika seit der Kolonialzeit. Nach offiziellen Angaben waren
       am Sonntag 2.900 französische Soldaten in Mali im Einsatz. Am Montag
       landeten weitere Kontingente über Senegal, und am Nachmittag zählte die
       Zeitung Le Monde schon 4.500 französische Soldaten in Mali, davon 3.500 an
       der Front.
       
       28 Jan 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dominic Johnson
       
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