# taz.de -- Kommentar Bulgariens Atomenergie: Requiem für ein Atomkraftwerk
> Das Referendum für die Atomenergie in Bulagrien ist ein eindeutiges
> Signal: Die Menschen haben die Nase voll von der rechtsliberalen
> Regierung.
Der Umstand, dass sich eine deutliche Mehrheit der Bulgaren bei der
Volksbefragung über die Zukunft der Atomenergie in ihrem Land der
Stimmabgabe verweigert hat, ist eine schallende Ohrfeige für das gesamte
politische Establishment: für die oppositionellen Sozialisten (BSP), die
das Thema Atomkraft schon während der Debatte über die Stilllegung der
ersten vier Reaktorblöcke des Kraftwerks Kosloduj zur nationalen Kausa
stilisiert hatten; und die mittels der Abstimmung von vergangenem Sonntag
die Wiederaufnahme des Projektes in Belene durchdrücken wollten –
ungeachtet der Tatsache, dass sich der Standort in einem
erdbebengefährdeten Gebiet befindet und der finanzielle Aufwand von rund 11
Milliarden Euro für das ärmste Land der EU schlicht eine Nummer zu groß
ist.
Da nützt es BSP-Chef Sergej Stanischew auch nichts, dass die Mehrheit der
Wähler mit Ja gestimmt hat. Seine Kampagne, um genug Menschen an die Urnen
zu bringen, ist fehlgeschlagen und das Referendum ungültig.
Aber auch Premier Bojko Borissow und seine Partei GERB, die für ein Nein
geworben hatten, können sich nicht als Sieger fühlen. Im Gegenteil: Das
Votum macht deutlich, dass die Menschen von der rechtsliberalen Regierung
die Nase voll haben. Aus gutem Grund. Nach wie vor sind Korruption und
Vetternwirtschaft weit verbreitet. Politiker jeder Couleur zeichnen sich
dadurch aus, dass sie den Staat als Selbstbedienungsladen begreifen. Viele
Menschen sind seit dem Machtantritt des Law-and-Order-Manns Borissow im
Jahre 2009 verarmt, und die Auswanderung junger, gut ausgebilderter
Spezialisten hält an.
Und so droht Borissow bei den Parlamentswahlen im kommenden Sommer das
gleiche Schicksal wie allen Vorgängerregierungen seit 1989: die Abwahl. Für
das Land wahrlich keine gute Perspektive.
28 Jan 2013
## AUTOREN
DIR Barbara Oertel
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