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       # taz.de -- Neuer CDU-Landeschef: Die Übergangslösung
       
       > Der schleswig-holsteinische CDU-Vorstand gibt sein Okay zur Kandidatur
       > von Reimer Böge als Landeschef. Der will die Partei thematisch breiter
       > aufstellen und von einer internen Krise nichts wissen.
       
   IMG Bild: Musste überredet werden: Reimer Böge.
       
       HAMBURG taz | Sie witzeln etwas und lachen, gehen ein paar Schritte Arm in
       Arm. Frederik Heinz und Katja Rathje-Hoffmann kommen aus einem kleinen
       Sitzungsmarathon: An diesem Donnerstag Abend tagen hier, im aus der Zeit
       gefallen wirkenden Kieler Hotel Maritim die Vorstandsgremien der
       CDU-Schleswig-Holstein. Zwischen dunklem Holz und unter massiven
       Leuchter-Konstruktionen beraten sie darüber, wer neuer Landesvorsitzender
       wird. Ergebnis: Der Europa-Parlamentarier Reimer Böge macht’s.
       
       Rathje-Hoffmann ist Landtagsabgeordnete und Vorsitzende der Frauen Union,
       Heinz ist Chef der Jungen Union (JU). Beider Ziel: die Pressekonferenz im
       Flur, zusammen mit dem frisch Gekürten. Die Frauen und die Jungen, das sind
       die Problemgruppen der CDU: Sie wählen zu selten CDU, engagieren sich zu
       wenig, bekommen kaum aussichtsreiche Posten. Jetzt stehen die
       Frauen-Funktionärin und der Nachwuchs-Chef mit vor der blauen CDU-Wand für
       die Fernsehbilder. Immerhin sind Rathje-Hoffmann und Heinz ja
       Vize-Landesvorsitzende.
       
       ## Frauen und Junge
       
       Aber zuerst redet Böge, Diplom-Agraringenieur wie Ex-Landesvater Peter
       Harry Carstensen, mit eigenem Hof in Hasenmoor bei Bad Bramstedt. Der
       61-jährige verkündet, dass er antrete als Vorsitzender beim Landesparteitag
       im März, obwohl er eigentlich nicht gewollt habe, man ihn habe bitten
       müssen. Und, ach ja: Eine Krise habe es bei der schleswig-holsteinischen
       CDU nicht gegeben, lediglich eine „schwierige Zwischenphase“. Die sei jetzt
       aber vorbei.
       
       Böge sagt auch, dass es jetzt auch einen Landesfachausschuss für
       Arbeitnehmerfragen geben solle, er auf Nachhaltigkeit als Thema setze. Und
       auch das Thema Integration will er als mit seiner CDU angehen, die bei
       solchen Themen bisher kaum mit besonders engagiert war. Dass Frauen und
       Junge gestärkt werden sollen in der Partei, sagt Böge auch noch.
       
       Dann spricht der Bundestagsabgeordnete Ingbert Liebing, auch so ein
       Vize-Chef, dessen Name fiel, als ein Nachfolger für den zurückgetretenen
       Jost de Jager gefunden werden sollte. Er verspricht die Unterstützung des
       Landesvorstands. Liebing hat nie offiziell gesagt, dass er kandidieren
       würde, dennoch bekam er schon Rückhalt von einem ersten Kreisverband.
       
       Rathje-Hoffmann und Heinz sagen: nichts. Sie stehen dabei und versuchen,
       den Pressevertretern ein möglichst nettes Gesicht zur Schau zu stellen, was
       Rathje-Hoffmann besser gelingt als Heinz. Er hatte sich mit seiner JU für
       einen Mitgliederentscheid ausgesprochen, dafür gab es im Rest der
       CDU-Führungsmannschaft auch die Bereitschaft – theoretisch, wenn es denn
       zwei Kandidaten gäbe. Doch die gab es nicht, offenbar hat auch Heinz
       niemand weiteres ins Spiel bringen können.
       
       ## Lieber im Parlament
       
       Die jetzt gefundene Lösung ist wohl eine für den Übergang, so sehr Böge
       selbst diese Formulierung wohl zurückweisen würde. Beim Landesparteitag im
       März wird für zwei Jahre der Landesvorsitzende gewählt, bis dahin stellt er
       sich auf mehreren Regionalkonferenzen vor.
       
       Dass er Spitzenkandidat für 2017 wird, ist eher unwahrscheinlich angesichts
       der Prioritäten, die Böge setzt: Er „denke nicht in Jahrzehnten“, sagt er,
       wolle weiter Europapolitik machen, sich von der CDU wieder aufstellen
       lassen. In Sitzungswochen gehe seine Funktion als Parlamentarier vor. Dann
       sollten die Vize-Vorsitzenden das Geschäft vor Ort führen. Solche wie
       Rathje-Hoffmann und Heinz.
       
       25 Jan 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Daniel Kummetz
       
       ## TAGS
       
   DIR CDU Hamburg
       
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