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       # taz.de -- Die Magie des WEF in Davos: Auf dem Zauberberg
       
       > Ich hätte da so eine Geschäftsidee… Was einen Sozialunternehmer, einen
       > Unternehmensberater und einen Drogerieketten-Manager an Davos reizt.
       
   IMG Bild: Schatzalp 2011. Ideal für informelle Gespräche: Der Gang zum Büfett.
       
       DAVOS taz | Mit der Drahtseilbahn fährt man aus der Welt heraus nach oben.
       Auf knapp 1.900 Metern über dem Meeresspiegel liegt das Hotel Schatzalp,
       das schon Thomas Mann in seinem Zauberberg erwähnte. Ein
       Telefonvermittlungsschrank aus dem vergangenen Jahrhundert steht in der
       Jugendstillobby des 1899 erbauten Hauses. In der Pianobar hängt großflächig
       griechische Mythologie in Öl, und im Restaurant speist Christine Lagarde,
       die Chefin des Internationalen Währungsfonds, bevor der Sturm des World
       Economic Forum (WEF) am nächsten Tag unten im Skiort Davos losbricht.
       
       Gegenüber, im Ballsaal, dinieren die Young Global Leader. Die Bezeichnung
       ist nicht wörtlich zu nehmen. Jürgen Griesbeck zum Beispiel hat seinen 47.
       Geburtstag bereits hinter sich. Jung steht hier für „eine Firma mal anders
       aufziehen“. WEF-Chef Klaus Schwab lädt Sozialunternehmer wie ihn ein, damit
       das Forum frische Impulse bekommt. Griesbeck, Hemd ohne Schlips, Jeans,
       unrasiert, hat die Organisation [1][streetfootballworld] gegründet, die
       weltweit Fußball als Mittel benutzt, um arme Jugendliche für Schule,
       Ausbildung oder Aidsvorsorge zu interessieren.
       
       Jetzt sitzt der Mann beim Abendessen zufällig neben Zanele Mbeki. Sie
       kannten sich vorher nicht, aber er weiß, wer sie ist: die frühere First
       Lady Südafrikas, die in der Stiftung von WEF-Gründer Klaus Schwab
       mitarbeitet. „Das ist die Magie von Davos“, sagt Griesbeck. Ihm ist
       bekannt, dass Südafrika noch Geld von der Fußball-WM 2010 übrig hat, das
       sozialen Zwecken zugutekommen soll. Und Griesbeck kennt dort Projekte, die
       mit den Mitteln etwas anzufangen wüssten.
       
       Vereinbart wird beim Abendessen auf der Schatzalp nichts. Aber wenn sich
       der Fußballunternehmer in einigen Wochen bei Frau Mbeki meldet, geht das
       Gespräch weiter. Für Jürgen Griesbeck hat sich Davos schon gelohnt.
       
       ## Trockenobst bei PricewaterhouseCoopers
       
       Im Hotel Steigenberger-Belvedere unten im Tal ist tags darauf eine andere
       Show im Gange. Ein Restaurant, das mit viel dunklem Holz normalerweise
       aussieht wie ein altes Schweizer Bauernhaus, hat die Unternehmensberatung
       PricewaterhouseCoopers ganz mit weißem Stoff auskleiden lassen. Gereicht
       werden Trockenobst und trockener Wein.
       
       Die Beratungs- und Wirtschaftsprüfungsfirma stellt hier am Vorabend des WEF
       ihre alljährliche globale Umfrage unter Managern vor. Mit dabei ist auch
       PwC-Deutschland-Chef Norbert Winkeljohann, sehr groß, glatt rasiert, Anzug
       komplett.
       
       Er wird am kommenden Tag am Rande des WEF einen wichtigen Mandanten seiner
       Firma treffen. Dabei geht es nicht um neue Verträge, sondern darum, sich
       darüber zu informieren, was in dem Unternehmen im Gange ist. Winkeljohann
       beantwortet auch Fragen des Mandanten: Wie gehen andere Unternehmen mit
       diesem und jenem Problem um? Aus derartigem Informationsaustausch dürfen
       später gern neue Aufträge entstehen.
       
       Im Kongresszentrum von Davos läuft das WEF mit seinen Seminaren und
       Workshops nun auf vollen Touren. Trifft man jemanden, sieht man ihm nicht
       ins Gesicht, sondern schaut als Erstes auf die Plastikkarte, die um den
       Hals baumelt – dort sind Name und Funktion verzeichnet.
       
       ## Keine Kundentermine in Davos
       
       An der Bar reichen Japanerinnen in Kimonos Tee. Hier sitzt für ein Weilchen
       auch Erich Harsch, der Geschäftsführer der rund 2.700 dm-Drogeriemärkte in
       Deutschland und elf weiteren europäischen Ländern. Kunden oder Lieferanten,
       sagt Harsch – dunkler Anzug, Schlips, Dreitagebart – wolle er hier kaum
       treffen.
       
       Einen ganzen Tag lang habe er das dicke WEF-Programm mit Hunderten Podien,
       Sessions und Diskussionen durchgearbeitet. Er habe sich vor allem
       Veranstaltungen über Werte und Nachhaltigkeit herausgesucht, strebe nach
       „Bewusstseinserweiterung“, neuen Ideen, einem Gefühl für den Puls der Zeit.
       Auch zum Frühstück mit Wirtschaftsminister Philipp Rösler tags darauf will
       Harsch gehen.
       
       So unterschiedlich die Motive des Sozialunternehmers, des
       Wirtschaftsprüfers und des Drogeriemanagers, so verschieden sind auch die
       Erwartungen der anderen Besucher. Öffentlich sichtbar aber ist fast
       ausschließlich die politische Dimension des Forums: Da erklärt der
       britische Premier David Cameron, warum er 2017 eine Volksabstimmung über
       den EU-Austritt seines Landes abhalten will. Kanzlerin Angela Merkel lässt
       in ihrer Rede durchblicken, dass das ja alles noch ganz schön weit weg sei.
       
       Und IWF-Chefin Christine Lagarde fordert die Europäer auf, endlich
       ordentlich zusammenzuarbeiten, bevor sie mit der Drahtseilbahn wieder auf
       die Schatzalp entschwindet.
       
       25 Jan 2013
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.streetfootballworld.org//
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Hannes Koch
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