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       # taz.de -- Vorschlag von schwedischer Behörde: Fleischsteuer gegen Klimagase
       
       > Eine schwedische Behörde schlägt eine Abgabe auf den Klimakiller Fleisch
       > vor. Sie fordert, dass mindestens die ganze EU mitmachen soll.
       
   IMG Bild: Liegt gut in der Hand, ist aber nicht gut fürs Klima: Hack
       
       STOCKHOLM taz | Will man den Klimagasausstoß der Landwirtschaft vermindern,
       muss die Fleischproduktion weltweit sinken. Eine dem schwedischen
       Landwirtschaftsministerium unterstellte Behörde, das Jordbruksverket, hat
       dazu nun einen konkreten Vorschlag gemacht: die Einführung einer
       Fleischsteuer. Ihre Höhe soll darauf basieren, wie groß der Klimagasausstoß
       der jeweiligen Tierhaltung und damit der Fleischproduktion war.
       
       In dem am Dienstag vorgelegten Bericht „En hållbar köttkonsumtion“ („Eine
       nachhaltige Fleischproduktion“) hält das Amt eine solche Fleischsteuer für
       einen Weg, um zusammen mit begleitenden Maßnahmen den Fleischkonsum
       insgesamt zu senken, aber auch dafür sorgen zu können, das aus
       Klimagesichtspunkten „schädlichste“ Fleisch vom Markt zu verdrängen.
       
       Bei der Tierzucht, also einem Wirtschaftssektor, der für ein Fünftel des
       weltweiten Klimagasausstoßes steht – etwa gleich viel wie im
       Transportsektor –, wäre es eigentlich selbstverständlich, dass sie einem
       Emissionshandelssystem unterworfen wird, meint Jordbruksverket. Doch es
       gebe dafür noch kein funktionierendes globales Abkommen. Belaste man die
       Produktion mit einer Steuer, bestehe deshalb die Gefahr, dass sie einfach
       ins Ausland verlegt werde.
       
       ## Bei den Konsumenten ansetzen
       
       Anders als der Präsident des deutschen Umweltbundesamts Jochen Flasbarth,
       der kürzlich vorgeschlagen hatte, „zumindest die großen, industrieähnlichen
       Mastbetriebe in den Emissionshandel einzubeziehen“, hält man es in Schweden
       deshalb für effektiver, nicht auf der Produzenten-, sondern auf der
       Konsumentenseite anzusetzen.
       
       In der Hoffnung, damit „zu klimafreundlicher Kost stimulieren und die
       Verschwendung auf Verbraucherseite vermindern“ zu können. Außerdem würde
       ein solches Modell gleichermaßen die einheimische Produktion wie die
       Einfuhr treffen.
       
       Am leichtesten zu realisieren sei eine schablonenmäßige Besteuerung, die
       sich darauf gründe, wie viel Treibhausgas die Produktion von beispielsweise
       einem Kilo Rindfleisch durchschnittlich freisetzt. Der Nachteil: Es gebe
       hierbei große Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern und je nach
       Produktionsmethode auch innerhalb des gleichen Landes. Bei Rindfleisch etwa
       reiche die Spannweite von fast null bis zu mehreren hundert Kilo
       Kohlendioxidäquivalenten pro Kilo Fleisch.
       
       Andererseits sei es zu kostspielig, teilweise sogar unmöglich, den
       Klimagasausstoß bei jedem Produzenten zu messen. Deshalb verbiete sich auch
       die Einführung von maximal zulässigen Werten, mit denen die jeweilige
       Produktion das Klima beeinflussen dürfe. Im Ergebnis plädiert die Studie
       für ein differenziertes Schablonenmodell, das neben Fleisch auch Fisch,
       Eier und Milch einschließen soll, kombiniert mit konkreten Anreizen zur
       Einführung „klimafreundlicherer“ landwirtschaftlicher Produktionsmethoden.
       
       ## Alle müssen mitmachen
       
       Der Alleingang eines Landes bringe nichts, meint der schwedische Bericht,
       es müsse mindestens eine „Regelung auf EU-Niveau“ geben. Die EU sei auch
       deshalb gefordert, weil der Fleischkonsum pro Kopf innerhalb der
       Gemeinschaft etwa doppelt so hoch sei wie in der restlichen Welt.
       
       Die Höhe einer möglichen Steuer betreffend, verweist man auf Studien,
       wonach eine Steuer von 60 Euro pro Tonne Kohlendioxidäquivalenten
       beispielsweise knapp 1,50 Euro pro Kilo Rindfleisch entsprechen würde. Das
       lasse eine Konsumminderung von 13 Prozent und einen verminderten
       Klimagasausstoß der EU-Landwirtschaft von 7 Prozent erwarten.
       
       Während Schwedens Finanzminister Anders Borg kritisch reagierte, lehnte
       eine Sprecherin der Fleischbranche eine Steuer ganz ab. Begrüßt wurde die
       Debatte dagegen von Tierschutzverbänden: Heute würden die verdeckten Kosten
       der Fleischproduktion, wie die Klimafolgen, einfach der Allgemeinheit
       auferlegt. Erhebe man eine gezielte Steuer beim Konsumenten, habe der es in
       der Hand, diese Belastung durch seine Konsumwahl zu vermeiden.
       
       26 Jan 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Reinhard Wolff
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