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       # taz.de -- Zahlungsbereitschaft der UN: Kein Geld für Syrer
       
       > 1,5 Milliarden Dollar benötigen UN-Organisationen für Flüchtlings- und
       > Nothilfe in Syrien. Doch niemand zahlt: Bislang sind erst 50 Millionen
       > Dollar zugesagt.
       
   IMG Bild: Ein Flüchtlingslager des Hilfswerks der Vereinten Nationen an der jordanisch-syrischen Grenze
       
       GENF taz | Die schwere humanitäre Krise infolge des syrischen Bürgerkriegs
       sorgt für einen traurigen Rekord: Selten zuvor in der Geschichte von
       Nothilfeprogrammen der UN war die Diskrepanz zwischen dringend benötigen
       Finanzmitteln und der Zahlungsbereitschaft der UN-Mitgliedstaaten so groß.
       
       In der Genfer Koordinationszentrale für humanitäre Angelegenheiten der UN
       (Ocha) hofft man jetzt auf die Geberkonferenz am kommenden Mittwoch in
       Kuwait City. Die jüngsten Proteste der syrischen Opposition gegen eine
       Verteilung von Hilfsgütern der UN durch die Regierung Assad wies ein
       Ocha-Sprecher gegenüber der taz als „Missverständnis“ zurück.
       
       Zur Bewältigung der humanitären Herausforderungen im ersten Halbjahr 2013
       hatte Ocha gemeinsam mit dem UN-Hochkommissariat für Flüchtlinge, dem
       Welternährungsprogramm, der UN-Organisation für Nahrungsmittel und
       Landwirtschaft (FAO) sowie sechs weiteren im Syrienkonflikt engagierten
       humanitären UN-Organisationen im September letzten Jahres einen Hilfsappell
       für 1,5 Milliarden US-Dollar an die 193 UN-Mitgliedstaaten gerichtet.
       
       Zwei Drittel dieser Summe wird für die Versorgung der syrischen Flüchtlinge
       in den Nachbarstaaten benötigt, ein Drittel für die hilfsbedürftige
       Bevölkerung innerhalb Syriens. Doch fast fünf Monate nach der
       Veröffentlichung dieses Hilfsapells haben die 193 UN-Staaten gerade einmal
       48,3 Millionen Dollar zugesagt. Das sind lediglich 3,2 Prozent der
       benötigten Summe. Selbst davon wurden bislang nur 20 Millionen auch
       tatsächlich überwiesen.
       
       ## Vier Millionen brauchen Hilfe
       
       Dabei ist das Ausmaß der humanitären Katastrophe noch größer als im
       September antizipiert. Nach Feststellung einer hochrangigen
       Erkundungsmission der acht humanitären UN-Organisationen, die Anfang dieser
       Woche aus Damaskus nach Genf zurückkehrte, sind inzwischen über vier
       Millionen SyrerInnen auf Not- und Überlebenshilfe angewiesen, darunter zwei
       Millionen innerhalb Syriens vertriebene Menschen und über 650.000 syrische
       Flüchtlinge, hauptsächlich in Jordanien, Libanon und der Türkei sowie
       zunehmend in Nordafrika und Südeuropa.
       
       Zudem sind 400.000 der insgesamt 500.000 palästinensischen Flüchtlinge in
       Syrien betroffen. Daher soll ein Teil der dringend benötigten Hilfsgelder
       an die UN-Hilfsagentur für palästinensische Flüchtlinge im Nahen Osten
       gehen. Nach Feststellung der FAO droht in Syrien inzwischen eine
       Hungersnot, weil die landwirtschaftliche Produktion von Getreide, Obst und
       Gemüse infolge des Bürgerkriegs bereits um über 50 Prozent zurückgegangen
       ist.
       
       Bewässerungsanlagen und andere landwirtschaftliche Infrastruktur wurden
       zerstört. Es mangelt den Bauern an Saatgut, Dünge- und Futtermitteln sowie
       Treibstoff und – infolge der internationalen Sanktionen gegen Syrien – auch
       an Tierarzneimitteln. Für 80 Prozent der 10 Millionen SyrerInnen, die in
       ländlichen Gebieten leben, ist laut FAO die Landwirtschaft die
       Existenzgrundlage.
       
       ## Geberkonferenz in Kuwait
       
       Wie viele Staaten an der Geberkonferenz in Kuwait teilnehmen werden, war
       bei Ocha bis Freitag noch nicht bekannt. Anders als im Vorfeld früherer
       Geberkonferenzen lagen auch noch keine relevanten Ankündigungen von
       UN-Mitgliedstaaten für Hilfszusagen vor.
       
       Die Nationale Syrische Koalition, der Zusammenschluss der wichtigsten
       Oppositionsgruppen, hatte letzte Woche gegen eine Verteilung von
       Hilfsgütern der UN durch die Regierung Assad protestiert. Es sei „absurd,
       das Regime von Assad, das Krankenhäuser bombardiert, mit der Organisation
       von Nothilfe zu betrauen“, hieß in einer in Istanbul veröffentlichten
       Erklärung der Opposition.
       
       Ocha-Sprecher Jens Laerke wies diesen Protest gegenüber der taz als
       „Missverständnis der Opposition“ zurück. „In keinem Fall“ gingen Hilfsgüter
       oder -gelder an die Regierung in Damaskus, sondern würden „ausschließlich
       über die beteiligten humanitären UN-Organisationen oder die
       syrisch-arabische Halbmond-Organisation an die Bevölkerung verteilt“,
       betonte der Ocha-Sprecher. Die Regierung und ihre Streitkräfte seien
       „ebenso wie alle anderen bewaffneten Konfliktparteien durch das humanitäre
       Völkerrecht verpflichtet, die Verteilung der Hilfsgüter nicht zu
       behindern“.
       
       27 Jan 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Zumach
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