URI: 
       # taz.de -- Suchen mit Facebook Graph Search: Verheiratete, die Prostituierte mögen
       
       > Die neue Suchfunktion von Facebook soll personalisierte Informationen
       > liefern. Ein britischer Web-Entwickler zeigt nun: Manchmal sind diese
       > sehr, sehr heikel.
       
   IMG Bild: Milliardäre, die sich mehr um Datenschutz kümmern sollten: (mindestens) einer.
       
       BERLIN taz | Der Web-Entwickler Tom Scott gehört zur noch relativ kleinen
       Gruppe jener Facebook-Nutzer, die bereits Zugriff auf die sogenannte
       [1][Graph Search] haben. So nennt der Social-Networking-Konzern seine
       Suchmaschine, mit der in wenigen Monaten alle Mitglieder im gigantischen
       Facebook-Informationsbestand wühlen können werden. Da Scott in seiner
       Heimat Großbritannien ab und zu auch im Fernsehen als Gadget-Experte
       auftritt und gerne humorvolle Internet-Inhalte zusammenbaut, die zum
       Nachdenken anregen ([2][Beispiel]), nahm er sich nun auch die Möglichkeiten
       der Graph Search vor.
       
       Das Ergebnis nennt sich [3][„Actual Facebook Graph Searches“] und sorgt
       seit Mittwoch in der Netzpresse für Furore. Die Idee: Was wäre, wenn man
       der neuen Suchmaschine Fragen stellt, die Nutzer kompromittieren können?
       Scott machte sich eifrig ans Werk. Das Ergebnis ist durchaus augenöffnend.
       
       So findet Graph Search über 100 Personen, die verheiratet sind und
       Prostituierte mögen. Oder wie wäre es mit Firmen, deren Angestellte auf
       Rassismus stehen? Die amerikanische Luftwaffe ist ebenso darunter wie
       McDonald's. Die Kombination aus allein lebenden Frauen, die bei Scott in
       der Nähe wohnen, sich für Männer interessieren und sich gerne betrinken,
       erreicht ebenfalls über 100 Einträge in London und Umgebung.
       
       Ebenfalls interessant: Mehr als 100 Nutzer bei Facebook mögen die gegen die
       Schwulenheirat eingestellte „Focus on the Family“-Organisation,
       gleichzeitig aber den schwulen und sogar mit Nachwuchs gesegneten
       Schauspieler Neil Patrick Harris. Auch für repressive Strafverfolger fand
       Scott eine spannende Suche: Die Kombination aus Familienmitgliedern, die in
       China leben und die dort streng verbotene Falun-Gong-Religionsgemeinschaft
       mögen, liegt allerdings bei unter Hundert.
       
       ## Nicht dumm, sondern unwissend
       
       „Ich wurde heute zu Graph Search [4][eingeladen] und habe dann ein wenig
       damit herumgespielt. Die Ergebnisse waren, nun, teilweise recht
       interessant“, erklärt Scott. Er glaube nicht, dass die Nutzer, die sich so
       potenziell in Gefahr begeben, „dumm“ seien. Stattdessen wüssten viele
       einfach nicht, wie sie Facebook sicher nutzen könnten. „Ich kann ja auch
       von einem schlechten Mechaniker für unnötige Reparaturen ausgeraubt werden,
       ohne dass ich das weiß. (...) Es heißt nur, dass ich mich in diesem Bereich
       nicht auskenne.“
       
       Er gibt außerdem zu bedenken, dass Angaben auf Facebook ja keinesfalls
       stimmen müssen, selbst wenn der Konzern dies laut Geschäftsbedingungen etwa
       für die Grunddaten verlangt. Die Graph Search sei dennoch eine gute
       Möglichkeit, die Menschen so zu erschrecken, dass sie ihre
       Privatsphäreneinstellungen überprüfen: „Wenn etwas peinlich wäre, wenn man
       es auf eine Werbetafel am New Yorker Times Square veröffentlicht, sollte
       man es auch nicht auf Facebook stellen.“
       
       Scott forderte Nutzer auf, eigene Beispiele einzusenden, bekam aber bislang
       kaum interessantes Material – vor allem, schätzt er, weil der Zugriff auf
       den im geschlossenen Betatest befindlichen Dienst noch sehr eingeschränkt
       sei.
       
       ## Eine Milliarde Quellen
       
       Facebook [5][kommentierte] das Blog „Actual Facebook Graph Searches“
       gegenüber dem britischen Guardian mit den Worten, Graph Search verändere
       die existierenden Privatsphäreneinstellungen der Nutzer nicht. Es zeige nur
       das, was an anderer Stelle der Website zu sehen sei, je nachdem, was Nutzer
       teilen würden. Das mag soweit technisch korrekt sein, allerdings erschließt
       eine vernünftige Suchmaschine Informationen viel schneller als eine
       manuelle Suche. Ein obskures Posting, von dem man glaubt, dass es niemand
       sieht, kann so an unerwünschten Stellen auftauchen.
       
       Erstaunlicherweise hat Facebook unterdessen bereits [6][eine Anleitung]
       veröffentlicht, mit der Journalisten die Graph Search für Recherchen nutzen
       können. Als ein „Rolodex von einer Milliarde potenzieller Quellen“ wird der
       neue Dienst darin beworben. In dem Dokument zeigt ein freundlicher
       Facebook-Mitarbeiter unter anderem, wie man Angestellte einer Firma oder zu
       einem Thema passendes Bildmaterial auffindet. „Journalisten könnten über
       interessensbasierte Suchen Trends auffinden“, so Facebook. Als Beispiel
       nennt die Firma etwa „Bücher die von Firmenchefs gelesen werden“ oder
       „Filme, die von Leuten gemocht werden, die Filmregisseure sind“.
       
       Vielleicht funktioniert die Graph Search aber auch noch gar nicht so gut,
       wie Facebook es bewirbt: Laut einem [7][Test] der PC World wiederholen sich
       Ergebnisse derzeit noch häufig.
       
       24 Jan 2013
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Facebook-mit-Suchmaschine/!109101/
   DIR [2] http://www.youtube.com/watch?v=Zf6C-pZ3heY
   DIR [3] http://actualfacebookgraphsearches.tumblr.com/
   DIR [4] https://www.facebook.com/about/graphsearch
   DIR [5] http://www.guardian.co.uk/technology/2013/jan/23/facebook-graph-search-privacy-concerns
   DIR [6] http://www.facebook.com/note.php?note_id=543504605661558
   DIR [7] http://www.pcworld.com/article/2025777/hands-on-with-facebook-graph-search-interesting-but-disappointing.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ben Schwan
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Meta
   DIR Datenschutz
   DIR Privatsphäre
   DIR Suchmaschine
   DIR Schwerpunkt Meta
   DIR Schwerpunkt Meta
   DIR Suchmaschine
   DIR Schwerpunkt Meta
   DIR Schwerpunkt Meta
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Kontaktbörse Facebook: Gesucht und gefunden
       
       Wer endlich den schönen Unbekannten aus der U-Bahn finden möchte, kann seit
       kurzem auf den „spotted“-Facebookseiten nach ihm suchen.
       
   DIR Alternative Suchmaschinen: „Graph Search“? Google? Ecosia!
       
       Es muss nicht immer der Marktführer sein. Andere Suchmaschinen bieten mehr
       Datenschutz und mehr Möglichkeiten.
       
   DIR Kommentar Facebooks Suchmaschine: Ein Netzwerk macht die Welt
       
       Die Idee hinter der Facebook-Suche: Was nicht passt, wird ausgeblendet,
       Informationen werden personalisiert – und das bringt Geld. Die Risiken
       tragen die User.
       
   DIR Facebooks „Graph Search“: Weltherrschaft gesucht
       
       Facebooks neue Suchfunktion kann das Internet verändern. Entweder weil es
       Google verdrängt oder eine gigantische Pleite für das Netzwerk wird.