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       # taz.de -- Kommentar EU-Referendum: Camerons Restrisiko
       
       > Premier Cameron beschert mit dem EU-Referendum Großbritannien
       > innenpolitischen Frieden – und ökonomische Unsicherheiten.
       
       Zumindest daheim hat er für Ruhe gesorgt. Die Grundsatzrede des britischen
       Premierministers David Cameron über die Beziehungen seines Landes zur
       Europäischen Union hat die EU-Skeptiker in seiner Partei vorerst
       beschwichtigt. Das war ja auch Sinn der ganzen Sache.
       
       Es ging Cameron darum, den Streit in seiner Partei, die in der Europafrage
       gespalten ist, zu beenden. Dass er dadurch für Unruhe in Berlin, Paris und
       anderen EU-Hauptstädten gesorgt hat, nahm er in Kauf. Dort wird er ja
       schließlich nicht gewählt.
       
       So war es vor allem eine innenpolitische Rede. Die Unruhe in den anderen
       EU-Ländern ist deshalb übertrieben. Cameron hat es vermieden, konkrete
       Forderungen – bis auf den Ausstieg aus der Arbeitszeitrichtlinie – zu
       benennen, an denen er den Erfolg seiner Neuverhandlungen messen lassen
       müsste. Und auch auf einem neuen EU-Vertrag, über den im Vorfeld der Rede
       gemunkelt wurde, will er nicht bestehen, sondern seine Ziele notfalls in
       Verhandlungen mit den anderen Mitgliedsländern durchsetzen.
       
       ## Zwei Drittel für die EU
       
       Das lässt ihm jede Menge Spielraum. Es spricht nichts dagegen, einzelne
       Befugnisse von Brüssel auf London zurückzuübertragen. Die EU wird daran
       nicht scheitern. Das verschafft Cameron die Möglichkeit, seine Strategie
       als Erfolg zu verkaufen und sich für ein Ja im Referendum starkzumachen,
       falls er dann noch im Amt ist. Die Briten werden ihm dieses Ja geben, wenn
       sie 2017 darüber abstimmen dürfen. Bei Meinungsumfragen unter Menschen bis
       35 haben sich zwei Drittel für die EU-Mitgliedschaft ausgesprochen.
       
       Ein Risiko ist Camerons Europapolitik dennoch, denn ein Restzweifel bleibt.
       Das Referendumsversprechen beschert Großbritannien fast fünf Jahre lang
       Unsicherheit – etwas, das Investoren gar nicht mögen. Viele Unternehmen,
       vor allem aus den USA, haben Großbritannien bisher als Tür in die EU
       benutzt. Wenn ihnen das nicht über 2017 hinaus garantiert ist, suchen sie
       womöglich einen anderen Zugang zur EU. Länder wie Frankreich buhlen bereits
       darum.
       
       Ein Ausbleiben neuer Investoren hätte Auswirkungen auf die britische
       Wirtschaft, und deren Zustand ist für den Erfolg der Tories bei den
       Parlamentswahlen 2015 nun mal entscheidender als das britische Verhältnis
       zur EU, auch wenn die Wähler das Referendum begrüßen möchten. So könnte
       Cameron seine Rede am Ende doch noch bedauern.
       
       23 Jan 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ralf Sotscheck
       
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