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       # taz.de -- Streit um Atommüllendlager: Offene Ohren, leere Hände
       
       > Umweltminister Altmaier trifft Gorleben-Gegner – freundlich im Ton, aber
       > hart in der Sache: Der Salzstock soll auf jeden Fall im Rennen bleiben.
       
   IMG Bild: Genießt das Bad in der Protest-Menge: Umweltminister Peter Altmaier am Montag in Lüchow
       
       LÜCHOW taz | Nein, dass er der Konfrontation aus dem Weg geht, kann man
       Peter Altmaier nicht vorwerfen. Bei seinem ersten Besuch im Wendland –
       jener niedersächsischen Region, in der der Salzstock Gorleben seit 35
       Jahren als Atommüll-Endlager erkundet wird – gibt sich der
       christdemokratische Bundesumweltminister am Montag das ganze Programm.
       
       Er schaut bei den Demonstranten vorbei, die in der Kreisstadt Lüchow die
       typischen Bestandteile des Gorleben-Widerstands – Traktoren,
       Castor-Attrappen, gelbe Kreuze, Feuertonnen – aufgefahren haben. Trifft
       Kommunalpolitiker und Kirchenvertreter aus der Region, die Gorleben als
       Endlagerstandort einhellig ablehnen. Und stellt sich als Höhepunkt am Abend
       im mit 500 Menschen restlos gefülten Gildehaus öffentlich der Kritik am
       geplanten Verfahren für eine neue Endlager-Suche.
       
       Die Botschaft, die er dort zu hören bekommt, ist eindeutig: Ein wirklicher
       Neubeginn ist nur möglich, wenn Gorleben bei der Suche ausgeschlossen wird.
       Zu groß sei sonst die Gefahr, dass die Endlager-Kriterien gezielt so
       ausgelegt werden, dass Gorleben sie erfüllt, sagt Greenpeace-Mann Matthias
       Edler. Um an ein wirklich ergebnisoffenes Verfahren zu glauben, sei in der
       Vergangenheit zu viel Vertrauen verspielt worden, erklärt Dannenbergs
       Bürgermeisterin Elke Mundhenk.
       
       Altmaier reagiert so, wie man es von ihm inzwischen gewohnt ist: Er gibt
       sich offen („Ich bin hier, um Ihnen zuzuhören“), zugänglich („Schreiben Sie
       mir jederzeit“) und schmeichelnd („Ich bewundere Ihr Engagement“). Er
       verkauft Selbstverständlichkeiten als Zugeständnisse, indem er verspricht,
       dass die unterbrochenen Erkundungsarbeiten in Gorleben in diesem Jahr nicht
       wieder aufgenommen werden. Er gibt sich einsichtig, sofern es um die
       Vergangenheit geht, stimmt zu, dass ohne Endlager eigentlich nie ein
       Atomkraftwerk ans Netz gedurft hätte.
       
       ## Altmaier taktiert
       
       Dass er aus der Debatte tatsächlich Konsequenzen zieht, diesen Eindruck
       vermittelt Altmaier allerdings nicht. In den entscheidenden Streitfragen
       bewegt sich der Umweltminister kein Stück von der Stelle. Gorleben im
       Vorfeld als Endlagerstandort aus dem Rennen zu nehmen, lehnt er kategorisch
       ab.
       
       „Wenn wir anfangen, einen Standort auszuschließen, werden andere
       Bundesländer das für sich auch einfordern“, sagt er, geht aber nicht auf
       die Besonderheiten von Gorleben ein: etwa die Trickserein der Vergangenheit
       und das finanzielle Interesse der Atomindustrie, die hier bereits 1,6
       Milliarden Euro verbaut hat. „Unter dieser Bedingung wird es keinen Konsens
       geben.“
       
       Und über den ehemaligen Atomlobbyisten Gerald Hennenhöfer, dessen Vertrag
       als Abteilungsleiter für Reaktorsicherheit er gerade um zwei Jahre
       verlängert hat, obwohl er das Pensionsalter erreicht hat, mag Altmaier
       öffentlich gar nicht sprechen – allem Reden über die Notwendigkeit von
       Vertrauen zum Trotz.
       
       Doch der Minister kommt trotzdem besser an als erwartet: Fiel die Begrüßung
       noch ausgesprochen kühl aus, bekommt er am Ende einigen Applaus. Ausklingen
       tut der Abend nach dreistündiger Debatte beim gemeinsamen Bier mit seinen
       Kritikern. Dass sie an diesem Abend so relativ gelassen bleiben, könnte
       daran liegen, dass ihre Chancen auf Veränderungen beim Suchprozess gerade
       gestiegen sind – wegen des Regierungswechsels in Niedersachsen. „Mit dem
       Sieg von Rot-Grün glauben wir, dass die Endlagerdebatte neu ausgehandelt
       werden muss“, sagt etwa Wolfgang Ehmke von der Bürgerinitiative.
       
       ## Hoffen auf neue Landesregierung
       
       Im Wahlkampf hatte sich SPD-Spitzenkandidat Stephan Weil – im Gegensatz zu
       seiner Partei auf Bundesebene – dafür ausgesprochen, Gorleben aus den
       Verhandlungen komplett auszunehmen. Auch der Grüne Stefan Wenzel, der als
       künftiger Umweltminister gehandelt wird, hatte immer deutlich gemacht, dass
       er den Standort für ungeeignet hält. Darum werde man weiterhin für einen
       „echten Neubeginn“ bei der Endlagersuche kämpfen, sagte Wenzel der taz.
       „Was vor der Wahl gesagt wurde, gilt auch danach.“
       
       Auch Altmaier geht davon aus, dass die neue Landesregierung eine wichtige
       Rolle spielt: Die Endlager-Verhandlungen sollen erst weitergehen, wenn sie
       im Amt ist, sagte er in Lüchow.
       
       22 Jan 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Malte Kreutzfeldt
   DIR Malte Kreutzfeldt
       
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