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       # taz.de -- Taliban-Experte über Islamisten in Mali: „Schlimmer als in Afghanistan“
       
       > Der Pakistaner Ahmed Rashid über die Versäumnisse der internationalen
       > Gemeinschaft und was es bedeutet, dass al-Qaida-nahe Islamisten sich in
       > Mali etablieren.
       
   IMG Bild: Ein französischer Soldat mit Einheimischen in der zurückeroberten nordmalischen Stadt Diabaly.
       
       taz: Herr Rashid, in Mali kämpfen französische Truppen gegen bewaffnete
       Islamisten. Könnte Mali das neue Afghanistan werden? 
       
       Ahmed Rashid: Die Lage in Mali ist schlimmer als in Afghanistan, denn die
       al-Qaida-nahen Dschihadisten haben Nordmali unter ihrer Kontrolle. Das ist
       in Afghanistan nie der Fall gewesen. Al-Qaida hat dort immer die Taliban
       gebraucht.
       
       Hat der Westen die Dramatik der Entwicklungen in Mali unterschätzt? 
       
       Die internationale Gemeinschaft hat Monat um Monat nur geredet. Ich glaube
       nicht, dass die Welt realisiert hat, wie dringlich die Probleme sind. Es
       geht bei Mali ebenso wie bei Afghanistan um transnationalen Terrorismus und
       einen Konflikt, der mindestens vier Länder umfasst: Mali, Libyen, Algerien
       und Niger.
       
       Sie nennen Malis Extremisten „afrikanische Taliban“. Wo sehen Sie
       Ähnlichkeiten? 
       
       Durch ausländische Dschihadisten hat es eine rapide ideologische
       Radikalisierung gegeben. Hände abzuhacken und dergleichen ist eine extreme
       Praxis, wie sie auch al-Qaida und die Taliban in Afghanistan angewandt
       haben. Und in beiden Fällen hat die Radikalisierung in einem moderat
       religiösen Sufi-Umfeld stattgefunden.
       
       Wie konnte eine relativ kleine Gruppe ihre Macht auf einem so großen Gebiet
       etablieren? 
       
       Der Staat ist im Norden zusammengebrochen, die Armee geflohen. Dieses
       Vakuum wird leicht mit extremistischem Islam ausgefüllt. Es gibt scheinbar
       nichts, was die malische Armee dazu motiviert, diesen Extremisten
       entgegenzutreten.
       
       War die französische Intervention die einzige Möglichkeit, den Vormarsch
       der Islamisten zu stoppen? 
       
       Wenn die Franzosen rechtzeitig eine Gruppe vertrauenswürdiger islamischer
       Vermittler zusammengestellt hätten, wären Verhandlungen mit lokalen
       Gruppen, vor allem den Tuareg, möglich gewesen. Aber es gab kein
       diplomatisches Bemühen. Von Anfang war auch im UN-Sicherheitsrat nur von
       militärischen Optionen die Rede. Jetzt ist es zu spät.
       
       Wie wichtig ist es für Dschihadisten, ein Territorium unter ihre Kontrolle
       zu bringen? 
       
       Sehr wichtig. Die dschihadistische Bewegung braucht ein Gebiet für die
       Sicherheit ihrer Leute, sie brauchen es für Trainingslager, sie brauchen
       eine Operationsbasis. All das geht nur, wenn man auch ein Gebiet
       kontrolliert. Und die Bewegung will auch eine Regierung aufbauen, um zu
       zeigen, dass sie es kann.
       
       Ist Mali das wichtigste Schlachtfeld für den globalen Dschihad geworden? 
       
       Besonders wenn ein Sieg in Aussicht steht, zieht das viele an. Die
       Ereignisse in Mali sind ein Riesenthema unter den Dschihadisten. Mali wird
       als neue Basis für al-Qaida gesehen.
       
       Wie gefährlich ist das für Europa? 
       
       Sehr gefährlich. Schon jetzt kommen viele Menschen durch die Sahara über
       Spanien nach Europa. Auch Dschihadisten können diesen Weg nehmen.
       
       Was raten Sie Europa? 
       
       Es sollte eine gemeinsame europäische Reaktion zur Unterstützung der
       Franzosen geben. Man sollte auch versuchen, lokale Gruppen wie die Tuareg
       einzubeziehen und von den Al-Qaida-Gruppen zu trennen.
       
       23 Jan 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Silke Mertins
       
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