# taz.de -- Streit um die Versorgungsnetze: Das Volk und seine Energie
> Verfassungsgericht prüft Volksentscheid über die Strom-, Gas- und
> Fernwärmenetze. Initiative ist von dessen Rechtmäßigkeit überzeugt .
IMG Bild: Volles Rohr: Olaf Scholz (l.) und Hamburgs Vattenfall-Chef freuen sich über Fernwärmeleitungen.
Die Volksinitiative „Unser Hamburg – Unser Netz“ ist davon überzeugt,
verfassungsgemäß zu handeln. „Das ist inhaltlich alles vollkommen in
Ordnung“, sagt Manfred Braasch, Landesgeschäftsführer der
Umweltorganisation BUND in Hamburg und Vertrauensmann der Initiative.
Der Vorwurf, der angestrebte Volksentscheid über den Rückkauf der
Energienetze von den Konzernen Vattenfall und Eon Hanse sei
verfassungswidrig „ist unzulässig und unbegründet“, erklärte Braasch am
Montag auf einer Pressekonferenz, auf der das Bündnis seine Erwiderung auf
eine Verfassungsklage der Hamburger CDU erläuterte.
Diese hatte Anfang Dezember vorigen Jahres beim Verfassungsgericht Klage
eingereicht gegen den Volksentscheid, der für September nächsten Jahres
geplant ist. Dieser könnte zu finanziellen Belastungen des Hamburger
Haushalts in Höhe von mehr als zwei Milliarden Euro führen, so
Fraktionschef Dietrich Wersich damals:
„Eine derartig gravierende finanzielle Entscheidung am Parlament vorbei
würde die Handlungsfähigkeit von Bürgerschaft und Senat massiv
beschädigen.“ Nach der Hamburger Verfassung dürfen Haushaltsfragen nicht
Gegenstand eines Volksentscheids sein.
Gegenstand dieses Referendums seien nicht von der Bürgerschaft beschlossene
Haushaltspläne, die in der Tat nicht Gegenstand eines Referendums sein
dürfen, so Rechtsanwalt Till Steffen, der das Bündnis in dem Verfahren vor
dem höchsten Hamburger Gericht vertritt. „Finanzielle Auswirkungen auf den
städtischen Haushalt dürfen Volksentscheide aber haben“, stellte Steffen
klar, der auch grüner Bürgerschaftsabgeordneter und Ex-Justizsenator ist.
Zudem sei die CDU-Klage schon formal unzulässig, weil sie erst fast ein
Jahr nach Ablauf der gesetzten Fristen eingereicht worden sei. Wer das Volk
„an wirklich relevanten Entscheidungen beteiligen will, muss in Kauf
nehmen, dass diese finanzielle Folgen haben können“, ergänzte Braasch.
Im vorigen Mai hatte die SPD-Mehrheit in der Bürgerschaft den Rückkauf von
25,1 Prozent der Versorgungsnetze für Strom, Gas und Fernwärme von den
Konzernen Vattenfall und Eon für 543,5 Millionen Euro beschlossen.
Die Forderung der Initiative, die Netze vollständig in städtische
Trägerschaft zu übernehmen, sei mit einem Kaufpreis von mehr als zwei
Milliarden Euro zu teuer, findet die SPD. CDU und FDP halten auch den
teilweisen Kauf für falsch, während Grüne und Linke den Volksentscheid
unterstützen.
Es gebe „keinen Volksentscheid, der haushaltsneutral ist“, unterstützt die
Fraktionschefin der Linken, Dora Heyenn, das Bündnis. Auch das Referendum
zur Schulreform 2010 habe „in der Umsetzung Steuergelder gekostet“.
Eine „milliardenschwere Komplettverstaatlichung der Energienetze“ lehnt
SPD-Fraktionschef Andreas Dressel indes ab: „Eine Elbphilharmonie reicht.“
Das sei „plumpe Panikmache“, entgegnet der grüne Fraktionschef Jens
Kerstan. Weil es für den Netzbetrieb eine sichere Rendite gebe, lasse sich
„der Rückkauf seriös finanzieren“.
22 Jan 2013
## AUTOREN
DIR Sven-Michael Veit
## TAGS
DIR Eon
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