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       # taz.de -- Volksabstimmung in Österreich: Dienst an der Waffe bleibt Pflicht
       
       > 60 Prozent der Österreicher stimmen gegen den Wunsch der regierenden SPÖ
       > und für eine Berufsarmee. Wichtigstes Motiv: die Erhaltung des
       > Zivildienstes.
       
   IMG Bild: Dafür wird das Bundesheer gebraucht: Soldaten stellen Stühle für einen Papstbesuch auf.
       
       WIEN taz | Österreich hat sich für den Zivildienst entschieden. Die
       Volksbefragung vom Sonntag über Wehrpflicht oder Berufsheer ergab eine
       klare Mehrheit von fast 60 Prozent für die Beibehaltung des Status quo:
       Junge Männer müssen sechs Monate an der Waffe dienen oder acht Monate einen
       Zivildienst leisten.
       
       Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ), der sich vehement für den
       Übergang zu einer Berufsarmee starkgemacht hatte, muss jetzt die Reform des
       Wehrdienstes in die Wege leiten. Denn obwohl Volksbefragungen kein
       bindender Charakter zukommt, haben sich die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP
       verpflichtet, das Ergebnis des Plebiszits umzusetzen. Einen Rücktritt lehnt
       der gescheiterte Darabos ab.
       
       Bei der ÖVP knallten nach der ersten Hochrechnung die Sektkorken. Die
       Konservativen hatten auf das richtige Pferd gesetzt und in den düstersten
       Farben den Zusammenbruch der humanitären Organisationen an die Wand gemalt,
       wenn sie keine billigen Zivildienstleistenden mehr zugewiesen bekämen. Die
       Armee, so wurde vermittelt, sei vor allem dazu da, bei Naturkatastrophen
       Schlamm zu schaufeln und Sandsäcke zu füllen. 75 Prozent gaben als
       wichtigstes Motiv für ihr Votum die Erhaltung des Zivildienstes an.
       
       Die Argumente von SPÖ und Grünen, dass die Zwangsrekrutierung 20 Jahre nach
       dem Ende des Kalten Krieges ihren Daseinszweck verloren habe, überzeugte
       vor allem die Generation unter 30. Jene, die den Wehrdienst noch vor sich
       oder noch in reger Erinnerung haben, votierten zu über 60 Prozent für die
       Berufsarmee. Demgegenüber wünschen sich mehr als 70 Prozent der über
       60-Jährigen, dass alles so bleibt, wie es ist.
       
       Dass sich einiges ändern muss, ist indes auch der ÖVP klar. Zu deutlich
       waren die Klagen, dass Wehrdienstleistende die meiste Zeit mit sinnlosen
       Tätigkeiten verbringen. Ein Reformkonzept, das die ÖVP schon lange
       angekündigt hat, wollte sie vor der Abstimmung aber nicht vorlegen.
       
       ## Mehr militärische Übungen geplant
       
       Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) hat aber angedeutet, wohin es
       gehen soll. So fordert sie, dass Grundwehrdienstleistende, die als Kellner
       im Offizierscasino, Köche oder Verwaltungspersonal eingesetzt sind, um 70
       Prozent zu reduzieren seien. Gleichzeitig soll der Leerlauf nach der
       Grundausbildung mit militärischen Übungen gefüllt werden. Mehr Geld soll es
       dafür aber nicht geben.
       
       Vizekanzler und ÖVP-Chef Michael Spindelegger: „Wer bei Reformen nach mehr
       Geld ruft, hat den Sinn von Reformen nicht verstanden.“ Den
       Koalitionspartner und den Verteidigungsminister stellt er damit vor eine
       unlösbare Aufgabe. Nicht nur Darabos, auch Militärexperten stellen klar,
       dass man 14.000 billige Wehrdienstleistende in der „Systemerhaltung“ nicht
       durch Profis ersetzen kann, ohne mehr Geld auszugeben.
       
       Befriedigt über den Abstimmungsausgang zeigten sich auch die Vertreter von
       Caritas und Rotem Kreuz. Allerdings fordert Caritas-Direktor Franz Küberl
       mehr Gerechtigkeit für Zivildienstleistende. Wenn sie schon länger dienen
       müssen, als ihre Altersgenossen beim Heer, dann sollen sie „für jeden
       zusätzlichen Monat auch besser bezahlt werden“.
       
       21 Jan 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ralf Leonhard
       
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