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       # taz.de -- Islamisten in Mali drohen Frankreich: „Türen zur Hölle“ aufgestoßen
       
       > Die internationale Rückendeckung für den französischen Einsatz in Mali
       > wächst. Die Islamisten rücken trotzdem weiter vor und drohen Paris mit
       > Anschlägen.
       
   IMG Bild: Nachschub für Mali: Eine britische C17-Transportmaschine auf dem französischen Luftwaffenstützpunkt Evreux
       
       PARIS/BAMAKO dapd/afp | In Mali werden die die Regierungstruppen von immer
       mehr Ländern in ihrem Kampf gegen islamistische Rebellen unterstützt.
       Dennoch rücken die Aufständischen weiter vor. Am Montag eroberten die
       Islamisten auf ihrem Feldzug in den Süden trotz heftiger Angriffe
       französischer Kampfjets die Ortschaft Diabaly.
       
       Die Islamisten schickten düstere Drohungen nach Paris: Frankreich habe mit
       seiner Intervention die „Türen zur Hölle“ aufgestoßen, sagte ein
       Rebellenführer. Aus Berlin und Brüssel kamen Hilfszusagen, der
       Weltsicherheitsrat berät in einer Sondersitzung. Laut UN sind wegen der
       jüngsten Kämpfe rund 30.000 Menschen auf der Flucht.
       
       Trotz mehrerer Angriffswellen mussten die französischen Streitkräfte eine
       herbe Niederlage einstecken: Das in Zentralmali gelegene Diabaly sei nach
       heftigen Kämpfen mit den aus der Luft unterstützten Regierungstruppen in
       die Hände der Aufständischen gefallen, räumte der französische
       Verteidigungsminister Jean-Yves Le Drian ein. Damit nähern sich die
       Rebellen der strategisch wichtigen Gebietshauptstadt Segou. Sollten die
       Islamisten auch diese Ortschaft erobern, ist der Weg zur Hauptstadt Bamako
       für sie nicht mehr weit.
       
       Frankreich ließ vorsorglich alle seine Staatsbürger aus Segou evakuieren
       und schickte weitere 150 in der Elfenbeinküste stationierte Soldaten sowie
       gepanzerte Fahrzeuge zur Verstärkung nach Mali. Auch in den Nachbarländern
       bereitet man sich auf das Schlimmste vor: Das nordwestlich von Mali
       gelegene Mauretanien versetzte seine Truppen in Alarmbereitschaft, im Süden
       verstärkte Burkina Faso die Grenzstreitkräfte und auch Algerien, das
       bislang gegen eine Intervention argumentierte, öffnete seinen Luftraum für
       die französischen Kampfjets.
       
       ## Bemühungen um eine politische Lösung
       
       Der französische UN-Botschafter Gérard Araud macht klar, dass es für Paris
       Priorität habe, die Sicherheitsratsresolution 2085 vom Dezember umzusetzen.
       Diese sieht eine Stationierung von Truppen afrikanischer Staaten sowie
       Bemühungen um eine politische Lösung des Konflikts vor.
       
       EU-Chefdiplomatin Catherina Ashton berief noch für diese Woche eine
       Krisensitzung der europäischen Außenminister ein. Demnach soll die
       EU-Ausbildungsmission für die Streitkräfte Malis schneller starten. „Die
       Vorbereitungen werden beschleunigt, in der zweiten Februarhälfte oder
       Anfang März soll es losgehen“, sagte Ashtons Sprecher. Bis zu 250
       Militärausbilder – darunter auch Deutsche – sollen die malischen
       Streitkräfte stärken, aber nicht selbst kämpfen. Ashton selbst stellte
       zudem finanzielle und logistische Hilfe für die afrikanisch geführte
       Unterstützungsmission AFISMA in Aussicht.
       
       Deutschland wird sich nach Worten von Außenminister Guido Westerwelle (FDP)
       zwar nicht an einem Kampfeinsatz beteiligen, berät aber mit der
       französischen Regierung, „wie wir humanitär, medizinisch oder auch
       logistisch“ helfen könnten. Sobald die Form der Unterstützung und damit
       auch eine mögliche Zustimmungspflicht des Bundestags feststehe, würden die
       Abgeordneten nötigenfalls konsultiert, sagte er im ZDF.
       
       ## „Terrorstaat vor den Augen Frankreichs und Europas“
       
       Solidarisch zeigen sich auch die USA, die den Franzosen nach Auskunft von
       Verteidigungsminister Leon Panetta nicht nur Geheimdienstinformationen zur
       Verfügung gestellt haben, sondern auch Transport- und Logistikhilfe aus der
       Luft in Erwägung ziehen. Unterstützt werden die französischen Truppen schon
       von britischen Transportflugzeugen und US-Drohnen.
       
       Die malischen Rebellen stehen dem Terrornetzwerk Al-Qaida nahe, weshalb
       Panetta am Montag mahnte: „Wir haben die Pflicht, sicherzustellen, dass
       Al-Qaida keine Operationsbasis in Nordafrika errichtet.“ Sein französischer
       Amtskollege Jean-Yves Le Drian hatte zuvor ebenfalls vor einem „Terrorstaat
       vor den Augen Frankreichs und Europas“ gewarnt.
       
       Und die Furcht wird konkreter: Eigentlich soll die seit Freitag laufende
       „Operation Serval“ die Islamisten in den Norden zurückdrängen und so an
       einem Vormarsch in den Süden Richtung Bamako verhindern. Doch nach ersten
       Erfolgen wie der Rückeroberung der Stadt Konna und erfolgreichen Angriffen
       auf die Stadt Gao im Rebellengebiet schlagen die Aufständischen nun zurück.
       Nach französischen Angaben sind sie zudem besser ausgerüstet als erwartet,
       haben etliche Waffen geflüchteter Regierungstruppen und aus den Beständen
       des libyschen Ex-Machthabers Muammar al Gaddafi in ihren Besitz gebracht.
       
       ## „Gefährlicher als Irak, Afghanistan oder Somalia
       
       Und die Rebellen treten immer selbstbewusster auf. Sie schickten eine
       offene Drohung nach Paris: „Frankreich hat für alle Franzosen die Türen zur
       Hölle aufgestoßen“, sagte einer der Anführer, Omar Ould Hamaha, dem
       Radiosender Europe1. Das Land sei „in eine Falle getappt, die viel
       gefährlicher ist als jene in Irak, Afghanistan oder Somalia“. In Paris
       stieß das auf wachsame Ohren: Als Reaktion auf den Einsatz in Mali sei in
       Frankreich wie im Ausland mit Anschlägen zu rechnen, erklärte Innenminister
       Manuel Valls. Deshalb seien Kontrollen vor öffentlichen Gebäuden, an
       Flughäfen sowie in der U-Bahn verstärkt worden.
       
       Durch die neu aufgeflammten Gefechte sind nach Schätzungen der Vereinten
       Nationen binnen einer Woche 30.000 Menschen im Norden und Zentrum des
       Landes vor den Kämpfen geflohen. Die Dunkelziffer sei womöglich noch höher,
       sagte der stellvertretende UN-Sprecher Eduardo del Buey am Montag. Seit
       März 2012, als ein Militärputsch ein Macht- und Sicherheitsproblem im Land
       verursachte, seien nun schon rund 230.000 Menschen vor der Gewalt im Land
       geflohen. Am Montagabend wollte sich der UN-Sicherheitsrat in New York auf
       Antrag Frankreichs mit der Lage in Mali befassen.
       
       15 Jan 2013
       
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