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       # taz.de -- Immobilie mit Elbblick: Ausverkauf mit Hindernissen
       
       > Rote Flora-Eigentümer Klausmartin Kretschmer weiter in Turbulenzen: Die
       > Zwangsversteigerung seiner Riverkasematten scheiterte erst mal.
       
   IMG Bild: Ladenhüter am Hafenrand: Die Riverkasematten fanden bei der Zwangsversteigerung keinen Bieter.
       
       Hansmartin Kretschmer rudert weiter in schwerer See. Mindestens zwei
       Vorzeige-Objekte des Event-Managers und Immobilieneigentümers – unter
       anderem gehört ihm das autonome Stadtteilzentrum Rote Flora – stehen kurz
       vor der Zwangsversteigerung. Der Versuch, auf diesem Wege einen neuen
       Inhaber für die „Riverkasematten“ am Hafen zu finden, scheiterte jetzt im
       ersten Anlauf – zu den 800.000 Euro Mindestgebot mochte sich schlicht
       niemand durchringen.
       
       Kretschmer hatte die denkmalgeschützte Immobilie zwischen Hafen- und
       Balduintreppe 2001 von der Stadt gekauft. Fast zeitgleich erklärte er sich
       auf Initiative des rot-grünen Senats bereit, die besetzte Rote Flora für
       370.000 Mark aus städtischem Besitz zu übernehmen – um der CDU und dem
       Rechtspopulisten Ronald Barnabas Schill keine Wahlmunition zu liefern.
       
       Hatten sich in den Kasematten in den 1950er-Jahren internationale
       Jazz-Größen die Bühne geteilt, wollte Kretschmer dort noble Gastronomie mit
       „kulinarischen Genüssen eines internationalen Fooddesigners“ etablieren.
       Die Stadt dankte es ihm: Ebenfalls 2001 richtete die Hamburg Messe
       anlässlich des internationalen Medien-Events „Hamburger Dialog“ ihre
       „MediaNight“ in dem Etablissement aus – was jedoch nur mit einem großen
       Polizeiaufgebot möglich war: Für die gentrifizierungskritische Initiative
       „wemgehörtdiestadt“ etwa stellte es eine „Provokation“ dar, im armen St.
       Pauli eine Party mit Eintrittspreisen von 100 Euro abzuhalten.
       
       Doch das Umfeld allein ist wohl nicht der Grund, dass der Rechtspfleger
       Sven-Ove Baumgärtner das Objekt, das laut Gutachten einen Wert von 1,6
       Millionen Euro haben soll, am Donnerstag nicht unter den sprichwörtlichen
       Hammer bekam. Seit Jahren habe Kretschmer nichts mehr in die Immobilie
       investiert, beklagt Bahman Moaiyeri, der seit 2005 die Gastronomie in den
       Gemäuer betreibt. Seit geraumer Zeit mindert er die Miete für die 298
       Quadratmeter und soll Eigentümer Kretschmer sogar Hausverbot erteilt haben.
       Wichtige Reparaturen oder den Einbau einer Klimaanlage habe er selbst
       vorgenommen, sagt Moaiyeri. Ihm zufolge sind weitere Investitionen in Höhe
       von 150.000 Euro notwendig, um einen Wasserschaden zu beheben. Kretschmer
       ging am Freitag weder ans Telefon noch reagierte er auf Anfragen per Mail.
       
       Ein Problem hat er nicht nur am Hafen: Auch seine Firma Vitruv soll sich
       nach taz-Informationen unter Zwangsverwaltung befinden und für den
       Brandshof am Klostertor – Verkehrswert laut Amtsgericht 1,75 Millionen Euro
       – steht im Februar die nächste Zwangsversteigerung an. In dem ebenfalls
       denkmalgeschützten Industrie-Komplex wollte Kretschmer einst ein
       kulturelles Zentrum errichten – überhaupt träumte er mal davon, auf dem
       gesamten Terrain nahe dem Großmarkt ein Künstlerviertel entstehen zu
       lassen.
       
       Im Schanzenviertel verfolgen die Nutzer der Roten Flora die Vorgänge
       bislang entspannt. Inwieweit die besetzte Immobilie von den Turbulenzen
       betroffen sein könnte, ist offen. „Kretschmer hat jedes seiner Objekte als
       GmbH betrieben, das ist die beste Form, sich abzusichern“, sagt ein
       Branchenkenner: In einer solchen Konstruktion haftet der Gesellschafter nur
       bis zu seiner Einlage in Höhe von 25.000 Euro. „Niemand weiß genau, unter
       welcher GmbH die Flora geführt wird oder ob sie zu seinem Privatvermögen
       gehört.“
       
       11 Jan 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Kai von Appen
       
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