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       # taz.de -- Mindestlohn: Six Days für sieben Euro
       
       > Beim Sechs-Tage-Rennen arbeiten Menschen für weniger als 8,50 Euro - bei
       > einer Firma, die für die städtische Messe Bremen das Catering übernimmt.
       
   IMG Bild: Mindestlohn? Wo kämen wir denn da hin! Für Promis wie Dieter Bohlen, hier beim Startschuss 2003, muss schließlich auch was übrig bleiben.
       
       Mindestlohn bei den Sixdays? Fehlanzeige. An den Getränkeständen in der
       Stadthalle arbeiten Menschen für sieben Euro, in den ersten Tagen sogar für
       nur 6,50 Euro. Angestellt sind sie bei der Arena Catering, die seit Jahren
       die Gastronomie in der Stadthalle für die städtische Messe Bremen
       übernimmt. An das Landesmindestlohn-Gesetz ist die Firma laut
       Wirtschaftsressort nicht gebunden, weil die Verträge vor dessen
       Inkrafttreten abgeschlossen wurden.
       
       Seit 2012 sieht das Mindestlohngesetz 8,50 Euro brutto pro Stunde vor und
       geht dabei noch weiter als das Bremer Tariftreue- und Vergabegesetz von
       2009, das nur bei direkten öffentlichen Aufträgen greift. Selbst Empfänger
       von Fördermitteln müssen nun versichern, Mindestlohn zu zahlen. Rot-Grün
       wollte so weit gehen, wie der Einfluss eines Landes reicht. Faire Löhne
       sind Bürgermeister Jens Böhrnsen ein persönliches Anliegen – dieser Tage
       warb er wegen deren erfolgreicher Durchsetzung bei der Bürgerpark-Tombola
       für die Preiserhöhung der Lose.
       
       In der städtischen ÖVB-Arena, beim Sechs-Tage-Rennen, an dem die
       Wirtschaftsförderung selbst zu einem Viertel beteiligt ist, rackern vom 10.
       bis zum 15. Januar Menschen bis spät in die Nacht. Das Lohnmodell von Arena
       Catering für Aushilfskräfte: In einer „Probezeit“, den ersten 20 Stunden,
       gibt’s 6,50 Euro, danach automatisch sieben Euro. Wer „sehr fleißig ist“,
       so wird im Einstellungsgespräch erzählt, könne dann auch mehr verdienen. So
       ist das seit mindestens zwei Jahren: Einem Mitarbeiter, der 2011 beim
       Sechtagerennen hinterm Tresen stand, wurde erklärt, dass er „bis zu 8,50
       Euro pro Stunde“ bekomme, wenn er „immer alles ohne Aufforderung“ erledige.
       Das habe er gemacht, sagt er zur taz, mehr Geld gab’s trotzdem nicht –
       vielmehr einen weiteren „Arbeitsanreiz“: „Hin und wieder sind Aufpasser
       vorbei gekommen, die einem eingeheizt haben.“ Der Job sei sehr anstrengend,
       die besoffenen Gäste, die Schlager-Musik. „Samstag geht’s bis 4 Uhr, am
       Sonntag geht’s für manche um 9 Uhr wieder los“, berichtet der ehemalige
       Mitarbeiter. Nur, wer einen Stand leite, bekomme 8,50 Euro brutto.
       
       In den letzten Wochen suchte Arena Aushilfen für’s Sechs-Tage-Rennen, zu
       den 150 Stamm-MitarbeiterInnen noch einmal so viele für das Event des
       Jahres: Für die Bewirtung der VIP-Gäste im „Bayerndorf“ und „zuverlässige,
       freundliche und erfahrene Service- und Thekenkräfte auf 450-Euro-Basis“.
       
       Das Mindestlohngesetz gelte freilich auch für Minijobber, so Bettina Graue,
       Rechtsberaterin der Arbeitnehmerkammer Bremen. „Auch eine Probezeit spielt
       keine Rolle“, so Graue. Ausgenommen seien nur Praktikanten oder
       Auszubildende, bei denen die Qualifizierung im Vordergrund stehe.
       
       Holger Bruns, der Sprecher des Wirtschaftsressorts, erklärte der taz, dass
       die Verträge über die Bewirtschaftung der Stadthalle 2004 abgeschlossen
       wurden. Da sei von Mindestlohn noch keine Rede gewesen. „Wenn dort nicht
       genug gezahlt wird, muss man nochmal darüber reden“, so Bruns. Bislang
       hätte man aber keinen Anlass gesehen, daran zu zweifeln, Arena Catering
       habe das auch gegenüber dem Ressort bestätigt. Gegenüber der taz behauptete
       Jürgen Hensch, der Verwaltungsleiter von Arena Catering: „Das Mindeste, was
       wir in der Anfangszeit zahlen, ist 8,51 Euro. Im Schnitt zahlen wir
       zwischen 9 und zehn Euro.“ Verschiedene Aushilfskräfte berichteten der taz,
       dass das nicht die Wahrheit sei.
       
       11 Jan 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jean-Philipp Baeck
       
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