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       # taz.de -- Ratingagentur stuft Zypern herab: Kriseneinsatz in der Inselrepublik
       
       > Während Moody's die Bonität von Zypern weiter senkt, reist Kanzlerin
       > Merkel in den Mittelmeerstaat. Über die Milliardenhilfen wird derweil
       > gestritten.
       
   IMG Bild: Geschäftsstraße in Nikosia: Der Ausblick bleibt negativ.
       
       BERLIN taz | Es ist nicht so, dass Präsidentschaftswahlen auf Zypern in der
       Vergangenheit dazu geführt hätten, dass europäische Spitzenpolitiker darob
       in größere Aufregung gerieten. Am Freitag aber nahm unter anderen
       Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) acht Stunden für den Hin- und Rückflug
       auf sich, um für ganze zwei Stunden an einem Treffen der Europäischen
       Volksparteien (EVP) im zypriotischen Limassol teilzunehmen.
       
       Dort traf sie auf den außerhalb der Insel weitgehend unbekannten Politiker
       Nikos Anastasiades (66), dem sie alles Gute für die Zukunft wünschte. Der
       Einsatz der Kanzlerin verweist darauf, dass das winzige Zypern mit seinen
       gerade mal 850.000 Einwohnern plötzlich ganz vorn auf der EU-Agenda steht.
       Denn das Euroland Zypern steht vor der Pleite und hat einen Rettungskredit
       beantragt.
       
       Die Inselrepublik verfügt über einen kommunistischen Präsidenten, dessen
       Verhalten, jenseits der diplomatischen Sprachregelungen, als bockig
       bezeichnet wird. Und im nächsten Monat wählen die griechischen Zyprioten
       seinen Nachfolger.
       
       17,5 Milliarden Euro hat Zypern als Kredit erbeten, davon soll ein Großteil
       in das marode und aufgeblähte Bankensystem fließen. Denn diese Banken haben
       sich übel verzockt, kauften etwa griechische Staatsanleihen en gros, die
       jetzt – nach dem Schuldenschnitt in Athen – nur noch die Hälfte wert sind.
       
       ## Geldwäscheparadies
       
       Zugleich aber beschuldigen deutsche Politiker von CDU, FDP, SPD und Grünen
       die Zyprioten, ein Geldwäscheparadies voll schwarzer Konten geschaffen zu
       haben, in dem russische Oligarchen bequem eine EU-Staatsbürgerschaft
       erwerben können. „Wenn der Eindruck entsteht, dass die deutschen
       Steuerzahler für russisches Schwarzgeld in Zypern haften sollen, dann sind
       Hilfen nicht vermittelbar und auch nicht vertretbar“, sagte
       FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle dazu am Freitag.
       
       Zypern wehrt sich gegen die Vorwürfe. „Wir halten uns an die Regeln“, sagte
       Finanzminister Vassos Shiarly in Nikosia. Zugleich veröffentliche die
       Regierung am Donnerstag eine Stellungnahme ihrer Anti-Geldwäsche-Abteilung,
       aus der hervorgeht, dass auf der Insel fast alles zum Besten steht.
       
       Tatsächlich hat Zypern sämtliche Regelungen der EU und des Internationalen
       Währungsfonds (IWF) in der Angelegenheit umgesetzt. Ein Bericht von
       Moneyval, der Anti-Geldwäsche-Behörde des Europarats, kommt zu dem Schluss,
       dass Zyperns Gesetze ausreichend sind. Allerding hapere es in einigen
       Bereichen an der konkreten Umsetzung. Ist der Geldwäsche-Vorwurf also in
       Wahrheit nur ein böses Gerücht, in die Welt gesetzt, um der linken
       Regierung in Nikosia zu schaden?
       
       Ganz so ist es auch nicht. Tatsächlich sind die Summen, die etwa aus
       Russland und der Ukraine auf zypriotische Bankkonten fließen, gigantisch.
       Das Moskauer Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung geht davon aus,
       dass bis Ende 2011 rund 78 Milliarden US-Dollar aus Russland auf der Insel
       landeten. Über 2.000 russische Firmen sind auf Zypern registriert.
       
       ## Doppelbesteuerungsabkommen
       
       Tatsächlich verfügen viele von ihnen maximal über einen Briefkasten. Für
       den Finanztransfer sorgen insbesondere Doppelbesteuerungsabkommen, die dazu
       führen, dass auf Zypern ansässige ausländische Firmen nur den geringen
       Steuersatz von 10 Prozent zahlen müssen – Dumpingsteuern, wie sich
       EU-Staaten beklagen.
       
       Zyperns Banken müssen verkleinert werden, darin sind sich EU, IWF und die
       Regierung in Nikosia einig. Kein Konsens besteht dagegen über die
       Bedingungen, zu denen Zypern den 17,5-Milliarden-Rettungskredit erhalten
       soll. Merkel besteht darauf, für Zypern keine Extrawurst braten zu lassen.
       „Die Aufgabe heißt, auf der einen Seite Reformen durchzuführen und auf der
       anderen Seite dann über Solidarität zu sprechen“, sagte Merkel Merkel am
       Freitag in Limassol.
       
       Der konservative Präsidentschaftskandidat Anastasiades wäre dazu bereit.
       Zyperns Geld reicht wohl noch bis zum März – dann muss das Rettungspaket
       stehen. In Nikosia erreicht die Arbeitslosenquote unterdessen monatlich
       neue Rekorde. Die Insel steckt tief in der Rezession. Und die Ratingagentur
       Moodys stufte Zypern gestern auf Ramschniveau herab.
       
       11 Jan 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Klaus Hillenbrand
       
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