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       # taz.de -- Die SPD nach der Flughafenpanne: Kritische Fragen unerwünscht
       
       > Die SPD-Fraktion traf sich zum Stimmungsaustausch. Immerhin: Die
       > Diskussion sei "offen" gewesen, heißt es hinterher.
       
   IMG Bild: Wer will ihn beerben? Klaus Wowereit am Dienstag.
       
       Klaus Wowereit kommt als Erster. Wortlos betritt er den Saal 306 des
       Berliner Abgeordnetenhauses. Fraktionssitzung der SPD. Eigentlich Routine.
       Doch seit dem Sonntag gibt es keine Routine mehr für den Regierenden
       Bürgermeister. Nach der erneuten Flughafenabsage gab es sogar die erste
       Rücktrittsforderung aus der eigenen Partei. Der SPD-Bundestagsabgeordnete
       Peter Danckert, in dessen Wahlkreis der neue Großflughafen liegt, rückte in
       der Rheinischen Post vom Regierenden Bürgermeister ab: „Ob die
       Nibelungentreue zu Klaus Wowereit so förderlich ist, bezweifle ich.“ Die
       Berliner SPD müsse jetzt entscheiden, wie es weitergeht. Notfalls sollte
       der SPD-Landesvorsitzende Jan Stöß das Amt übernehmen, forderte Danckert.
       
       Zwar entscheidet am Dienstagnachmittag nicht die Berliner SPD. Wohl aber
       kommen die 47 Mitglieder der SPD-Fraktion zusammen, um über die Zukunft
       ihres Regierungschefs und der rot-schwarzen Koalition zu beraten. Schon vor
       der Sitzung macht Fraktionschef Raed Saleh deutlich, dass für kritische
       Fragen – etwa Wowereits Rolle im Aufsichtsrat des BER – derzeit kein Raum
       sei. „Die SPD-Fraktion steht geschlossen hinter dem Regierenden
       Bürgermeister Klaus Wowereit“, gibt Saleh zu Protokoll. Die Ankündigung der
       Opposition, Wowereit im Abgeordnetenhaus das Vertrauen entziehen zu wollen,
       lässt die Reihen der Sozialdemokraten schließen.
       
       ## Zwischen Pest und Cholera
       
       Nibelungentreue aber sieht anders aus. „Zwischen Pest und Cholera“ sieht
       ein Sozialdemokrat die Lage der Berliner SPD. Weder hat die Partei einen
       Nachfolger für Wowereit parat, noch mögen sich die Genossen vorstellen, bis
       2016 von ihm weiter ins Umfragetief gezogen zu werden. Also formuliert die
       Partei Durchhalteparolen wie die des Abgeordneten Lars Oberg. Der sagt vor
       der Fraktionssitzung: „Klaus Wowereit ist für die ganze Legislaturperiode
       gewählt, und wir stehen dafür, dass es auch so bleibt.“ Als er das
       Phrasenhafte seines Satzes bemerkt, scherzt er: „Was soll ich auch sonst
       sagen?“
       
       Nicht viel sagen will auch Dilek Kolat. Etwas verspätet, mit einem
       Aktenordner unterm Arm, eilt die Arbeitssenatorin ins Abgeordnetenhaus.
       „Nein“, erklärt sie, „eine Führungsdiskussion steht nicht an.“ Derzeit
       zumindest nicht, schränkt sie ein, schließlich will sie im Spiel bleiben.
       Kolats Name ist einer von dreien, der fällt, wenn es um die
       Wowereit-Nachfolge geht. Die anderen sind Finanzsenator Ulrich Nußbaum und
       Stadtentwicklungssenator Michael Müller. Fraktionschef Saleh und Landeschef
       Jan Stöß, heißt es übereinstimmend, hätten keine Ambitionen, Wowereit zu
       beerben. Sie warten, bis ihre Zeit gekommen ist. Das erklärt auch den
       Treueschwur für Wowereit. Irgendwann, wissen sie, kommt keiner mehr an
       ihnen vorbei. Auch nicht eine Dilek Kolat.
       
       Vorerst organisiert Saleh Mehrheiten für den Noch-Regierungschef. „Wir
       hatten eine gute und offene Diskussion“, sagt der Fraktionschef nach der
       zweistündigen Sitzung. „Es gibt ein klares Bekenntnis zum Regierenden
       Bürgermeister. Wir lehnen das Misstrauensvotum ab.“
       
       8 Jan 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Uwe Rada
       
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