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       # taz.de -- Baumbesetzung gegen A 100: Protestler gehen auf die Pappel
       
       > Autobahngegner besetzen einen Baum auf der künftigen A-100-Trasse in
       > Berlin. Das soll der Auftakt für den finalen Widerstand gegen den
       > Weiterbau sein.
       
   IMG Bild: Protest in luftiger Höhe: A-100-Gegner.
       
       BERLIN taz | Unten am Stamm der Pappel prangt ein großes, gelbes X für die
       Fällung. Oben sitzen Peter und Robert, eingemummelt in dicke schwarze
       Jacken, Kapuzen auf dem Kopf. Am Donnerstagmorgen haben sie und weitere
       Helfer eine Holzplattform mit Seilen auf den Baum gehievt und eine Plane
       gegen den Regen darüber gespannt. Dort sitzen die Politkletterer noch
       Stunden später – und so soll es bleiben.
       
       „Wir haben keine Deadline“, gibt sich Peter per Funkgerät frohgemut. Man
       bleibe „auf unbestimmte Zeit“ oben. Der Grund für die Besetzung steht auf
       einem Banner, das im Baum hängt: „Stop A 100“. Die Pappel steht an der
       Neuköllnischen Allee, wo die verlängerte Trasse der Stadtautobahn
       langführen soll. Bereits jetzt blicken die Besetzer auf eine von Baggern
       geplättete Kleingartenkolonie.
       
       Nach jahrelangem juristischem Ringen soll im Frühjahr Baubeginn für die
       Verlängerung der A 100 sein, vom Dreieck Neukölln zum Spreeufer. 2017 soll
       der 3,2 Kilometer lange Abschnitt eröffnet werden. 460 Millionen Euro sind
       eingeplant, den Großteil zahlt der Bund, für 2013 bereits 30 Millionen.
       
       Für Rot-Schwarz hängt viel am Erfolg der A 100: Noch ein gescheitertes
       Großprojekt kann sich die Koalition kaum erlauben. Die Baumbesetzer sehen
       ihre Aktion dagegen als Auftakt zum finalen Widerstand gegen die
       Verlängerung. „Noch ist kein Meter gebaut, noch kann man das Geld in
       vernünftige Infrastruktur stecken“, sagt Peter. Den Autobahnbau nennt er
       ein „umweltpolitisches Trauerspiel“, ein „Geschenk an die Bau- und
       Verkehrswirtschaft“. Der 23-jährige Neuköllner ist in stadtpolitischen
       Initiativen aktiv, besetzte Bäume schon in Frankfurt/Main gegen den
       dortigen Flughafenausbau. Sein Mitbesetzer Robert, ein 25-Jähriger aus
       Mitte, gehört zu den Umwelt-Kletterprotestlern von Robin Wood.
       
       ## „Völlig überteuert und verkehrspolitisch abwegig“
       
       Bei der Bürgerinitiative „Stadtring Süd“ freut man sich über die
       Baumaktion. „Der Protest ist das, was uns jetzt noch bleibt“, sagte
       Sprecherin Birte Rodenberg. Auch ihre Initiative werde noch aktiv. „Die
       A-100-Verlängerung ist und bleibt unsinnig. Wir werden alle Formen des
       gewaltfreien Widerstands nutzen.“ Auch die Grünen wollen
       weiterprotestieren. Die Autobahn sei „völlig überteuert und
       verkehrspolitisch abwegig“, so deren Verkehrsexperte Harald Moritz. Nun
       könne nur noch „Vernunft und öffentlicher Druck“ das Projekt stoppen.
       
       Juristisch sind die Kämpfe längst verloren: Im Oktober erklärte das
       Bundesverwaltungsgericht die Bauplanung für rechtmäßig. Im Dezember gab der
       Haushaltsausschuss im Bundestag die Gelder frei. Verkehrs-Staatssekretär
       Christian Gaebler (SPD), gibt dem Protest daher keine Chance. „Es gab klare
       Entscheidungen, wir haben Baurecht. In einer Demokratie gehört es dazu,
       Entscheidungen irgendwann zu akzeptieren.“
       
       Ab November wurden mehrere Kleingartensiedlungen abgerissen. Weitere
       Abrissarbeiten, darunter zwei frühere Möbellager, sollen im März folgen.
       Dann könnte der erste Spatenstich erfolgen.
       
       Die Protestler wollen das verhindern. In Schichten wollen die Baumbesetzer
       vorerst die nächsten Tage auf der Pappel verweilen. Unter ihrer Plane haben
       sie Schlafsäcke, Isomatten und Lebensmittel verstaut. Am Fuß des Baums soll
       eventuell ein Info-Zelt aufgestellt werden.
       
       Eine Räumung droht vorerst nicht, ein Polizeiwagen zog am Donnerstag nach
       kurzer Visite wieder ab. Die Beamten hatten schlicht keine Handhabe: Die
       besetzte Pappel steht auf einem Privatgrundstück. Dessen Eigentümer ist
       Kläger gegen die A 100.
       
       3 Jan 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Konrad Litschko
       
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