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       # taz.de -- Neonazi-Versandhandel „antisem.it“: Hetze zu verkaufen
       
       > Die Dortmunder Neonaziszene reorganisiert sich als „Die Rechte“. Ihr
       > neuer Online-Versandhandel setzt unverblümt auf judenfeindliche Hetze:
       > „antisem.it“.
       
   IMG Bild: Reorganisiert sich der „Nationale Widerstand Dortmund“? Beschlagnahmte Gegenstände beim Verbot im August.
       
       KÖLN taz | Neue Verpackung, alter Dreck: Nach den Verboten des vergangenen
       Jahres reorganisiert sich die Dortmunder Neonaziszene. Seit dem 1. Januar
       ist sie auch wieder mit einem eigenen Onlineversandhandel am Start. Dessen
       provokativ-programmatische Internetadresse: „antisem.it“.
       
       Die Slogans, mit denen der Laden auf Facebook für sich wirbt, lassen an
       Eindeutigkeit nichts zu wünschen übrig: „antisem.it akzeptiert keine
       Schekel!“, „antisem.it ist für den jordanischen Mittelmeerzugang!“ oder
       „antisem.it wird Opfer fordern!“ Verantwortlich für den braunen Shop im
       Internet zeichnet Michael Brück. Der Abendschüler gehörte zu den führenden
       Aktivisten der inzwischen verbotenen Nazivereinigung „Nationaler Widerstand
       Dortmund“ (NWDO). Mittlerweile ist er in der Partei „Die Rechte“ aktiv.
       
       Noch ist das Warenangebot überschaubar: Neben einschlägigen CDs von
       Rechtsrockbands wie „Sturmwehr“, „Heiliger Krieg“ oder „Sleipnir“ bietet
       Brück seinen Kunden bislang nur eine Reihe von Aufklebern, ganz
       pluralistisch sowohl von seiner neuen parteipolitischen Heimat „Die Rechte“
       als auch von der Konkurrenz von NPD und Jungen Nationaldemokraten sowie aus
       der Szene der „freien Nationalisten“. Darüber hinaus kann man Aufkleber und
       Flugblätter mit eigenen Motiven in Auftrag geben.
       
       Die Seiten von „antisem.it“ befinden sich auf Servern des rechtsextremen
       Webhosters „1st-amendment.info“, der seinen Kunden „kicksicheres Webhosting
       für deutsche Seiten in den USA“ anbietet. Die Endung „it“ ist die
       länderspezifische Top-Level-Domain Italiens. An seinen Vorläufer kann
       „antisem.it“ bislang nicht heranreichen.
       
       „Wir bieten euch Aufkleber, Plakate, Bücher, Waffen, Zeitschriften, CDs,
       T-Shirts und vieles mehr“, konnte einst der „Resistore Vertrieb“ für sich
       werben. Der Internetshop, den Dennis Giemsch, Führungskader der „Autonomen
       Nationalisten“ in Dortmund, 2006 mit Existenzgründungsgeldern der
       Dortmunder Agentur für Arbeit aufbauen konnte, bot der Szene noch alles,
       was das braune Herz begehrt. Sogar Zwillen und dazu passende Stahlgeschosse
       hatte er zeitweise in seinem offiziellen Sortiment.
       
       Mit dem Verbot des NWDO durch NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) Mitte
       August 2012 war jedoch auch Schluss mit dem „Resistore Vertrieb“:
       Sämtliches Propagandamaterial, das Giemsch über seinen Naziversand
       vertrieb, wechselte in den Besitz des Landes NRW. Auch finanziell bedeutete
       das einen harten Schlag für die Dortmunder Neonaziszene.
       
       ## Neue Struktur als Partei
       
       Aber inzwischen läuft die Neustrukturierung. Als organisatorisches
       Sammelbecken dient dabei die im Juni 2012 von dem bekannten norddeutschen
       Neonazi Christian Worch gegründete Splitterpartei „Die Rechte“, da ein
       Parteiverbot weitaus höhere Hürden hat als ein Vereinsverbot.
       
       Dennis Giemsch ist ihr Landesvorsitzender in NRW, Michael Brück sein
       Stellvertreter. Den Dortmunder Kreisverband führt Siegfried „SS-Siggi“
       Borchardt an, einst Gründer des berüchtigten rechtsextremistischen
       Fußballfanclubs „Borussenfront“, dann Landesvorsitzender der FAP und heute
       so etwas wie der „Elder Statesman“ der „Bewegung“.
       
       Eine ihrer ersten öffentlichkeitswirksamen Aktionen unter der neuen Fahne:
       Am Sonntag vor Weihnachten versammelten sich rund 100 Neonazis in der Nähe
       der Wohnungen von Dortmunds Oberbürgermeister Ullrich Sierau (SPD), des
       NRW-Arbeits- und -Sozialministers Guntram Schneider (SPD) sowie der
       stellvertretenden Fraktionschefin der Grünen im Düsseldorfer Landtag,
       Daniela Schneckenburger. Als Versammlungsleiter der Kundgebungen fungierte
       der „antisem.it“-Verantwortliche Michael Brück.
       
       Die Aufmärsche seien „der Versuch von Rechtsextremisten, politische
       GegnerInnen einzuschüchtern und zu bedrohen“, heißt es in einer Resolution
       des Dortmunder Stadtrats. „Mit dem gezielten Eindringen in die Privatsphäre
       wird dabei bewusst die Grenze der bisherigen Auseinandersetzungen
       überschritten.“
       
       3 Jan 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Pascal Beucker
       
       ## TAGS
       
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