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       # taz.de -- NDR-Serie „Tatortreiniger“: „Wir sind nicht einfach“
       
       > Der Norddeutsche Rundfunk zeigt wieder den fulminanten „Tatortreiniger“.
       > Ein Gespräch mit Hauptdarsteller Bjarne Mädel und Regisseur Arne
       > Feldhusen.
       
   IMG Bild: Der Tatortreiniger (Bjarne Mädel, rechts) wird von einem Mörder (Jean-Paul Comu) als Geisel genommen.
       
       taz: Herr Mädel, wenn man die wichtigsten Fernsehpreise bekommt, werden die
       Leute im Sender netter zu einem? 
       
       Bjarne Mädel: Zu mir sind die Leute immer nett gewesen.
       
       ARNE FELDHUSEN FRAGT, OB ER DIE FRAGE BEANTWORTEN KÖNNTE. NÖ, ICH FINDE
       NICHT. ICH BIN JA SCHLIESSLICH WEGEN BJARNE MÄDEL DA.
       
       Mädel: Allerdings haben wir für den aktuellen Dreh ein wenig mehr Zeit
       bekommen. Wir haben mit zwei Drehtagen pro Folge angefangen, jetzt sind wir
       bei vier.
       
       Ja, zu Ihnen als Person war man nett. Dann interessiert mich doch mal mehr,
       was Arne Feldhusen sagt. DER IST NÄMLICH RECHT SYMPATHISCH UND SCHÖN GROSS
       GEWACHSEN. Also, Herr Feldhusen, steigert der Erfolg das Entgegenkommen? 
       
       Arne Feldhusen: Das weiß ich noch nicht so genau. Wir haben jetzt etwas
       bessere Bedingungen. Aber wir sind auch nicht einfach. Wir sind immer
       darauf aus, alles weiterzuentwickeln. Und da ist die Frage, ob alle
       mitziehen.
       
       Was meinen Sie mit „Wir sind nicht einfach“? 
       
       Feldhusen: Wir sind sehr konsequent. Wir versuchen, bestimmte Sachen zu
       erreichen. Manchmal sprengt das ein wenig die Grenzen.
       
       Die der Gewohnheit? 
       
       Mädel: Die der Gewohnheit und des Budgets. Wenn man die beste Qualität
       liefern will, und das wollen wir in puncto der Kollegen, der Ausstattung,
       des Teams und der Bedingungen, dann ist das teurer, als das sich ein Sender
       vielleicht wünscht.
       
       Feldhusen: Aber es ist nicht nur das Geld. Der NDR hat keine richtige
       Schiene für eine Serie. Und deshalb wird „Der Tatortreiniger“ auch nicht
       immer auf guten Plätzen ausgestrahlt.
       
       2011 wurde das Format nachts zwischen den Weihnachtsfeiertagen versendet,
       jetzt rückt es langsam vor. Warum haben Fernsehleute Angst? 
       
       Feldhusen: So etwas entsteht aus anderen Gründen. Hier war es so, dass
       etwas bestellt war und wir mit einer anderen Idee kamen.
       
       Was war bestellt? 
       
       Feldhusen: Zunächst ging es um die Weiterführung des Formats „Das
       Wartezimmer“. Entsprechend wurde ein anderer Humor erwartet. Die erste
       Folge, die ich für den „Tatortreiniger“ drehen wollte, war die mit der
       Prostituierten und dem Blowjob. Mit dem Stoff war es nicht so leicht zu
       vermitteln, was uns insgesamt vorschwebt.
       
       Aber da geht es doch um Angst. Eine Prostituierte und ein Blowjob – wo soll
       da das Problem liegen? 
       
       Mädel: Es wurde etwas gesucht, das man auch am Sonntagnachmittag zeigen
       kann. Eine Prostituierte, für 80 Euro einen blasen, und im Hintergrund ist
       alles voll Blut – da ist es schwierig, sich vorzustellen, dass das
       geschmackvoll seinen Zuschauer findet. Zumindest den, den man sonst so hat.
       
       Also lässt sich sagen, dass Fernsehleute Angst vor Blut, Schweiß und Sperma
       haben? 
       
       Mädel: Ja, klar. Vor Kraftausdrücken auch. Das ist immer noch ein heikles
       Thema.
       
       Warum gehen so viele Angsthasen zum Fernsehen? 
       
       Feldhusen: Fernsehen ist kein Medium mehr, das reif für Überraschungen ist.
       Es geht nur noch darum, dass es ein 24-Stunden-Programm bietet, und nicht
       darum, etwas zu zeigen, das auch eine Diskussion wert ist.
       
       Mädel: Das Wort „Angsthasen“ stimmt schon. Wir machen die Serie“ Mord mit
       Aussicht“, die ist erfolgreich. Daraufhin werden fünf andere Formate
       gemacht, die genauso sind. Das finde ich einfach langweilig. Warum sagt man
       nicht: „Ach, schade, dass ich die Idee nicht hatte, jetzt muss ich mit
       einer noch besseren um die Ecke kommen!“ Nee, man denkt: Das funktioniert,
       das machen wir genauso noch mal. Am besten noch im gleichen Dorf drehen, in
       der gleichen Polizeiwache, die gleiche Musik, die gleichen Leute besetzen.
       
       Feldhusen: Ist alles passiert.
       
       Sie zwei sind die Ideengeber des „Tatortreinigers“. Sie sind befreundet.
       Herr Feldhusen ist zudem der Regisseur, und Herr Mädel ist mit der
       Drehbuchautorin Mizzy Meyer befreundet. Ist so ein Konstrukt eine
       Möglichkeit zu verhindern, dass die Ideen von den Bedenkenträgern der
       Sender kaputt gemacht werden? 
       
       Feldhusen: Gut beobachtet.
       
       Mädel: Was uns die Sache erleichtert, ist, dass klar ist, ich mach das mit
       Arne oder gar nicht. Wenn er nicht kann, wird der NDR natürlich kommen und
       mich fragen, kannst du es dir mit jemand anderem vorstellen? Und ich kann
       mir dieses Format nur in dieser Konstellation vorstellen. Ich will auch
       nicht, dass es jemand anders als Mizzy schreibt. Natürlich gibt uns das
       mehr Kraft, weil sie wissen, dass sonst das ganze Format explodiert.
       
       Herr Mädel, in „Mord mit Aussicht“ haben Sie eine Bequemlichkeitsplauze.
       Unter meinen Leserinnen sind ja auch eine Menge Frauen mit unattraktiven
       Männern. Da interessiert die Frage: Wie bekommen Sie die immer wieder weg? 
       
       Ich mach am Flughafen Tempelhof meine Runden. Aus der Entfernung sieht es
       aus, als würde ich stehen, aber ich laufe dort. Wenn das Abnehmen schnell
       gehen muss, dann esse ich keine Kohlenhydrate. Das ist der ganze Trick.
       Diesmal hab ich es aber nicht ganz geschafft, so dünn zu werden, wie ich
       eigentlich sein wollte.
       
       Stimmt. 
       
       Ich habe aufgehört zu rauchen und hatte krankheitsbedingt keine Lust, auf
       Zucker zu verzichten.
       
       Herr Mädel, wie finden Sie die taz? 
       
       Ääh, farblich?
       
       Ja, zum Beispiel. 
       
       Könnte durchaus bunter sein. Nee, find ich eine gute Zeitung. Also es gibt
       Tage, da les ich lieber die Mopo, weil mir die taz zu anstrengend ist. Aber
       es ist politisch eher die Richtung, die meiner privaten Richtung
       entspricht. Oder was soll ich jetzt sagen?
       
       Das war schon ganz gut. Und was gefällt Ihnen am besten? 
       
       Mädel: Oh, Gott. Was gefällt mir am besten …
       
       Feldhusen: Flimmern & Rauschen.
       
       Mädel: Flimmern & Rauschen. Ja, stimmt. GEHT DOCH!
       
       Herr Mädel, Sie dichten. Sie haben jetzt die Gelegenheit zu zeigen, was Sie
       können. Einzige Bedingung, es muss „Kriegsreporterin“ vorkommen oder
       „Medienfront“. 
       
       ES DAUERT ZWEI TAGE, DANN KOMMT BJARNE MÄDEL MIT DIESEM VERS UM DIE ECKE:
       
       Helmpflicht
       
       MEDIEN sind, wenn ehrlich,
       
       zuweilen höchst gefährlich;
       
       drum schickt die taz gekonnt
       
       nur Profis an die FRONT.
       
       Deshalb sind im Feuilleton auch Worte drin
       
       Von einer „KRIEGSREPORTERIN“…
       
       „Tatortreiniger“, 2. Januar, 22 Uhr, NDR
       
       2 Jan 2013
       
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