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       # taz.de -- Flüchtlingscamp in Wien geräumt: Nur noch Flecken sind zu sehen
       
       > Die rot-grüne Stadtregierung von Wien lässt ein Protestcamp von
       > Asylbewerbern vor einer Kirche räumen. Drinnen gilt das Kirchenasyl.
       
   IMG Bild: Die Votivkirche in Wien.
       
       WIEN taz | Mit der polizeilichen Räumung eines Flüchtlingscamps mitten in
       Wien endete in der Nacht auf Freitag ein Protest von Asylbewerbern. Zwei
       Ausländer wurden zwecks Abschiebung festgenommen, gegen mehr als 20
       Personen Anzeige erstattet. Auf dem Sigmund-Freud-Platz im Schatten der
       neugotischen Votivkirche sind nur mehr die Flecken zu erkennen, wo die
       Zelte standen.
       
       Rechtsgrundlage für das Einschreiten war laut Polizeisprecher Johann Golob
       die Wiener Kampierverordnung, „nachdem sämtliche Versuche, die
       Verantwortlichen zu einem selbständigen Abbau des Zeltlagers zu bewegen, im
       Sand verlaufen sind“. Dass der Zeitpunkt einer Order der Politik geschuldet
       sei, wies er zurück. Die rechte FPÖ, die das Camp für einen unzumutbaren
       Erpressungsversuch hielt, hatte die rot-grüne Stadtregierung unter Druck
       gesetzt.
       
       „Die Zerstörungswut, mit der uniformierte Vandalen in der vergangenen Nacht
       ein Stück demokratischer Gegenkultur verwüsteten, war in den Tagen vorher
       durch die systematische Hetze der FPÖ geschürt worden“, schreibt Michael
       Genner, Vorsitzender des Hilfswerks „Asyl in Not“.
       
       ## Kirche selbst bislang nicht geräumt
       
       Die Leute im Camp waren am 25. November aus dem niederösterreichischen
       Erstaufnahmezentrum Traiskirchen nach Wien marschiert und hatten dann,
       unterstützt von Caritas und verschiedenen Organisationen, vor der
       Votivkirche ihre Zelte aufgeschlagen. Dem Innenministerium wurde eine Liste
       von 71 Personen übergeben, die Aufnahme in die Grundversorgung verlangen.
       Bei einem runden Tisch kurz vor Weihnachten wurde dies 42 der Asylbewerber
       angeboten. Dieses Angebot wurde von den Flüchtlingsvertretern abgelehnt.
       Die, denen Abschiebung droht, flüchteten in die Votivkirche.
       
       Nicht geräumt wurde bislang die Votivkirche selbst, wo jetzt noch etwa 40
       Asylbewerber das Kirchenasyl in Anspruch nehmen. Dort werden sie vorläufig
       auch bleiben können, versicherte der Wiener Caritas-Präsident Michael
       Landau: „Es gibt das ganz klare Commitment der Erzdiözese Wien.“ Ein
       Dutzend der Flüchtlinge in der Kirche verleiht ihren Forderungen mit einem
       Hungerstreik Nachdruck.
       
       Ein Forderungskatalog von 13 Punkten betrifft sowohl Bedingungen der
       Unterbringung als auch Verbesserungen im Asylverfahren. Nach den
       Erfahrungen auf der inzwischen geschlossenen Herberge auf der Kärntner
       Saualm will man Garantien, dass keine Flüchtlinge mehr in menschenunwürdige
       oder entlegene Quartiere gesteckt werden, wo weder Kontakt zu Landsleuten
       noch ärztliche Versorgung gewährleistet sind.
       
       Außerdem sollen wieder professionelle Dolmetscher für Befragungen
       eingesetzt werden. In letzter Zeit wurden aus Spargründen oft Dilettanten
       hinzugezogen, deren mangelhafte Übersetzungen zu negativen Entscheidungen
       führten. Zu den weiteren Anliegen gehört auch das Recht auf Arbeit und die
       Löschung der Fingerabdrücke aus den staatlichen Datenbanken. Denn sind die
       Daten einmal erfasst und ist der Asylantrag abgelehnt, können die
       Betroffenen in keinem anderen Staat einen neuen Antrag stellen.
       
       28 Dec 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ralf Leonhard
       
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