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       # taz.de -- Debatte um Prostitution: Per Gesetz ins Bordell
       
       > Der ARD-„Tatort“ hat die Debatte um Prostitution neu angefacht. Die Union
       > will der Polizei unangekündigt Razzien erlauben, auch die Grünen wollen
       > „nachbessern“.
       
   IMG Bild: Bordell in Freiburg.
       
       BERLIN taz | Soll Prostitution schärfer kontrolliert werden? Seit sich der
       sonntägliche ARD-„Tatort“ in zwei Folgen und anschließend der
       Late-Night-Talker Günther Jauch mit dem Rotlichtmilieu beschäftigten,
       flammt eine alte Debatte neu auf.
       
       Dabei geht es vor allem um die Frage, ob das Prostitutionsgesetz, das seit
       2002 gilt, das Geschäft mit dem käuflichen Sex besser reguliert. Damals
       trat das aus drei Paragrafen bestehende Gesetz in Kraft. Seitdem können
       sich Prostituierte regulär kranken- und rentenversichern. Ähnlich liberale
       Regelungen gibt es in der Schweiz, in den Niederlanden und in Australien.
       
       Jetzt fordert Hans-Peter Uhl, Innenpolitiker bei der CSU, das Gesetz zu
       verschärfen. Die Missstände hätten sich „durchweg verstärkt“, sagt er. Ganz
       egal, ob es sich um Menschenhandel, Zwangsprostitution oder Prostitution
       von Minderjährigen handle. Uhl schwebt eine gewerberechtliche
       Erlaubnispflicht für Bordellbetriebe vor, mit denen Kontrollen etwa durch
       die Polizei oder andere Aufsichtsbehörden leichter möglich sind.
       
       Diese Idee hatte vor anderthalb Jahren schon Familienministerin Kristina
       Schröder (CDU). Seitdem arbeitet ihr Haus an einem Gesetzentwurf zur
       Verschärfung der Regeln für die Sexarbeit. Derzeit sei aber völlig unklar,
       wann das Gesetz komme, sagte ein Sprecher.
       
       ## Schröder will Konzessionen
       
       Kristina Schröder will dafür sorgen, dass Prostitutionsstätten, wie
       Wohnungen und angemietete Zimmer im Sexgewerbe heißen, künftig eine
       Konzession haben müssen – so wie Kneipen, Cafés und Dönerbuden.
       
       Auch die Grünen wollen das bestehende Gesetz, das unter Rot-Grün
       beschlossen wurde, jetzt „nachbessern“. Fraktionschefin Renate Künast hat
       dabei „zum Schutz der Frauen verbindliche Arbeits- und Hygienestandards“ im
       Blick. „Wir sind noch nicht am Ende der Debatte“, sagt Monika Lazar,
       frauenpolitische Sprecher der Fraktion. In Kürze wollen die Grünen eine
       Kleine Anfrage zu den „Auswirkungen des Prostitutionsgesetzes auf die
       Rotlichtkriminalität“ stellen.
       
       SexarbeiterInnen und Prostituiertenverbände sehen in den alten wie neuen
       Vorstößen eine „repressive Wende in der Prostituiertenpolitik“. In ihren
       Augen geht es „weniger um die Bekämpfung von Zwangsprostitution als
       vielmehr um eine umfassende polizeiliche Reglementierung der Prostitution“,
       sagt Juanita Rosita Henning vom Verein Doña Carmen.
       
       Rund 400.000 SexarbeiterInnen soll es Schätzungen zufolge in Deutschland
       geben, über 80 Prozent von ihnen sind Frauen. 1,2 Millionen Männer sollen
       täglich ihre Dienste in Anspruch nehmen.
       
       Zur Zwangsprostitution gibt es nur wenig Zahlen. Die Vereinten Nationen
       schätzen, dass in Europa jedes Jahr 40.000 Frauen Opfer von Menschenhandel
       werden. Laut Bundeskriminalamt wurden im vergangenen Jahr 482
       Ermittlungsverfahren im Bereich des „Menschenhandels zum Zweck der
       sexuellen Ausbeutung“ abgeschlossen. Tampep zufolge, einer Organisation,
       die sich international um Prostituierte kümmert, sind 47 Prozent der
       Prostituierten MigrantInnen.
       
       19 Dec 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Simone Schmollack
       
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