URI: 
       # taz.de -- Wau-Holland-Stiftung und Wikileaks: „Viel Feind, viel Ehr“
       
       > Julian Assange verdiene Solidarität, sagt Wau-Holland-Stiftungschef
       > Schleisiek. Ein Gespräch über Wikileaks, wiedergewonnene Gemeinnützigkeit
       > und sichere Daten.
       
   IMG Bild: Informationen aus der Dunkelheit holen: Die Wau-Holland-Stiftung hat sich der Informationsfreiheit verpflichtet.
       
       taz.de : Herr Schleisiek, die Wau Holland Stiftung scheint vor allem dann
       in das Blickfeld der Medien zu rücken, wenn es [1][um Spenden für
       Wikileaks] geht. Was ist das eigentliche Ziel Ihrer Einrichtung? 
       
       Klaus Schleisiek: Die Stiftung führt das couragierte Wirken Wau Hollands,
       der eigentlich Herwart Holland-Moritz hieß, gegen totalitäre Strukturen und
       für bedingungslose Durchsetzung der Menschenrechte fort. Dazu fördert die
       Stiftung globale Informationsfreiheit und informationelle Selbstbestimmung.
       Zweck der Stiftung ist es auch, das hinterlassene Gedankengut von Wau
       Holland zu archivieren und fortzuführen sowie der Öffentlichkeit in
       geeigneter Form zugänglich zu machen.
       
       Decken sich Ziele von WHS und Wikileaks? Unumstritten sind das
       Whistleblower-Portal und sein Chef Julian Assange ja nicht. 
       
       Im offensiven Eintreten für Informationsfreiheit passen WHS und WikiLeaks
       bestens zusammen. Und aus der Zusammenarbeit wissen wir, dass dort
       ernsthafte Menschen aktiv sind. Beide Partner wollen auch weiterhin
       zusammenarbeiten. Die redaktionelle Bearbeitung der geleakten Informationen
       durch WikiLeaks ist so gut, dass bis heute offenbar kein Mensch dadurch zu
       Schaden gekommen ist. Diese kaum wahrgenommene redaktionelle Bearbeitung
       zum Schutz von Informanten macht einen erheblichen Teil der Arbeit von
       WikiLeaks aus und wurde und wird von der WHS unterstützt. Zu Julian kann
       ich nur sagen: Viel Feind, viel Ehr. Er ist in keiner beneidenswerten
       Situation und verdient unser aller Solidarität.
       
       Ihnen wurde vor wenigen Wochen die Gemeinnützigkeit abgesprochen. Hat sich
       die Lage beruhigt? 
       
       Am 11. Dezember haben wir endlich den schon seit Wochen zugesagten
       Freistellungsbescheid für 2011 und folgende erhalten. Jetzt dürfen wir
       endlich unseren Spendern für 2011 und 2012 steuerabzugsfähige
       Bescheinigungen zusenden. Die schlechte Nachricht: Spenden für 2010 sind
       nicht steuerabzugsfähig. Aus dem Verfahren haben wir gelernt, wie wir
       unsere Projekte strukturieren müssen, damit sie als gemeinnützig anerkannt
       werden können.
       
       Zukünftig können wir sogar Bescheinigungen für Spender aus sämtlichen
       EU-Staaten ausstellen, weil wir die Entscheidung C-318/07 des europäischen
       Gerichtshofs von 2009 gefunden haben: Sämtliche EU-Mitglieder müssen
       gegenseitig die Gemeinnützigkeitsentscheidungen der jeweiligen nationalen
       Finanzämter anerkennen.
       
       Wau Holland war Hacker der ersten Stunde und Gründungsmitglied des Chaos
       Computer Clubs. Wie würde Holland die heutige Situation im Internet
       bewerten, beispielsweise Konzerne wie Facebook oder Google? 
       
       Der Vorstand der WHS bewertet das so: Der Erfolg von Faceboogle beweist,
       dass da ein menschliches Bedürfnis erfüllt wird. Heute allerdings in einer
       Weise, die informationeller Selbstbestimmung ins Gesicht schlägt. Wir
       fördern deshalb konkret zwei Softwaretechnologieprojekte: Einerseits
       [2][„secushare“], mit dem die Grundlage gelegt wird, soziale Netzwerke zu
       stricken, deren Freundeskreise end-to-end-verschlüsselt kommunizieren, so
       dass die Datenkraken kein rasterbares Futter mehr bekommen.
       
       Außerdem fördern wir „[3][Unhosted“], weil ich selber bestimmen können
       will, wo meine Daten – ob verschlüsselt oder unverschlüsselt – tatsächlich
       gespeichert werden, auf die ich vollsynchronisiert (weil nur einmal
       vorhanden) mit meinem Phone, Pad oder Laptop zugreifen kann. Und nicht bei
       einem Cloudkraken.
       
       Wie steht die Stiftung zum Chaos Computer Club, der mittlerweile zu einer
       Netzbürgerrechtsorganisation zu werden scheint? 
       
       Beide Organisationen entstammen demselben Hackermilieu. Böse Zungen
       behaupten, der Vorstand der WHS sei eine Endlagerstätte für lästig
       gewordene Althacker (grinst). Auf dem [4][diesjährigen Kongress] sind wir
       mit einem Stand vertreten und freuen uns auf anregende Gespräche.
       
       In den letzten Jahren sind neue Gruppen wie die [5][„Digitale
       Gesellschaft“] oder parteinahe Organisationen wie „[6][D64“] entstanden.
       Haben solche Gruppen wirklich Einfluss? 
       
       Das kann ich nicht beurteilen. Offenbar gibt es Menschen, die einen Teil
       unserer Erfahrungen sowie unsere Werte und Sichtweisen teilen, aber
       Berührungsängste vor Hackern haben und sich deshalb lieber „im eigenen
       Kreis“ treffen. Das finde ich völlig ok. Die Hacker haben kein Monopol auf
       das Nachdenken über den Kulturraum, der aus der elektronischen
       Datenbearbeitung entstanden ist. Aber sie waren die ersten Siedler im
       Cyberspace.
       
       19 Dec 2012
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Wau-Holland-Stiftung-nicht-gemeinnuetzig/!104940/
   DIR [2] http://secushare.org/
   DIR [3] http://unhosted.org/
   DIR [4] http://events.ccc.de/congress/2012/wiki/Main_Page
   DIR [5] https://digitalegesellschaft.de/
   DIR [6] http://d-64.org/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ben Schwan
       
       ## TAGS
       
   DIR Gemeinnützigkeit
   DIR Wikileaks
   DIR Julian Assange
   DIR Hacker
   DIR Assange
   DIR Julian Assange
   DIR Schwerpunkt Chaos Computer Club
   DIR Wikileaks
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Neues Assange-Buch „Cypherpunks“: Übel, übler, noch übler
       
       Ein Gespräch wird zum Buch. Verkaufen soll es sich offenbar über den Namen
       des Wikileaks-Kopfes und seiner prominenten Mithacker.
       
   DIR Assange kündigt Wikileaks-Offensive an: 2013 wird weiter enthüllt
       
       Wikileaks-Gründer Julian Assange kündigt für das nächste Jahr eine neue
       Veröffentlichungswelle an. Das neue Aktenkonvolut betrifft „jedes Land der
       Welt“.
       
   DIR Wau-Holland-Stiftung nicht gemeinnützig: Wegen Wikileaks nicht selbstlos
       
       Der Wau-Holland-Stiftung, die Wikileaks unterstützt, wurde die
       Gemeinnützigkeit aberkannt. Dort wertet man dies als taktisches Manöver.
       
   DIR Wau-Holland-Stiftung und Wikileaks: Spenden ohne Quittung
       
       Ein Hamburger Finanzamt hat der Wau-Holland-Stiftung die Gemeinnützigkeit
       für 2010 aberkannt. Der Grund sind Spenden an Wikileaks.