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       # taz.de -- Präsidentenwahl in Südkorea: Eisprinzessin gegen Menschenrechtler
       
       > Die Kandidaten in Südkorea haben eine entgegengesetzte Vergangenheit,
       > doch heute klingen sie ganz ähnlich. Beide versprechen „wirtschaftliche
       > Demokratisierung“.
       
   IMG Bild: Moon Jae In wurde in jungen Jahren wegen Demonstrationen gegen den Vater seiner Konkurrentin Park Geun Hye ins Gefängnis gesperrt.
       
       TOKIO taz | Menschenrechtsanwalt gegen Diktatorentochter – trotz des
       scharfen Kontrastes zwischen den beiden Spitzenkandidaten ist der Wahlkampf
       um das Präsidentenamt in Südkorea wenig emotional verlaufen. Dabei liegen
       beide laut Umfragen Kopf an Kopf.
       
       Selbst der Raketenabschuss in Nordkorea vergangene Woche regte im Süden
       niemand richtig auf. Denn die Spitzenkandidaten für die
       Präsidentschaftswahl an diesem Mittwoch wollen beide die Beziehungen zum
       verfeindeten Norden verbessern.
       
       Nur der 50-jährige Ahn Cheol Soo hatte die Menschen elektrisiert, als er
       nach langem Zögern seinen Hut noch in den Ring geworfen hatte. Der
       erfolgreiche Software-Unternehmer verkörpert die Hoffnung auf Veränderung,
       weil er keiner Partei angehört und als Selfmade-Millionär den riesigen
       Unternehmensgruppen mutig die Stirn bietet.
       
       Doch zur Enttäuschung vor allem der jungen Koreaner zog Ahn seine
       Kandidatur Anfang Dezember wieder zurück, um das liberale Lager nicht, wie
       schon einmal in den 1980er Jahren geschehen, zu spalten und so einen Sieg
       der Konservativen unausweichlich zu machen.
       
       Doch jetzt sind die etablierten Politiker, von denen sich die Wähler seit
       Langem enttäuscht fühlen, wieder unter sich.
       
       ## Kampf gegen die Diktatur
       
       Der Liberale Moon Jae In (59) von der Vereinigten Demokratischen Partei
       steht für jene demokratische Tradition, die Südkorea vom Totalitarismus der
       Kim-Diktatur im Norden unterscheidet. Der Anwalt wurde 1975 als Anführer
       von Protesten gegen die Diktatur von General Park Chung Hee ins Gefängnis
       geworfen.
       
       Der Sohn eines Kriegsflüchtlings aus Nordkorea bewies seinen Patriotismus
       jedoch als Angehöriger der Spezialkräfte der südkoreanischen Armee. Später
       leitete Moon die Stabsstelle des vorletzten Präsidenten, Roh Moo Hyun. Moon
       präsentierte sich als Mann der kleinen Leute.
       
       Seine Umfragewerte sind in der letzten Woche gestiegen, da sich nach dem
       Rückzug des populären Ahn auch andere Oppositionsgruppen hinter Moon
       versammelt haben.
       
       ## Eiskalte Favoritin
       
       Dennoch gilt Moons Gegnerin, die 60-jährige Park Geun Hye, als Favoritin.
       Als Chefin der regierenden Saenuri-Partei (Partei der Neuen Grenze) will
       die „Eisprinzessin“, wie sie wegen ihrer Kühle genannt wird, die
       wirtschaftsfreundliche und pro-amerikanische Politik des bisherigen
       konservativen Präsidenten Lee Myung Bak fortsetzen.
       
       Die Tochter jenes langjährigen Militärherrschers Park, der ihren heutigen
       Gegner Moon ins Gefängnis werfen ließ, ist so bekannt wie umstritten. Ihr
       Vater hatte das südkoreanische Wirtschaftswunder durch Staatsdirigismus
       entfesselt, dafür jedoch die Freiheitsrechte massiv beschnitten. Bis heute
       ist es zum Beispiel schwer, in Südkorea Gewerkschaften zu gründen und
       betriebsübergreifend zu organisieren.
       
       Nach der Ermordung ihrer Mutter durch einen nordkoreanischen Agenten diente
       die damals 22-jährige Park der Militärregierung ihres Vaters fünf Jahre
       lang als First Lady. Dies endete erst, als ihr Vater 1979 von seinem
       eigenen Geheimdienstchef ermordet wurde.
       
       ## Entschuldigung für Taten des Vaters
       
       Park zog sich für einige Jahre ins Privatleben zurück. Lange pflegte sie
       ihren umstrittenen Vater zu verteidigen. Erst in diesem September rang sie
       sich zu einer ersten öffentlichen Entschuldigung für dessen
       Menschenrechtsverletzungen durch, um sich im Wahlkampf weniger angreifbar
       zu machen.
       
       Ihre Partei verkauft Parks Kandidatur als Stärkung der Frauen in einem
       äußerst patriarchalischen Land. „Ihr könnt die Revolution für Frauen nicht
       erreichen, wenn ihr diese Chance nicht ergreift“, blies die unverheiratete
       und kinderlose Park vor Frauen auch selbst in dieses Horn. Ihre Gegner
       sagen, sie sei nur biologisch weiblich, getan für Frauen habe sie bisher
       nichts.
       
       Beide Kandidaten versprachen im Wahlkampf, die Übermacht der Konglomerate
       zu begrenzen. Keine Rede kam ohne das Schlagwort der „wirtschaftlichen
       Demokratisierung“ aus, das auf die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich
       in Korea verweist.
       
       ## Die Macht der Konzerne
       
       Die zehn größten Industriegruppen erzeugen knapp 80 Prozent der
       Wirtschaftsleistung. Nach Ansicht vieler Südkoreaner haben die
       Firmengiganten das Wirtschaftswunder zwar geschaffen. Aber inzwischen
       vergrößerten sie das Wohlstandsgefälle und missbrauchten ihre Marktmacht.
       
       So nähmen Giganten wie Samsung aufmüpfigen Lieferanten, die etwa eine
       höhere Bezahlung verlangten, erst die Aufträge ab und kauften sie dann
       billig auf.
       
       Moon will daher die Macht der Chaebol brechen, und auch Park will die
       Großkonzerne zu „mehr sozialer Verantwortung“ zwingen. Doch viele
       Südkoreaner glauben beiden nicht.
       
       18 Dec 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Martin Fritz
       
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