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       # taz.de -- Computermagazin „WASD“: Krieg und Spiele
       
       > Das alternative Computermagazin „WASD“ will den Games-Journalismus à la
       > Warentest beenden und Geschichten erzählen. Luft nach oben ist da noch.
       
   IMG Bild: Illustration aus dem „Philadelphia Inquirer“ von 1942, mit der WASD die Games-&-Politik-Strecke bebildert.
       
       „Oft liest sich deutscher Gamesjournalismus noch so, als würden dort
       Staubsaugerroboter getestet“, sagt Christian Schiffer. Und bringt damit
       eine zuletzt häufig geäußerte Kritik auf den Punkt.
       
       Während Computerspiele in Sachen Umsatz und Verbreitung seit Jahren andere
       Branchenzweige der Unterhaltungsindustrie einkassieren, verläuft ihre
       Emanzipation zum Kultur- und Feuilletongut schleppend. Nicht zuletzt, weil
       der Mainstream-Spielejournalismus bis heute sehr technisch und deskriptiv
       geblieben ist und die Frage vernachlässigt, was die Spiele eigentlich über
       uns aussagen – und was sie mit uns machen.
       
       Also hat Christian Schiffer etwas dagegen getan. Im Sommer erschien die
       erste Ausgabe der WASD, die der freie Radiojournalist („Zündfunk“) in
       seiner Freizeit produziert hat, mithilfe von vielen freien Autoren. Seit
       Donnerstag liegt das zweite Heft vor.
       
       Die WASD will anders sein: „ohne Prozentwertungen, ohne Tabellen, ohne
       Stiftung-Warentest-Attitüde und Spielspaßgraphen“, heißt es in der
       Selbstbeschreibung. Im Taschenbuch-Format, auf edlem Munken-Papier
       gedruckt, mit einer aufgeräumten grafischen Anmutung und einem Preis von
       14,50 Euro ist sie eher Buch als Magazin. „Bookzine“ nennt Schiffer das.
       
       ## Keine Stiftung Spieletest
       
       Die zweite Ausgabe hat „Select System – Games und Politik“ als Schwerpunkt:
       Es geht um die Kooperationen von Spieleindustrie und Militär. Es geht um
       die Frage, ob man in Politsimulationen überhaupt moralisch handeln kann –
       etwa anhand des Spiels „Hidden Agenda“ von 1988, in dem man den Machthaber
       eines kleinen Staates spielt und infolge von massiver US-Gegenpropaganda
       bald verwerfliche Entscheidungen treffen muss, wenn man sich an der Macht
       halten will.
       
       Es geht um den Shitstorm gegen die Bloggerin Anita Sarkeesian, die Sexismus
       in der Gamerszene thematisiert hatte, und es gibt ein Interview mit den
       Machern der GaymerCom, einer schwulen Spielemesse. Dazu kommen – das dann
       schon – einige Spielevorstellungen und im hinteren Teil eine „Spielwiese“
       mit allgemeinen Texten.
       
       Den eigenen Anspruch, auch ein Magazin für Nicht-Gamer zu sein, erfüllt die
       WASD bei alldem allerdings nur bedingt. Schon der Titel ist ein Code, er
       steht für die typische Buchstabenkombination von Computerspielen mit
       Tastatursteuerung. Und auch sonst versuchen die Autoren nicht großartig,
       den Einsteigerleser mitzunehmen. Die Texte sind meist essayistisch, oft mit
       persönlichen Erfahrungen und Erinnerungen an erste Spielerfahrungen, immer
       um kluge Gedanken bemüht (mal gelingt das, mal wirkt es aufgesetzt) und
       sich in ihrer Form recht ähnlich.
       
       Was auch der wesentlichste Kritikpunkt an WASD ist: In Sachen Komposition
       und Rhythmus ist noch viel Luft nach oben. Viele ähnliche Texte folgen ohne
       erkennbares Muster aufeinander, es kommt mehrfach zu
       Themenüberschneidungen.
       
       ## Zwei Level geschafft
       
       Ein längerer Leitartikel, Kolumnen oder andere kleinteilige Elemente würden
       dem Heft guttun, dafür könnte man sich die ausgedachten Interviews mit
       Barack Obama und Bowser, einer Figur aus den „Super Mario“-Spielen, gerne
       sparen. Wenngleich die aktuelle Ausgabe eine deutliche Steigerung zur noch
       bestellbaren ersten darstellt. Dort ging es unter dem Motto „Tasty Trash“
       um besonders schlechte Computerspiele, die ja eigentlich doch nicht
       schlecht sind – was eine lustige Idee für einen Text ist, aber eben nicht
       für ein Dutzend.
       
       1.200 Exemplare des ersten Heftes wurden bisher verkauft, bei 3.000 liegt
       die Auflage der zweiten Ausgabe, für die erstmals Autorenhonorare gezahlt
       wurden. Das Risiko der Produktionskosten trägt Schiffer dennoch allein, der
       Vertrieb läuft händisch, per Onlinebestellung und Postversand.
       
       Werbung gibt es nicht. „Der Spielejournalismus der Zukunft testet nicht,
       sondern erzählt Geschichten über die wirtschaftlichen, gesellschaftlichen
       und popkulturellen Zusammenhänge der Gameskultur“, so Schiffer. Zwei Level
       hat er schon geschafft.
       
       18 Dec 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Michael Brake
       
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