URI: 
       # taz.de -- Kommunikationskonferenz in Dubai: Glücklich gescheitert
       
       > In Dubai ging die Weltkonferenz zur internationalen Telekommunikation zu
       > Ende. Die Freiheit des Internets bleibt unberührt.
       
   IMG Bild: You say Goodbye and I say Hello – Die WCIT in Dubai ist zu Ende gegangen.
       
       Die Abfuhr war diplomatisch formuliert, aber deutlich. Mit großem Bedauern,
       stellte der US-Botschafter bei der Weltkonferenz der internationalen
       Telekommunikation (WCIT) am letzten Abend der Konferenz fest, seien die USA
       dazu gezwungen, den bei der Konferenz entstandenen Vertrag nicht
       mitzuzeichnen.
       
       Schon vor Wochen hatten die USA klargestellt: Die Internationale
       Fernmeldeunion (ITU), eine UN-Unterorganisation, solle weiterhin aus allen
       direkt das Internet betreffenden Dingen herausgehalten werden. Als durch
       einen Verfahrenstrick plötzlich doch ein Internetbezug in
       Konferenzdokumente rutschte, war die rote Linie überschritten – und die USA
       wie auch der gesamte Block der westlichen Demokratien hatte einen
       willkommenen Anlass gefunden, die Konferenz für gescheitert zu erklären.
       
       Die ITU ist ein mächtiger Player. Fast 800 Angestellte arbeiten für sie, an
       technischen Regularien; die Organisation hat knapp 200 Mitgliedsstaaten.
       Dass das Internet auch Telekommunikationsstrukturen mitnutzt oder diese
       heute über das Internet stattfinden, ist unbestritten.
       
       ## Das Internet sitzt in den USA
       
       Doch wer und wie die technische Hoheit über das Netz insgesamt ausüben
       soll, ist sehr wohl umstritten: derzeit regiert das Internet ein
       sogenannter Multi-Stakeholder-Prozess. Die westlichen Demokratien,
       insbesondere die Wirtschaft, dominieren faktisch diesen Prozess. Staaten,
       Wissenschaft und Zivilgesellschaft nehmen ebenfalls teil. Verschiedene
       Institutionen verwalten Namen und Nummernräume für das Netz und definieren
       Regeln. Meistens sitzen diese Institutionen in den USA und sind damit
       zumindest theoretisch durch nationales Recht beeinflussbar. Bislang wurde
       in diesem Konstrukt jedoch ein freies und offenes Internet weitgehend
       bewahrt.
       
       Als die ITU 1988 zuletzt eine Weltkonferenz der internationalen
       Telekommunikation einberief, war das Internet irrelevant. Das WWW als heute
       populärster Dienst im Internet war noch nicht einmal erfunden. Heute hängt
       die ganze Welt am Draht. Dass technische Macht auch politische Macht ist,
       haben aber nicht nur westliche Staaten erkannt: China, Iran, Russland, aber
       auch der Gastgeber der WCIT, die Vereinigten Arabischen Emirate,
       interessieren sich zunehmend für Fragen der technischen Regulierung.
       
       ## Erst mal nach Hause
       
       Der Generalsekretär der ITU, Hamadoun Touré, wies am Freitag in seinem
       Abschlussstatement alle Kritik an der Konferenz zurück: Man habe viel
       Positives erreicht. Dass die ITU das Internet regieren wolle, sei ein
       Märchen: „Es gibt keine Bestimmungen zum Internet im Vertragstext.“
       Ausschließlich in den Anhängen sei eine unverbindliche Resolution
       enthalten.
       
       Zwar will der Großteil der Teilnehmerländer der WCIT den Vertrag
       unterzeichnen, doch unter Führung der USA haben sich fast alle dem Westen
       zuzurechnenden Länder, auch die Bundsrepublik, dazu entschieden, erst
       einmal wieder nach Hause zu fahren und zu prüfen, ob man denn überhaupt
       eines Tages mitzeichnen würde.
       
       Ob das aber an dem eher losen Internetbezug in dem Dokument lag? Der
       US-Politikprofessor Milton Mueller glaubt, dass die Ablehnung durch die USA
       wegen einer ganz bestimmten Formulierung erfolgt ist. Nach deren Wortlaut
       müsse der Zugang zu Dienstleistern der Kommunikationsnetze stets möglich
       bleiben. Genau diesen Zugang zu verwehren gehörte bisher immer auch zum
       Repertoire von Sanktionen, mit denen der Westen gern droht.
       
       14 Dec 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Falk Lüke
       
       ## TAGS
       
   DIR Dubai
   DIR Internet
   DIR UN
   DIR EU
   DIR Google
   DIR EU-Parlament
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Treffen der Fernmeldeunion: Leibesvisitation für das Internet
       
       Heimlich hat die UN-Fernmeldeunion einen Standard zur Durchsuchung von
       Daten im Netz verabschiedet. Die Details wurden durch eine Panne bekannt.
       
   DIR Treffen der UN-Fernmeldeunion: Das Netz spaltet die Welt
       
       Auf dem UN-Treffen zur Telekommunikation gibt es wie erwartet Streit um
       eine größere staatliche Regulierung des Netzes. Nun soll sich ein Ausschuss
       damit beschäftigen.
       
   DIR Weltkonferenz zur Telekommunikation: Schach dem freien Internet
       
       Wie viel Einfluss darf eine UN-Behörde auf das bisher nicht-staatlich
       kontrollierte Internet haben? Und soll Google für den Netzausbau zahlen?
       Darüber wird in Dubai verhandelt.
       
   DIR Fernmeldeunion will Internet regulieren: Netztechnokraten unter sich
       
       Auf der Konferenz der Internationalen Fernmeldeunion wird diskutiert, ob
       Regierungen das Internet verwalten sollen. Google organisiert eine Kampagne
       dagegen.