URI: 
       # taz.de -- Ökonom über Wissenschaftsjahr: „Nachhaltigkeit als Kompass“
       
       > Das Wissenschaftsjahr 2012 hat auch bei den großen
       > Forschungsorganisationen Lernprozesse angestoßen. Das meint zumindest Uwe
       > Schneidewind vom Wuppertal Institut.
       
   IMG Bild: Tischschmuck bei der Eröffnung des Wissenschaftsjahres „Zukunftsprojekt Erde“.
       
       taz: Herr Schneidewind, das Wissenschaftsjahr „Zukunftsprojekt Erde“ des
       Bundesforschungsministeriums hat ein Jahr lang den Rahmen für zahlreiche
       Diskussionen und Veranstaltungen zum Thema Nachhaltigkeit in der
       Wissenschaft gebildet. Was bleibt? 
       
       Uwe Schneidewind: Eine Menge, denke ich. Der Wissenschaftsrat hat eine
       Arbeitsgruppe eingerichtet, die nächstes Jahr ihren Bericht mit
       Empfehlungen präsentieren wird. Besonders losgelegt haben die Länder:
       Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen verabschieden Rahmenprogramme,
       die Nachhaltigkeit als Kompass für Wissenschaftspolitik festschreiben.
       
       Ist denn Nachhaltigkeit auch Thema bei den großen Forschungsgesellschaften? 
       
       Hier ist mehr passiert als erhofft. Zum Beispiel hat die Leopoldina, die
       nationale Akademie der Wissenschaften, Vertreter zivilgesellschaftlicher
       Plattformen eingeladen, um mit ihnen über Beteiligungsmöglichkeiten zu
       diskutieren. Auch die Acatech, die Akademie für Technikwissenschaften,
       diskutiert die Frage neu, wie große gesellschaftliche Herausforderungen
       gelöst werden müssen. Da hat das Wissenschaftsjahr wichtige Lernprozesse
       angestoßen.
       
       Klingt sehr weihnachtlich … herrscht nur Frieden zum Jahresende? 
       
       Na ja, da gibt es schon unterschiedliche Temperamente. Die
       Helmholtz-Gemeinschaft hat viel Furore gemacht mit ihrem Perspektivpapier
       2020, in dem sie sich und ihre Forschungsagenda als Integrator für
       Nachhaltigkeitsthemen ausgerufen hat. Themen wie Klimawandel und
       Energieforschung, Gesundheit oder Demografie will Helmholtz koordinieren.
       Das hat Irritationen ausgelöst. Denn das Papier schreibt den klassischen
       Modus fest, „Big Science“, technologiefixiert. Gerade für die großen
       Herausforderungen der Zukunft brauchen wir aber eher Netzwerke von
       verschiedenen Institutionen, die nah an der Zivilgesellschaft dran sind.
       
       Wenn die großen Tanker in der Wissenschaft sich jetzt der Zivilgesellschaft
       öffnen, wo ist dann der Platz für die kleineren Institute? 
       
       In diesem Jahr ist doch ganz deutlich geworden, welch wichtige
       Schlüsselfunktion die Pionierinstitutionen haben. Sie zeigen, wie Forschung
       aussehen kann, die technologisch und sozialwissenschaftlich
       fächerübergreifend arbeitet. Das muss jetzt weiter ins System diffundieren.
       
       Sind denn auch die Pioniere in den großen, finanziell attraktiven Projekten
       wie der Plattform Elektromobilität, in der Elektroautos erforscht und
       marktreif gemacht werden sollen, vertreten? 
       
       Klar, aber trotzdem sind diese Programme zu technologieorientiert, sie
       fokussieren zu stark auf die Industrie, und die Zivilgesellschaft bleibt
       draußen. Das ist das Problem. Wenn wir hier zu tragfähigen Lösungen kommen
       wollen, brauchen wir eine stärkere Ausrichtung an Problemlagen. Schließlich
       hat die Energiewende nicht nur mit neuen Technologien zu tun, sondern
       erfordert auch neue Geschäfts- oder Beteiligungsmodelle. Und unsere
       Mobilitätsprobleme werden wir nicht nur durch Elektroautos lösen können.
       Dank des Nachhaltigkeitsjahres hat sich das inzwischen auch in der
       Wissenschaft herumgesprochen.
       
       14 Dec 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Heike Holdinghausen
       
       ## TAGS
       
   DIR Wissenschaft
   DIR Nachhaltigkeit
   DIR Energiewende
   DIR Nachhaltigkeit
   DIR Studie
   DIR Energiewende
   DIR Bachelor
   DIR Energiewende
   DIR Artenvielfalt
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Wissenschaftsjahr 2015 eröffnet: Der ökologische Umbau der Städte
       
       „Zukunftsstadt“ ist das Thema des Wissenschaftsjahrs. Die Forschung soll
       zeigen, was sie zum Bau von nachhaltigen Städten beizutragen hat.
       
   DIR Studie zu Elektroautos: Frauen unter Strom
       
       Die Uni Bochum untersucht das Verhalten von Elektroauto-Fahrern im Alltag.
       Frauen sind öfter zufrieden als Männer. Beim Urlaub herrscht Skepsis vor.
       
   DIR Altmaier und Rösler zur Energiewende: Zwei, die Öko-Engel mimen
       
       Bei der Energiewende bemühen sich Umwelt- und Wirtschaftsministerium nach
       außen um Frieden. Und vertagen alle Streitfragen.
       
   DIR Debatte Bologna-Reform: Die Bachelorlüge
       
       Noch immer ist der Bachelor verhasst. Dabei bietet die Bologna-Reform die
       große Chance, die Hochschulen gerechter zu machen.
       
   DIR Studie zur Energiewende: Es ist der Verbrauch, Dummkopf
       
       Ein Bericht zur weltweiten Transformation der Versorgung mit Strom und
       Wärme setzt vor allem auf Effizienz. Und stellt fest: Die Technologie ist
       vorhanden.
       
   DIR Schüler gehen auf die Straße: "Weil man uns die Bildung klaut"
       
       Mehr Geld für Bildung forderten rund 3.000 Demonstranten. Jens Böhrnsen
       erklärte, 20 Millionen werde es nicht geben, wohl aber "eine Schippe
       drauf".
       
   DIR Neue Arten in Deutschland: Fauna mit Migrationshintergrund
       
       Fast alle der über 800 neuen Tier- und Pflanzenarten, die sich in
       Deutschland angesiedelt haben, sind harmlos. Manche gefährden jedoch das
       Ökosystem.