# taz.de -- Korruption in Deutschland: Bestechen leicht gemacht
> Im Vergleich zu anderen Ländern ist Deutschland nicht bis in die Knochen
> korrupt. Doch jährlich gibt es mehr als tausend Straftaten in dem
> Bereich.
IMG Bild: Am 9.Dezember ist Welt-Anti-Korruptionstag. Um Deutschland steht es im Vergleich zu anderen Ländern nicht schlecht.
BERLIN taz | Wer auf deutschen Straßen zu schnell fährt und von der Polizei
angehalten wird, kann die Beamten in der Regel nicht mit einer Handsalbung
milde stimmen. Auch die MitarbeiterInnen der Finanzämter neigen nur in
Ausnahmefällen dazu, die Steuerzahlung gegen Bestechungsgeld zu reduzieren.
Trotz der neuen Nachrichten über den Verkauf vertraulicher Informationen
aus dem Bundesgesundheitsministerium lautet der Befund: Deutschland ist
kein bis in die Knochen korruptes Land.
Im Vergleich steht Deutschland ganz gut da. Im Korruptionswahrnehmungsindex
der Organisation Transparency International kommen wir auf Platz 13 –
hinter Staaten wie Dänemark, Finnland, der Schweiz und Kanada, die noch
sauberer sind. Auf dem 174. und letzten Platz rangieren gemeinsam die
Vorhöllen Afghanistan, Nordkorea und Somalia.
Aber ungerechtfertigte Einflussnahme gibt es auch hierzulande. Die beginnt
unter den schätzungsweise 5.000 Lobbyisten allein in Berlin, von denen
manche die Politiker abseits offener, demokratischer Verfahren für ihre
Interessen einspannen wollen. Und sie endet in nicht wenigen Fällen dort,
wo öffentliche Aufträge und Informationen ver- und gekauft werden.
„Korruption ist der Missbrauch anvertrauter Macht zum privaten Nutzen oder
Vorteil“, sagt Edda Müller, die Deutschlandvorsitzende der
Antikorruptionsorganisation Transparency. Meist geht damit ein Schaden für
die Allgemeinheit einher – beispielsweise in Form des Verlusts von
Vertrauen der Bürger in ihren Staat oder als wirtschaftlicher Verlust zu
Lasten der Steuerzahler.
## Mehr als tausend Ermittlungsverfahren wegen Korruption
Dabei geht es um Fälle wie die Bezahlung von Edelreisen für Betriebsräte
bei VW, schwarze Siemens-Kassen, Zahlungen von Waffenkonzernen an Politiker
und den illegalen Kauf von Bauaufträgen der Bahn AG.
Für 2010 weist das „Bundeslagebild Korruption“ des Bundeskriminalamtes
1.813 Ermittlungsverfahren wegen Korruption aus. Dahinter verbergen sich
15.746 einzelne Straftaten. Den „monetären Vorteil“ derjenigen, die unter
anderem Bestechungszahlungen annahmen, beziffert das BKA auf 96 Millionen
Euro. Der finanzielle Vorteil aufseiten der Geber belief sich dagegen auf
128 Millionen Euro. Laut Kriminalamt haben die illegalen Aktivitäten
Schäden in Höhe von 176 Millionen Euro verursacht. Dies sei aber nur ein
„Anhaltspunkt“, schreiben die Ermittler. Die Dunkelziffer dürfte
beträchtlich sein.
Die bekannten Korruptionsfälle von 2010 spielten sich unter anderem in der
Baubranche ab. Der Lagebericht 2011 des Landeskriminalamts von
Nordrhein-Westfalen verzeichnet beispielsweise Verfahren wegen Betrugs und
Bestechlichkeit bei Bauprojekten des Landes. Weitere Fälle kamen bei einem
Automobilhersteller, der Britischen Rheinarmee und dem TÜV vor. Als
Branchen, in denen der verdeckte Lobbyismus groß sei, nennt Ulrich Müller,
Geschäftsführer von Lobbycontrol, das Gesundheitswesen, Automobilbau,
Energie, Rüstung und Finanzkonzerne.
Für die Transparency-Vorsitzende Edda Müller sind diese Fälle ein Beleg
dafür, dass die Politik trotz allem zu wenig gegen Korruption unternehme.
Bei manchen Politikern erkennt sie Mangel an Neutralität und Bereitschaft,
die Anliegen schwacher, finanziell schlecht ausgestatteter
Bevölkerungsgruppen genauso wichtig zu nehmen wie die Wünsche starker
Interessengruppen.
13 Dec 2012
## AUTOREN
DIR Hannes Koch
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