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       # taz.de -- Referendum in Ägypten wird gesplittet: Was will das Volk?
       
       > Nach tagelangen Massenprotesten gegen Präsident Mursi soll das Referendum
       > nun an zwei Tagen stattfinden. Die Opposition lehnt den Entwurf als
       > „islamistisch“ ab.
       
   IMG Bild: Auch still wird gegen Präsident Mursi demonstriert: Diese Familie fordert auf Plakaten „Keine Verfassung“.
       
       KAIRO afp/rtr | Das umstrittene Verfassungsreferendum in Ägypten soll statt
       an einem Tag nun in zwei Runden abgehalten werden. Das Referendum werde am
       15. und am 22. Dezember stattfinden, statt wie bislang geplant nur am 15.
       Dezember, berichtete das ägyptische Staatsfernsehen am Mittwoch unter
       Berufung auf eine entsprechende Entscheidung der Wahlkommission.
       
       Die Opposition lehnt den von der Verfassungsversammlung geschriebenen
       Entwurf ab, weil dieser die Handschrift der in der Versammlung
       dominierenden Islamisten trägt.
       
       Zuvor hatte das ägyptische Militär nach tagelangen Massenprotesten für
       Mittwoch zu einem Dialog der nationalen Einheit aufgerufen. Armeechef und
       Verteidigungsminister Abdel Fattah al-Sisi habe hierzu Vertreter aller
       gesellschaftlichen Gruppen eingeladen, sagte ein Armeesprecher am Dienstag.
       Sisi selbst erklärte am Dienstagabend im Fernsehen, vorrangig solle es
       darum gehen, das Volk zu einen.
       
       Über konkrete Fragen der Politik wie etwa das umstrittene
       Verfassungsreferendum solle dagegen nicht gesprochen werden. An dem Treffen
       mit Sisi werde auch Präsident Mohammed Mursi teilnehmen, hieß es in
       Militärkreisen. Die Opposition wollte über eine Teilnahme erst noch
       entscheiden. Vier Tage vor der Volksabstimmung über den Verfassungsentwurf
       spitzte sich die Lage in Ägypten weiter zu.
       
       ## „Wir werden uns als Ägypter zusammensetzen“
       
       Das geplante Referendum ist der Hauptstreitpunkt zwischen Anhängern und
       Gegnern Präsident Mursis. Die Opposition kritisiert, dass der
       Verfassungsentwurf eine islamistische Handschrift trage und mit zu großer
       Eile durchgepeitscht werde. Doch auch über die Volksabstimmung solle nicht
       gesprochen werden, sagte Armeechef Sisi im Fernsehen. „Wir werden uns als
       Ägypter zusammensetzen“, betonte er. Das Gespräch wurde für 15.30 Uhr
       angesetzt. Das wichtigste Oppositionsbündnis erklärte, es habe noch keine
       Einladung der Armee erhalten. Sollte diese aber eingehen, würde am
       Mittwochvormittag darüber entschieden.
       
       Ein Berater Mursis sagte, der Präsident unterstütze die Aufforderung des
       Militärs zum Dialog. Die Muslimbruderschaft sagte ihr Kommen zu und
       betonte, es wäre unangemessen der von Mursi mitgetragenen Einladung nicht
       zu folgen. Die Muslimbrüder hatten Mursi bei den Wahlen im Juni zum Sieg
       verholfen.
       
       Am Dienstag versammelten sich Tausende vor dem Präsidentenpalast, an dessen
       Wänden Graffiti mit Anti-Mursi-Parolen prangt. Rund um eine nahegelegene
       Moschee kam eine noch größere Gruppe von Islamisten zusammen, die hinter
       Mursi stehen. Auch in Ägyptens zweigrößter Stadt Alexandria gingen Tausende
       rivalisierende Demonstranten an verschiedenen Orten auf die Straße. Mursis
       Anhänger riefen: „Das Volk will die Einführung des islamischen Rechts.“
       Seine Gegner skandierten: „Das Volk will das Regime stürzen.“
       
       Vergangene Woche war es bei Protesten gegen mittlerweile aufgehobene
       Machtdekrete Mursis zu Straßenschlachten gekommen. Sieben Menschen wurden
       getötet, Hunderte verletzt. Am Dienstag wurden neun Menschen verletzt, als
       Unbekannte in Kairo auf oppositionelle Demonstranten schossen. Augenzeugen
       und ägyptische Medien berichteten, auf dem zentralen Tahrir-Platz hätten
       mehrere, zum Teil vermummte Angreifer zudem Brandsätze geworfen.
       
       12 Dec 2012
       
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