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       # taz.de -- Streit der Woche: „Verpflichtung für die Zukunft“
       
       > Der Friedensnobelpreis ist ein Ansporn für die EU, findet Wolfgang Grenz.
       > Die Auszeichnung ist absurd, entgegnet Sahra Wagenknecht.
       
   IMG Bild: Flaggen vor dem EU-Hauptquartier in Brüssel.
       
       Am Montag wird in Oslo der Friedensnobelpreis an die EU verliehen. Die
       Würdigung polarisiert: Einige wichtige Politiker werden der Zeremonie
       fernbleiben, zum Beispiel der britische Premierminister David Cameron. Er
       hat jeden Kommentar über den Preis vermieden. Tschechiens Staatspräsident
       Václav Klaus hingegen nennt die Preisverleihung an die EU gar einen
       „Scherz“ und einen „tragischen Irrtum“.
       
       Sahra Wagenknecht, die stellvertretende Vorsitzende der Linkspartei,
       kritisiert die Auszeichnung in einem Gastbeitrag für den „Streit der Woche“
       der aktuellen sonntaz: „Die EU als Friedensprojekt zu ehren, führt die Idee
       des Friedensnobelpreises ad absurdum", schreibt sie. Die EU profitiere von
       der Ausplünderung von Rohstoffen und schotte sich gegen die Opfer ihrer
       Politik ab: „Allein 2011 ertranken 1500 Flüchtlinge im Mittelmeer“ – nicht
       die besten Bedingungen für einen Friedenspreis.
       
       Aber auch rechtliche Bedenken sprechen gegen die Verleihung des Preises an
       die EU, schreibt der norwegische Jurist Fredrik Heffermehl, Autor des
       Buches „The Nobel Peace Price. What Nobel Really Wanted“. Er kritisiert:
       „Die EU ist keiner der ,Friedensverfechter', die Alfred Nobel in seinem
       Testament beschrieb.“ Die EU setze sich nicht für Alfred Nobels Ideal einer
       entmilitarisierten „Völkerverbrüderung“ ein. „Es ist schlicht rechtswidrig,
       die von Nobel genau beschriebene Friedensvision zu ignorieren und den Preis
       in einen generellen Friedenspreis umzudefinieren.“
       
       Die Verfechter der Auszeichnung hingegen betonen vor allem den langen
       Frieden in Europa: „Die europäische Integration hat großen Anteil daran,
       dass meine Generation Krieg eigentlich nur vom Hörensagen und vom
       Geschichtsunterricht her kennt", sagt Christoph Schmidt, einer der fünf
       Wirtschaftsweisen Deutschlands.
       
       Wolfgang Grenz, Generalsekretär von Amnesty International Deutschland,
       findet, „die EU hat den Friedensnobelpreis verdient, wenn sie ihn als
       Verpflichtung für die Zukunft versteht.“ Die EU habe für ihre Außenpolitik
       „eine beeindruckende Menschenrechtsstrategie“ beschlossen. Die müsse sie
       jetzt konsequent umsetzen. „Bisher geben die EU-Staaten ihre
       menschenrechtlichen Ziele zu schnell auf, wenn Wirtschafts- oder
       Sicherheitsinteressen im Spiel sind.“
       
       Die sonntaz-Frage „Hat die EU den Nobelpreis wirklich verdient?“
       beantworteten außerdem Rebecca Harms, Europa-Abgeordnete der Grünen,
       Presley Antoine, Taxiunternehmer und Botschafter der Initiative „Ich will
       Europa“, die serbische Künstlerin Tanja Ostojić, die russische Aktivistin
       Swetlana Gannuschkina, die sich für Flüchtlinge engagiert, und Bernd
       Kasparek vom Netzwerk für kritische Migrations- und Grenzregimeforschung.
       Die vollständigen Antworten sind in der sonntaz vom 8./9. Dezember zu
       lesen.
       
       8 Dec 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Kiener
       
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