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       # taz.de -- Netanjahu-Besuch in Deutschland: Ein Streit unter Freunden
       
       > Die Stimmung zwischen Merkel und Netanjahu ist gespannt. Merkel
       > kritisiert den Siedlungsbau, beteuert aber die deutsche Freundschaft zu
       > Israel.
       
   IMG Bild: Hinter der Fassade brodelt es: Zwischen Merkel und Netanjahu herrscht Uneinigkeit über den israelischen Siedlungsbau
       
       BERLIN taz | Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich von der
       Siedlungspolitik Israels distanziert. „In der Siedlungsfrage sind wir uns
       einig, dass wir uns nicht einig sind“, sagte sie am Donnerstag nach einem
       Gespräch mit Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu in Berlin.
       
       Auf die Frage, ob Deutschland Konsequenzen wegen dieses Streits erwäge,
       sagte Merkel: „Ich bin niemand, der droht.“ Merkel und Netanjahu
       versicherten sich gleichzeitig ihre Wertschätzung füreinander. Deutschland
       und Israel arbeiteten tiefgehend und freundschaftlich zusammen, sagte die
       Kanzlerin.
       
       Israel steht seit Tagen international in der Kritik. Anlass ist die
       Ankündigung der israelischen Regierung, 3.000 Wohnungen im Westjordanland
       und in Ost-Jerusalem zu bauen. Auch über 1.600 weitere Wohneinheiten werde
       nachgedacht, hieß es. Die Pläne wurden kurz nach der Abstimmung in der
       UN-Vollversammlung am Freitag bekannt gegeben, mit der die
       Palästinensergebiete zum UN-Beobachterstaat aufgewertet wurden.
       
       Bereits am Montag hatte Regierungssprecher Steffen Seibert diese
       Ankündigung ungewöhnlich deutlich als „negative Botschaft“ bewertet, mit
       der Israel „das Vertrauen in seine Verhandlungsbereitschaft“ untergrabe.
       Neue Siedlungen seien auf dem Weg zu einer friedlichen Zwei-Staaten-Lösung
       wenig hilfreich, findet auch Merkel.
       
       Die Kanzlerin und Netanjahu bemühten sich, den Dissens nicht allzu wichtig
       erscheinen zu lassen. Merkel wiederholte ihren Satz, dass die Sicherheit
       Israels Teil der deutschen Staatsräson sei. Ebenso betonte sie, dass in den
       Kämpfen zwischen Israel und der Hamas Ursache und Wirkung nicht
       durcheinandergebracht werden dürften. „Ausgangspunkt“ sei der
       Raketenbeschuss Israels durch die Hamas gewesen, sagte Merkel. Netanjahu
       duzte Merkel, was Ausdruck enger Verbundenheit sein dürfte. „Ich habe keine
       Zweifel, wie tief deine Verpflichtung zur Sicherheit Israels ist.“
       
       ## Ost-Jerusalem für die Palästinenser
       
       Dennoch sind die deutsch-israelischen Beziehungen derzeit angespannt, und
       sie werden es auch nach dem Besuch Netanjahus und Teilen seines Kabinetts
       in Berlin bleiben. Das Gebiet, in dem die Siedlungen entstehen sollen, ist
       brisant. Die zwölf Quadratkilometer große Zone E1 liegt östlich von
       Jerusalem, und sie ragt in eine schmale Stelle des Westjordanlands hinein.
       
       Stünden in der kargen Landschaft israelische Siedlungen, würde der Zugang
       ins arabische Ost-Jerusalem erschwert und das Westjordanland – der künftige
       Staat Palästina – nahezu in zwei Hälften geteilt. Ost-Jerusalem wollen die
       Palästinenser zur Hauptstadt machen. Merkel und ihre Berater empfinden die
       Pläne deshalb als Eskalation in dem Dauerkonflikt.
       
       Netanjahu wiederum hat die deutsche Haltung in der UN-Vollversammlung
       verdrossen. Diese hatte am vergangenen Donnerstag mit großer Mehrheit
       entschieden, Palästina innerhalb der Vereinten Nationen zum Beobachterstaat
       aufzuwerten, was zum Beispiel die Mitarbeit in Ausschüssen und ein
       Rederecht bedeutet. Deutschland hatte sich enthalten. Netanjahu erklärte
       vor seinem Berlin-Besuch, er sei enttäuscht über dieses Stimmverhalten – so
       wie viele in Israel. Aus seiner Sicht wirft die Aufwertung Palästinas den
       Friedensprozess zurück.
       
       6 Dec 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ulrich Schulte
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