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       # taz.de -- Kolumne Weltklimagipfel Doha: Ganz große Nummer
       
       > Wie man mit falschen Zahlen viel Wahres sagen kann. Und umgekehrt. Da
       > verheddern sich auch schon mal die Groß-schnell-weit-Denker Deutschlands.
       
       Das Plakat war knallrot und für eine Klimakonferenz viel zu ehrlich: „> 2
       degrees“ verkündete es zum Beginn der Doha-Konferenz am Straßenrand. Mehr
       als zwei Grad Celsius globaler Temperaturanstieg, soweit wird es fast
       sicher kommen, da sind sich inzwischen fast alle Wissenschaftler einig.
       
       Aber das sagt man nicht laut. Und druckt es erst recht nicht auf die
       offizielle Fahne der Klimakonferenz. Weswegen dann auch schnell neue Banner
       gedruckt wurden.
       
       Klima, das heißt jede Menge Physik, Mathe und Politik. Gar nicht so einfach
       alles. Und deswegen schwirren Zahlen, Daten und Fakten quer durch die
       Klimakonferenz und ab und zu verheddern sie sich.
       
       Oder zeigen Freud'sche Verschreiber. So schreit von der Wand der
       Ausstellungshalle ein Plakat „on path“. Auf dem Pfad sind wir aber (siehe
       oben) eher Richtung vier bis fünf Grad und damit stracks in die
       Klima-Apokalypse. Aber das stört zumindest die Aussteller in der „Expo“
       wenig: Die Ölscheichs von Saudi Arabien, Katar und den Vereinigten
       Arabischen Emiraten zeigen darin auf Fußballfeldgröße, wie grün ihre Länder
       sind, die alle anderen als schwarze Löcher wahrnehmen.
       
       Auch Experten sind nicht gegen Zahlendreher gefeit. Pressekonferenz mit dem
       Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) und dem Wissenschaftlichen
       Beirat Globale Umweltveränderung (WBGU), also den Groß-schnell-weit-Denkern
       Deutschlands. Plötzlich ist von einem CO2-Ausstoß von „30 Milliarden
       Gigatonnen“ die Rede. Das liegt mal eben um das Milliardenfache über dem,
       was heute schon schlimm genug ist. Das wird dann schnell korrigiert. Puuh,
       noch mal Glück gehabt!
       
       Aber auch sonst: Lustiger Zahlensalat. Die Oxfam-Kollegin aus Hongkong
       meint, die Entwicklungsländer würden 200 Millionen Dollar fordern. Ach nee,
       es waren 60 Milliarden! Umweltminister Peter Altmaier kämpft manchmal für
       die „3.Kioto-Verpflichtungsperiode“, auch wenn erst die zweite ansteht.
       
       Ohnehin war es schon immer schwer genug, den Amerikanern nahe zu bringen,
       dass zwei Grad (nämlich Celsius) ganz schön viel sind, verglichen mit two
       degrees Fahrenheit. Und ob jetzt den armen Ländern mal 100 Milliarden
       Dollar oder 100 Milliarden Euro versprochen wurden, ach, das kümmert nur
       Krämerseelen.
       
       Beliebt auch, wie letztens wieder auf einer Konferenz des Auswärtigen
       Amtes: Die Zuhörer zu verwirren, indem man mit Tonnen Kohlenstoff (C)
       hantiert statt mit Kohlendioxid (CO2). Sieht auch viel besser aus: Die
       Emissionen sinken plötzlich auf ein gutes Viertel.
       
       Die ultimative Lösung für alle Klimakonferenzen geistert übrigens immer
       wieder durch die Reden von Wissenschaftlern und Politikern: Die
       Promenadenmischung aus der 2-Grad-Grenze für die Erwärmung und dem
       30-Prozent-Ziel weniger Emissionen, das Europa bis 2020 erreichen sollte:
       Das „30-Grad-Ziel“. Endlich etwas, dem sogar die USA zustimmen können.
       
       6 Dec 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernhard Pötter
       
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