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       # taz.de -- Freihandel Lateinamerika und EU: Erleichterungen für Drogenbosse
       
       > Die EU will ein Freihandelsabkommen mit Kolumbien und Peru vereinbahren.
       > Dies könnte der Mafia in die Hände spielen. Linke und Grüne sind dagegen.
       
   IMG Bild: In Lima sichergestelltes Kokain.
       
       BRÜSSEL taz | Bisher schien alles eine Formsache: [1][Am kommenden
       Dienstag] soll das Freihandelsabkommen zwischen der EU und den Andenländern
       Kolumbien und Peru vom Europaparlament abgesegnet werden.
       
       Trotz der Proteste von MenschenrechtlerInnen, Gewerkschaftern oder
       Regenwaldschützern zeichnet sich eine breite Mehrheit für den bereits 2010
       unterzeichneten Vertrag ab. Auch das absehbare Desaster für dort
       beheimatete Kleinbauern bei einer Marktöffnung für Milchprodukte aus der EU
       stößt bei den Abgeordneten kaum auf Interesse.
       
       Linke und Grüne Parlamentarier widersetzen sich dem Mainstream – und führen
       nun eine bemerkenswerte Studie ins Feld. Demnach spricht einiges dafür,
       dass der Drogenmafia durch das Freihandelsabkommen die Geldwäsche erheblich
       erleichtert werden dürfte. Bei den geheim geführten Verhandlungen zwischen
       der EU-Kommission und den Regierungen der beiden weltweit größten
       Kokainproduzenten wurde auf sämtliche Klauseln verzichtet, die bei
       vergleichbaren Abkommen die Geldwäsche von Narcodollars zumindest
       theoretisch erschweren könnten.
       
       „Die Kontrollbehörden werden in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt, und
       es werden nur schwache Empfehlungen ausgesprochen“, weiß die belgische
       Forscherin Myriam Vander Stichele, die ihre Studie am Mittwoch in Brüssel
       vorstellte. Beim parallel ausgehandelten Freihandelsvertrag mit
       Zentralamerika, der ebenfalls vor der Ratifizierung steht, würden hingegen
       eine ganze Reihe von härteren Verpflichtungen und sogar konkrete Maßnahmen
       gegen Geldwäsche, organisierte Kriminalität und Korruption erwähnt,
       insbesondere auf dem Gebiet der transatlantischen Zusammenarbeit.
       
       Für Jürgen Klute von der EP-Linksfraktion sind das „offenbar gezielt
       vorgenommene Abschwächungen“ und somit ein Skandal. „In dieser Form wird
       der Drogenmafia eine breite Schneise geschlagen“, kritisiert Klute.
       Außerdem ärgert sich der deutsche Abgeordnete darüber, dass die Erfahrungen
       der Finanzkrise von 2008 nicht berücksichtigt worden seien: „Während wir
       uns im Parlament für eine striktere Reglementierung der Finanzmärkte
       starkmachen, ist das Abkommen mit Kolumbien und Peru immer noch von dem
       neoliberalen Geist der Neunzigerjahre geprägt.“ Sein grüner Kollege
       Philippe Lamberts pflichtet ihm bei: „Die Finanzlobby ist in der
       EU-Kommission prominent vertreten.“
       
       Der Lateinamerikaexperte Paul-Émile Dupret, wissenschaftlicher Mitarbeiter
       der Linksfraktion, verweist auf die langjährige Zusammenarbeit
       kolumbianischer Drogenkartelle und europäischer Nadelstreifenmafiosi: „Wer
       genau dahinter steckt, wissen wir leider auch nicht, auf jeden Fall sind es
       Leute, die an Geldwäsche und Steuerhinterziehung ein großes Interesse
       haben.“
       
       Myriam Vander Stichele vermutet, dass die Nordamerikanische Freihandelszone
       Nafta den Kartellen in Mexiko die Arbeit erleichtert: „Seit 1994 haben sich
       die illegalen Geldströme vervielfacht.“ Auch in Europa habe sich in den
       letzten Jahren unter transnationalen Unternehmen eine regelrechte
       „Steuerplanungsindustrie“ herausgebildet, sagt Stichele.
       
       6 Dec 2012
       
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