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       # taz.de -- EU verhängt Rekordstrafe: Internationales Bildröhren-Kartell
       
       > Samsung, Philips, Toshiba und andere Konzerne haben laut EU fast zehn
       > Jahre Preisabsprachen für Fernseher- und Computerkomponenten getroffen.
       > Jetzt wird's richtig teuer.
       
   IMG Bild: Samsung produzierte bis 2007 im brandenburgischen Tschernitz Bildröhren.
       
       BRÜSSEL dapd | Millionen Käufer von Fernsehern und Computerbildschirmen
       haben zu viel für ihre Geräte gezahlt, weil ein globales Kartell den Markt
       für Bildröhren unter sich aufteilte.
       
       Die EU-Kommission holte am Mittwoch zum Gegenschlag aus und verdonnerte
       sieben namhafte internationale Firmen zu einer Rekordbuße von 1,47
       Milliarden Euro. „Heute bekommen sie ihre verdiente Strafe“, sagte
       EU-Wettbewerbskommissar Joaqín Almunia in Brüssel. Die Buße ist die
       höchste, die in der EU je gegen ein Kartell verhängt wurde.
       
       Mitgemacht haben Samsung, Philips, LG Electronics, Technicolor, Panasonic,
       die Panasonic-Tochter MTPD, Toshiba und der taiwanische Konzern Chunghwa.
       „Von 1996 bis 2006 trafen diese Unternehmen Preisabsprachen, teilten Märkte
       und Kunden untereinander auf und beschränkten ihre Produktion“, teilte die
       Kommission mit.
       
       Die Bildröhren oder Kathodenstrahlröhren steckten bis zur Einführung der
       Flachbildschirme in fast jedem TV-Gerät oder Computerbildschirm. Die
       Komponenten machen 50 bis 70 Prozent des Preises aus. „Das lässt erahnen,
       welcher Schaden den Verbrauchern entstanden ist“, sagte Almunia.
       
       ## Lehrbuch-Kartell
       
       Philips kündigte umgehend Berufung gegen die Brüsseler Entscheidung an.
       Doch sind sich die Kartellwächter ihrer Sache sicher. Seit 2007 ermittelten
       sie gegen das globale Netzwerk, auch in den USA und Asien laufen Verfahren
       oder wurden schon Strafen verhängt. Es habe sich um ein „Kartell wie aus
       dem Lehrbuch“ gehandelt, sagte Almunia. Die oberste Führungsriege habe in
       „Green Meetings“ die Strategie ausgeheckt – und sich anschließend beim
       Golfspielen entspannt.
       
       In „Glass Meetings“, die teilweise wöchentlich stattfanden, wurden die
       Einzelheiten ausgekungelt. Damit hätten die Manager nicht nur die Kunden
       geprellt, sondern womöglich auch die Einführung der moderneren LCD- und
       Plasma-Technologien gebremst, sagte Almunia.
       
       Der Rechtswidrigkeit ihrer Machenschaften waren sie sich bewusst, wie
       Protokolle der Gespräche zeigen. Manche Unterlagen hätten die Aufforderung
       enthalten: „Folgendes Schriftstück bitte nach Kenntnisnahme vernichten.“
       Mit Betriebsstättenbegehungen wurde minutiös überprüft, dass die illegalen
       Absprachen auch exakt eingehalten wurden.
       
       ## Straffrei dank Kronzeugenregelung
       
       Der Firma Chunghwa wurde die Buße nach der Kronzeugenregelung vollständig
       erlassen, sie hatte als erste in Brüssel ausgepackt. Die höchsten
       Einzelstrafen wurden Philips und LG Electronics aufgebrummt: 313
       beziehungsweise 296 Millionen Euro, zudem 392 Millionen Euro für eine
       Kooperation der beiden. Panasonic erhielt ein Bußgeld von 157 Millionen
       Euro sowie 93 Millionen Euro für Kooperationen mit Toshiba beziehungsweise
       MTPD. Für Samsung sind es 151 Millionen Euro, für Technicolor knapp 39
       Millionen und für Toshiba eine Einzelstrafe von 28 Millionen Euro.
       
       Eine Firma hatte angegeben, die ursprüngliche Buße würde sie in den Ruin
       treiben. Daraufhin senkte Almunia den Betrag. Die Unternehmen können nun
       vor den Europäischen Gerichtshof (EuGH) ziehen, um die Strafen anzufechten
       oder eine Minderung zu erreichen. Die Kommission ermutigte die geschädigten
       Verbraucher und Unternehmen aber auch, vor ihren nationalen Gerichten auf
       Schadenersatz zu klagen.
       
       5 Dec 2012
       
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