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       # taz.de -- Jugendmagazin „Tonic“: Kneipe statt Kiosk
       
       > Das Onlinemagazin „Tonic“ erscheint erstmals gedruckt – trotz Printkrise.
       > Eine Konkurrenz zum übermächtigen Jugendmagazin „Neon“.
       
   IMG Bild: Einen Haufen tote Bäume bedrucken. Ernsthaft?
       
       Am heutigen Dienstag werden sich Fabian Stark und seine Mitstreiter einen
       Wagen organisieren, von Berlin nach Schleswig-Holstein brausen und die
       ersten 3.000 Hefte abholen. Sie bringen Tonic an den Start, ein kluges und
       engagiertes Magazin von jungen Menschen für junge Menschen, das bisher im
       Internet erschien.
       
       „Wir machen Journalismus von der Zielgruppe für die Zielgruppe, für
       Menschen auf der Station zwischen Schule und Berufsleben – und nicht mehr“,
       sagt Stark. Wenn er aus der Druckerei kommt, dann will er sich in seine
       Studentenbude in Berlin-Neukölln setzen und die ersten Hefte eintüten.
       
       Das Editorial verspricht „Heimat, Ausbruch, Zukunft – eine Erzählung in
       drei Akten“. Drogen spielen eine Rolle, wie LSD das Bewusstsein erweitern
       kann zum Beispiel; eine Fotoreportage gibt Einblick in den Jugendknast
       Schleswig; eine Autorin breitet ihre Liebesbeziehung mit drei Menschen aus.
       „Kurz gesagt: Unsere Arbeit war purer Sex“, schreibt Stark gleich zu
       Beginn.
       
       Mit seinen 21 Jahren firmiert Stark als Chefredakteur. Wie sein gutes
       Dutzend Kollegen setzt auch er auf Gedrucktes, mitten in einer Zeit, in der
       das Schimpfwort „Printkrise“ die Runde macht. Das Stadtmagazin Prinz ist
       gerade ein letztes Mal erschienen. Die Financial Times Deutschland folgt an
       diesem Freitag. Geschieht kein Wunder, dann dürfte die Frankfurter
       Rundschau im Januar folgen. Und der Nachwuchs strebt gerade jetzt an, tote
       Bäume zu bedrucken. Ernsthaft?
       
       ## Raus aus dem Internet
       
       „Print ist eben zeitloser und nicht so flüchtig wie das, was wir ins Netz
       stellen“, sagt Stark. Gerade junge Leute hätten „große Lust, etwas
       Gedrucktes in der Hand zu halten“. Sie seien immerhin permanent im Internet
       unterwegs. „Wir wollen da auch mal raus, auch mal etwas Echtes haben,
       etwas, auf das wir uns konzentrieren können.“
       
       Aber gibt es das nicht längst: junge Magazine für junge Leser? Hefte, in
       denen es um Beziehungen, Karrierewahn und Lebensentwürfe geht? Von Titeln
       wie Neon, die sich als „junges Unisex-Magazin“ bezeichnet, fühlen sich
       Stark und Konsorten jedenfalls nicht immer verstanden.
       
       „Einige von uns fühlen sich regelrecht verarscht“, sagt Stark über das
       Erfolgsmagazin aus dem Hause Gruner + Jahr, das mehr als 200.000 Stück pro
       Ausgabe verlegt. Für die etablierten Magazine griffen oft 35- bis
       40-Jährige in die Tasten. „Da werden dann gerne Klischees über die Jugend
       aufgebaut statt wirklich berichtet, was uns bewegt.“
       
       Das, was Neon liefere, sei ihm vor allem: zu weich. Es mangele an
       Authentizität und harten journalistischen Geschichten. „In der Neon geht es
       ja vor allem um happy life“, sagt Stark, der zugleich aber auch von einer
       Hassliebe spricht: „Das Heft wirkt zwar thematisch eingeschlafen,
       überrascht aber ab und an mit guten Reportagen.“
       
       ## Werbefrei und nicht im Kiosk
       
       Mit Tonic treten nun junge Medienmacher in kleinen Schritten an, um eine
       Alternative zu bieten. Bislang ist hier alles ehrenamtlich: Das Heft
       verkaufen sie zu den Druck- und Versandkosten von fünf Euro. Wer mag, der
       kann es [1][online ordern].
       
       In Kiosken wird das Heft, das mindestens zum Start werbefrei sein wird,
       erst einmal nicht ausliegen. Stark will, dass keine Zeit für die Akquise
       von Anzeigenkunden draufgeht. Er sagt aber auch, dass andere im Team sich
       durchaus eine Professionalisierung wünschen.
       
       Bis dahin sucht Tonic eben auf andere Art den Kontakt zum Publikum. Statt
       in den Handel geht das Heft mit seiner Redaktion in mehrere Kneipen. An
       diesem Samstagabend etwa ist „Tonic Release-Soirée“ in Berlin. Es folgen
       München, Essen und Freiburg. „Tonic lesen, Macher treffen, Bier trinken“,
       heißt das Motto. Das klingt erst mal nach großem Vergnügen. Eine Gefahr für
       Neon ist das Projekt so aber noch nicht.
       
       4 Dec 2012
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.tonic-magazin.de/flamme/tonic-das-erste-heft-kommt-363/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Daniel Bouhs
       
       ## TAGS
       
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