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       # taz.de -- Märchenfilme im Fernsehen: Es war einmal und wird bald wieder
       
       > Von „Aladin“ bis „Münchhausen: Immer mehr Märchenverfilmungen drängen ins
       > Fernsehen. Die Rechte kosten nichts, dafür wird teuer produziert.
       
   IMG Bild: Hat Maßstäbe auch für das deutsche Fernsehmärchen gesetzt: Fluch der Karibik mit Johnny Depp.
       
       In vielen Ländern tauchen jetzt verstärkt Märchenstunden im TV-Programm
       auf, etwa in den USA. Dort startete vor einem Jahr „Grimm“ auf NBC. Die
       Serie um Polizisten, die sich in der heutigen Zeit mit den Figuren der
       alten deutschen Volkssagen auseinandersetzen müssen, hat sich in der
       amerikanischen Serienlandschaft als feste Größe etabliert. Bei uns wird sie
       bald auf Vox laufen.
       
       Das moderne US-Märchen „Once upon a time“ wird bereits auf Super RTL
       ausgestrahlt, und das mit respektablen Quoten. Zum 200-jährigen Jubiläum
       des Hausbuches der Brüder Grimm hat die ARD bereits 2011 begonnen, die
       schönsten Märchen verfilmen zu lassen.
       
       Aber deutsche Produzenten schöpfen nicht nur aus der weltberühmten Sammlung
       der beiden Sprachwissenschaftler. So wird beispielsweise zu Weihnachten auf
       der ARD „Münchhausen – Die Geschichte einer Lüge“ als „TV-Event“ mit Jan
       Josef Liefers und Jessica Schwarz in den Hauptrollen ausgestrahlt. Knapp
       fünf Millionen Euro hat der Zweiteiler, den Teamworx produzierte, gekostet.
       
       ## Bekanntes neu erzählen
       
       „Wir werden noch weitere Märchenfilme angehen, weil man sich da kreativ
       austoben kann“, kündigt Münchhausen-Produzent Jochen Laube an. Reinhard
       Beetz arbeitet zurzeit an der Dokumentation über den „Lügen-Baron“, den Ben
       Becker verkörpern wird. Das verstärkte Interesse der Branche an Märchen
       erklärt er so: „Fürs TV sind Stoffe interessant, die einen hohen
       Bekanntheitsgrad haben und doch aus einem neuen Blickwinkel betrachtet
       werden können. Die Lügenmärchen von Münchhausen sind Volkssagen und
       Weltkulturerbe. Aber er bleibt nur lebendig, wenn wir ihn immer wieder neu
       erzählen, neu interpretieren, neu präsentieren.“
       
       Ein weiteres Projekt für das nächste Jahr geht jetzt der Kölner Produzent
       Michael Smeaton an. Mit Mario Adorf als Meister Gepetto wird er aufwändig
       die Geschichte von „Pinocchio“ verfilmen. „Wir haben den Markt beobachtet
       und gesehen, dass solche Geschichten im Trend sind“, sagt auch er,
       „pädagogische Ansätze und eine klare Moral könnten Anreiz für das Publikum
       sein.“ Auch bei der Münchener Beta Film, die die Teamworx-Produktion
       „Münchhausen“ international vertreibt, sind die alten Volkssagen in den
       Fokus gerückt. Denn Geschichten, die jeder kennt und sich als interessant
       bewährt haben, sind im In- und Ausland leicht zu vermarkten.
       
       ## Rechtefreier Stoff
       
       „Märchen sind sowieso der Nukleus für viele Filme der heutigen Zeit, etwa
       das ’Cinderella‘- Motiv“, erklärt Eric Welbers von Beta. Die Münchener
       planen aktuell eine „Aladin“-Verfilmung. Das Märchen-Revival hat in der
       Einschätzung der Medienmacher auch mit den verbesserten Animationstechniken
       zu tun, die mittlerweile kostengünstig zu haben sind. „Für uns ist das eine
       große Herausforderung, weil die Kinder die Messlatte beispielsweise bei
       ’Fluch der Karibik‘ anlegen“, weiß Laube, „man muss sich, was Kostüme und
       visuelle Effekte angeht, an Hollywood-Niveau messen lassen. Und es muss
       schon einen bestimmten Standard haben.“
       
       Dass das Genre für Franchisenehmer markenrechtlich interessant ist, das
       betont der Programmdirektor von Super RTL Carsten Göttel, denn die Rechte
       an den Geschichten kosten nichts: „Und man weiß, dass sie funktionieren.“
       Göttel mutmaßt, dass das Bedürfnis des Publikums nach diesen Geschichten
       einer Verunsicherung der Menschen entspringt, die die Geschehnisse der Welt
       kaum noch einordnen können: „Im Märchen geht es immer um den Kampf zwischen
       Gut und Böse, und beide Kräfte sind stets klar zu erkennen. Alles macht
       Sinn, hat seinen Platz, und am Ende gewinnt das Gute – eine fast heilige
       Ordnung. Damit gestärkt, kehren die Zuschauer zurück in die echte Welt.“
       
       2 Dec 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Wilfried Urbe
       
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