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       # taz.de -- Planung der Stadt: Der City graut vor Phoenix
       
       > Die Grundeigentümer der Harburger Fußgängerzone sehen sich vom
       > Phoenix-Center bedroht. Dass es auch noch erweitert werden soll, wollen
       > sie verhindern.
       
   IMG Bild: In Wirklichkeit leichter zu finden als auf dem Bild: Weihnachtsbeleuchtung in der Lüneburger Straße.
       
       HAMBURG taz | In Harburgs guter Stube hängt ein Schild: „Zahngold-Ankauf –
       auch mit Zähnen“. Nicht jeder möchte so etwas sehen, der am Samstag shoppen
       geht in die Stadt – zumal es zwei weitere Goldankauf-Geschäfte in der
       Fußgängerzone „Lüneburger Straße“ gibt, dazu eine Handvoll Bäckereifilialen
       und Kleiderläden, in denen öfter Räumungsverkauf angezeigt wird.
       
       Der Lüneburger Straße, der Haupteinkaufsstraße des Stadtteils, mangelt es
       an Attraktivität, das ist offensichtlich. Manche sagen, der jahrelang
       anhaltende Niedergang sei gerade gestoppt worden und eine Wende zum
       Besseren möglich. Doch jetzt stelle sich der Bezirk wieder selbst ein Bein:
       Der Stadtplanungsausschuss hat sich am Donnerstagabend mit großer Mehrheit
       dafür ausgesprochen, das Phoenix-Center, ein in sich geschlossenes
       Einkaufcenter am Bahnhof, zu erweitern.
       
       „Man würde die Revitalisierung der Innenstadt erschweren, weil man einen
       ohnehin starken Standort noch stärker macht“, warnt der
       Einkaufsstraßen-Manager Peter Kowalsky. Platt gesagt: Der Bezirk würde mit
       dem Hintern einreißen, was er mit den Händen aufgebaut hat.
       
       Kowalskys Job ist die Rettung der Lüneburger Straße. Er teilt sich das Büro
       mit dem City-Manager Matthias Heckmann und leitete den
       Business-Improvement-District (BID), der vor dreieinhalb Jahren hier
       eingerichtet wurde. Er zwang alle Grundeigentümer, in einen gemeinsamen
       Topf einzuzahlen, aus dem Verbesserungen für die Straße finanziert wurden,
       für die der Bezirk nicht aufkommen kann oder will. Seitdem sind die
       Baumscheiben, der offene Bereich um die Stämme der Straßenbäume, hell
       gekiest, die Mülleimer neu – und im Advent leuchten alle 20 Meter
       elektrische Schneesterne.
       
       Im Vergleich zum Phoenix-Center ist das nichts. Wer es vom Bahnhof her
       betritt, kommt in eine helle Weihnachts-Winterwelt. Von der Decke hängen
       funkelnde Vorhänge. Die Wärme lässt die Tannenzweige von Blume 2000 duften.
       Viele Geschäfte bieten nur die Ware einer Marke an. Dafür, dass das
       ansehnlich wirkt, sorgte ein ausgetüfteltes Corporate Design.
       
       Statt zwischen H & M, S. Oliver oder Esprit zu wählen, hat sich Kowalsky
       bemüht zu verhindern, dass die x-te Bäckerei oder Ein-Euro-Klitsche in
       seine Straße zieht. Er hat geworben, Kultur organisiert und versucht, eine
       investitionsfreundliche Stimmung zu erzeugen. Noch im Mai, zum Auslaufen
       des BID hatte es geheißen: „Wir sehen eine Trendwende bei den Zahlen.“
       
       Die Phoenix-Erweiterung könnte diese Entwicklung abwürgen, befürchtet
       Kowalsky. Das Center soll um knapp ein Viertel wachsen. „Wir müssen das
       Center nach zehn Jahren auf einen moderneren Stand bringen, damit uns das
       Umland nicht die Kaufkraft abgräbt“, gibt CDU-Fraktionschef Ralf-Dieter
       Fischer zu bedenken.
       
       Die Hoffnungen, die zusätzlich Kaufkraft, die das Center in das Harburger
       Zentrum zieht, könnte Kundschaft in die Lüneburger Straße spülen, hat sich
       nicht so recht erfüllt. „Knapp die Hälfte der Innenstadtbesucher koppelt
       den Besuch des Phoenix-Centers mit dem Besuch der übrigen Innenstadtlagen“,
       heißt es in einem Gutachten, das der Bezirk in Auftrag gab – aber nur zwölf
       Prozent „machen dies regelmäßig“.
       
       Es herrscht Konsens, dass das auch daran liegt, dass es schwer ist, vom
       Center in die Lüneburger Straße zu gelangen, obwohl beide räumlich dicht
       beieinander liegen. Wer im Center dem Hinweis „Innenstadt“ folgt, landet an
       einer großen Straße. Gegenüber markiert ein graues Blechportal den Weg zur
       Lüneburger Straße. Einen Zebrasteifen gibt es nicht.
       
       Der Weg führt durch die Seevepassage, eine Backsteinschlucht mit
       Billigläden, zur Gloria-Passage, einer Sünde der 70er-Jahre. Die riesige
       Unterführung macht Angst, die durch den Leerstand in der Umgebung verstärkt
       wird. Gerade lässt der Bezirk die Blumenkästen weghämmern, um Übersicht zu
       schaffen. Ein Lichtkonzept ist in Planung, ein Künstler-Café und ein Büro
       der Internationalen Bauausstellung 2013 sollen die Passage beleben.
       
       „Wir müssen das unbedingt umsetzen“, sagt Jürgen Heimath, Chef der
       SPD-Mehrheitsfraktion, „der Schaden wird ja immer schlimmer.“ Dass dieses
       Hindernis nicht längst beseitigt sei, liege an unglücklichen Umständen. Auf
       der anderen Seite hätten aber auch die Grundeigentümer in der Lüneburger
       Straße große Mühe gehabt, sich zusammenzuraufen.
       
       Inzwischen sind sie reif und wollen den unter Schmerzen geborenen BID
       fortsetzen. Im Namen der Grundeigentümer verfasste Kowalsky einen offenen
       Brief: „Wir fordern alle Parteien der Bezirksversammlung dazu auf, einer
       Erweiterung des Phoenix-Centers nicht zuzustimmen“, heißt es darin. Eine
       Erweiterung zerstöre vollends die Balance. „Die Leute“, sagt Kowalsky,
       „hätten keinen Grund mehr, in die Fußgängerzone zu gehen.“
       
       1 Dec 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gernot Knödler
       
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