URI: 
       # taz.de -- Krieg im Ostkongo: Nicht noch einmal um Goma kämpfen
       
       > Die Verhandlungen des kongolesischen Präsidenten Kabila mit den Rebellen
       > stoßen der Armee sauer auf. Denn es ist nicht klar, was der M23
       > versprochen wurde.
       
   IMG Bild: Flüchtlingskinder nahe Goma spiegeln sich in einer Pfütze.
       
       MINOVA taz | Tausende Soldaten stehen in Reih und Glied auf dem
       Fußballplatz in Minova, einer Kleinstadt am Kivusee im Ostkongo, rund 50
       Kilometer westlich der Provinzhauptstadt Goma. Stundenlang warten sie in
       der Mittagssonne auf Generalleutnant Francois Olenga, dem Chef des Heeres,
       um ihnen den nächsten Befehl zu geben. Die Moral scheint am Boden: „Wir
       wollen nicht noch einmal um Goma kämpfen“, sagt ein Oberstleutnant der taz.
       
       Bis vor über einer Woche war er noch außerhalb Gomas an der Frontlinie zu
       den M23-Rebellen stationiert. Nach tagelangen Kämpfen war es den Rebellen
       schließlich gelungen, die Millionenstadt einzunehmen. Die Armee musste
       fliehen. Jetzt sind die Soldaten und Offiziere der Armee hier in Minova.
       Nach tagelangen Trinkgelagen, Plünderungen und Vergewaltigungen scheint
       jetzt aber wieder Ordnung in den Reihen zu sein.
       
       Generalleutnant Olenga kommt in einer Militäreskorte angebraust. Staub
       wirbelt auf. Gemeinsam mit weiteren Generälen und Offizieren, die für
       Nord-Kivu zuständig sind, steigt er aus dem Auto und betritt ein großes
       Haus, das vorrübergehend als Einsatzquartier dient. „Ich werde nach
       Kinshasa zurück fliegen und den Präsidenten auffordern, den Befehl für den
       Krieg zu geben“, sagt Olenga der taz. Der General, der 16 Jahre in
       Deutschland gelebt hat und fließend Deutsch spricht, klingt wütend: „Wir
       sind Opfer einer externen Aggression“, sagt er: Verhandlungen würden nicht
       zum Frieden führen: „Nur Krieg wird zum Frieden führen, wir sind bereit“.
       
       ## Bereitschaft zur Räumung
       
       Damit wendet sich der Generalinspektor und übergangsweise auch Chef des
       Heeres gegen seinen Vorgesetzten, Präsident Joseph Kabila, dem er
       eigentlich sehr nahe steht. Kabila hatte auf der Konferenz ICGLR
       (Internationalen Konferenz der Region der Großen Seen) zu Beginn der Woche
       in Ugandas Hauptstadt Kampala zum ersten Mal mit den Rebellen der M23
       (Bewegung des 23.März) verhandelt.
       
       Die Rebellenführer haben sich zu Beginn der Woche bereit erklärt, die
       Millionenstadt Goma und die übrigen eroberten Städte zu räumen und sich 20
       Kilometer jenseits von Goma in ihr ursprüngliches Territorium zurück zu
       ziehen. „Wir werden lediglich 100 Kämpfer am Flughafen lassen“, sagte
       M23-General Sultani Makenga. Diese Einheit solle gemeinsam mit 100 Soldaten
       der Armee und UNO-Blauhelmen den Flughafen kontrollieren, so die
       Vereinbarung der Rebellen mit der ICGLR.
       
       „Wir werden die Stadt Sake den ICGLR übergeben und dann uns nach uns nach
       zurückziehen“, bestätigt Sprecher des politischen M23-Flügels Amani Kabasha
       der taz. Am Freitagmorgen würden die M23-Kämpfer die Kleinstadt Sake,
       Mushaki und Karuba räumen, dann nach Goma zurück marschieren und von dort
       aus nach und nach in ihr Territorium entlang der Grenze zu Ruanda und
       Uganda abziehen, das sie seit Juli besetzen.
       
       ## Integration in die reguläre Armee
       
       Die Frage ist nun offen, was Kongos Präsident Kabila den M23-Rebellen dafür
       versprochen hat, sollten sie Goma tatsächlich räumen. Gerüchte kreisen
       bereits um eine mögliche Integration der M23-Kämpfer in die Armee. So
       endete bereits 2009 der Krieg gegen die M23-Vorgängerorganisation CNDP
       (Nationalkongress zur Volksverteidigung). Über 5000 CNDP-Rebellen wurden
       nach einem Abkommen in die Armee integriert, deren Kommandeure wurden
       Generäle und Oberste in der Armee im Ostkongo. Im Mai desertierten diese
       Offiziere wieder mit ihren Soldaten und gründeten die M23.
       
       Und eine weitere Frage bleibt offen: Wird auch die politische Verwaltung
       und Führung der M23 abziehen? Seit der Eroberung haben die M23-Politiker in
       Goma einen Verwaltungsapparat eingerichtet, parastaatliche Ministerien
       installiert. M23-General Makenga bestätigt, dass auch diese politische
       Führung am Freitag mit abziehen wird.
       
       In Goma fürchtet die Bevölkerung jetzt das Sicherheitsvakuum, was
       automatisch eintritt, wenn die M23 abzieht. Die Läden sind am
       Donnerstagnachmittag geschlossen worden, als klar wurde, dass die M23
       tatsächlich den Abzug vorbereitet. Es gab Berichte von Plünderungen durch
       M23-Kämpfer, die noch schnell alles mitnehmen wollen, was ihnen in die
       Finger gerät. Was nach dem Abzug geschieht, bleibt unklar.
       
       29 Nov 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Simone Schlindwein
       
       ## TAGS
       
   DIR Kongo
   DIR Joseph Kabila
   DIR M23
   DIR M23
   DIR M23
   DIR Ostkongo
   DIR Ostkongo
   DIR Goma
   DIR Kongo
   DIR Kongo
   DIR Kongo
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Goma nach dem Abzug der Rebellen: Spielen auf Kanonenrohren
       
       Nach dem Abzug der Rebellen herrscht in Goma im Osten des Kongo eine
       unsichere Ruhe. Nur rund 300 Polizisten sorgen für wenig Ordnung und
       Sicherheit.
       
   DIR Kommentar Ostkongo: Vorleistung der Rebellen
       
       Die M23-Rebellen haben ihren Teil der Abmachung erfüllt – den Rückzug aus
       Goma. Nun ist es an Präsident Joseph Kabila zu handeln.
       
   DIR Abzug der Rebellen im Ostkongo: Der Weg aus Goma heraus
       
       Die Rebellen der M23 verlassen die ostkongolesische Stadt Goma. Eindrücke
       eines organisierten Abzugs im Rahmen der regionalen Friedensverhandlungen.
       
   DIR Krieg im Ostkongo: Rebellen ziehen aus Goma ab
       
       Wie angekündigt haben die M23-Rebellen den Rückzug aus der
       Pronvinzhauptstadt Goma begonnen. Ihr Kommandeur verichert, dass die
       Zusagen eingehalten werden.
       
   DIR Rebellen im Ostkongo: Ein Schritt vor, ein Schritt zurück
       
       Die M23-Rebellen sollen das eroberte Goma an Beobachter aus der Region
       übergeben, als Bedingung für Gespräche. Aber der Rückzug zieht sich hin.
       
   DIR Rebellen im Kongo: Die Stille nach der Schlacht
       
       Polizei und Armee sind weg, Strom und Wasser gibt es nicht. Nun versuchen
       die Rebellen, in der Millionenstadt Goma eine neue Ordnung zu schaffen.
       
   DIR Kommentar M23 in Goma: Der Kongo braucht politischen Dialog
       
       Die Bevölkerung in Goma braucht Sicherheit. Mit der M23 ist diese
       Sicherheit erstmal gewährleistet. Die Forderungen nach einem Abzug sind
       kontraproduktiv.
       
   DIR Krieg im Ost-Kongo: Rebellen stiften Verwirrung
       
       Präsident der M23-Rebellen stellt harte Bedingungen für Rückzug aus dem
       eroberten Goma – sein Militärchef sagt, man ziehe sich schon zurück.