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       # taz.de -- Ermordeter Gewerkschafter: Nestlé-Manager unter Verdacht
       
       > In den Mord an einem kolumbianischen Gewerkschaftler könnten
       > Nestlé-Manager verwickelt sein. Nach langer Verzögerung beginnt der
       > Prozess in der Schweiz.
       
   IMG Bild: Luciano Enrique Romero Molinas Grab.
       
       GENF taz | Sind führende Nestlé-Manager mitverantwortlich für die Ermordung
       eines unbequemen Gewerkschafters in der kolumbianischen Filialfabrik des
       weltgrößten Nahrungsmittelkonzerns? Zu einer entsprechenden Strafanzeige
       können mit über achtmonatiger Verzögerung jetzt bald die Sachermittlungen
       beginnen, nachdem das Schweizer Bundesstrafgericht den Streit über die
       kantonale Zuständigkeit für das Verfahren entschieden hat.
       
       Am 5. März dieses Jahres hatte das in Berlin ansässige Europäische Zentrum
       für Verfassungs- und Menschenrechte (ECCHR) gemeinsam mit Kolumbiens
       nationaler Gewerkschaft der Beschäftigten in der Lebensmittelindustrie
       (Sinaltrainal) Strafanzeige erstattet gegen den früheren Nestlé-Chef Peter
       Brabeck-Letmathe sowie vier weitere führende Manager der Konzernspitze und
       der Nestlé-Filiale in Kolumbien.
       
       „Fahrlässige Tötung durch Unterlassen an dem kolumbianischen Gewerkschafter
       Luciano Enrique Romero Molina“ wirft die Strafanzeige den Nestlé-Managern
       vor. Eingereicht wurde die Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft im –
       steuergünstigsten – Schweizer Kanton Zug, wo neben vielen in- und
       ausländischen Unternehmen auch Nestlé seinen Steuersitz hat.
       
       Die Zuger Staatsanwaltschaft verfügt über einen hartnäckigen Ermittler mit
       internationaler Erfahrung, der schon mit Erfolg gegen Großunternehmen
       vorgegangen ist. Doch vor der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen
       den Konzern mit 328.000 Beschäftigten in 150 Ländern, der mit einem
       letztjährigen Umsatz von 70 Milliarden Euro und einem Reingewinn von acht
       Milliarden Euro auch wichtigster Steuerzahler der Schweiz und einer der
       größten Arbeitgeber ist, scheute die Zuger Staatsanwaltschaft dann doch
       zurück. Anfang Juni reichte sie den Fall klammheimlich an die
       Staatsanwaltschaft Lausanne im Kanton Waadt weiter. Hier, in Vevey am
       Genfer See, befindet sich die Konzernzentrale von Nestlé.
       
       ## Weitere Verzögerungen
       
       Gegen diese Entscheidung legte das ECCHR Beschwerde ein. Das
       Bundesstrafgericht teilte in seiner letztinstanzlichen Entscheidung zwar
       die Auffassung des ECCHR , dass die Staatsanwaltschaft im Kanton Zug für
       die Sache zuständig sei. Dennoch bestätigte es die „interinstitutionelle
       Einigung“ zwischen beiden Staatsanwaltschaften, wonach das Verfahren im
       Kanton Waadt stattfinden soll. Die Kläger erwarten nun die zügige Aufnahme
       der Ermittlungen. Allerdings ist die Amtssprache im Kanton Waadt (Vaud)
       französisch, weshalb zunächst noch die gesamte Strafakte übersetzt werden
       muss.
       
       Romero Molina, ein ehemaliger Mitarbeiter und für Nestlé unbequemer
       Gewerkschaftsaktivist in der Milchpulverfabrik des Konzerns in Valledupar
       in Kolumbien, wurde am 11. September 2005 von Paramilitärs ermordet. Zuvor
       war Romero vom Nestlé-Management in Kolumbien öffentlich als Guerillero
       diffamiert worden.
       
       30 Nov 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Zumach
       
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       im Fall Romero.