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       # taz.de -- Berliner Verlag in der Krise: Der Betriebsrat will kämpfen
       
       > Nach der Insolvenz der „Frankfurter Rundschau“ sind nun auch Stellen bei
       > der „Berliner Zeitung“ bedroht. Mit Kündigungen soll vorgesorgt werden.
       
   IMG Bild: Drohende Stellenstreichungen: Das Stammhaus der Berliner Zeitung am Alexanderplatz.
       
       BERLIN taz | Wer die Reihen geschlossen halten will, erinnert am besten an
       zurückliegende erfolgreiche Schlachten. Das machen Fußballtrainer genauso
       wie es einst Feldherren taten – und auch der Betriebsrat des Berliner
       Verlags folgte am Donnerstag nach der Ankündigung von Verlag und
       Eigentümer, bis zu 86 Stellen streichen zu wollen, diesem doch recht
       simplen Pychotrick: „Dagegen werden wir uns mit Euch gemeinsam zur Wehr
       setzten – so wie wir gegen die Zumutungen der Mecom-Heuschrecken gekämpft
       haben“, steht in fetten Buchstaben in einem internen Brief an die
       Mitarbeiter.
       
       Damals, 2005, als der Finanzinvestor David Montgomery mit seiner
       Mecom-Gruppe kam und den Berliner Verlag mit seinen Publikationen Berliner
       Zeitung und Berliner Kurier übernahm, um ihn auszuquetschen, regte sich
       innerhalb wie außerhalb der Redaktion massiver Widerstand. Vier Jahre
       später verkaufte Montgomery, genervt und dringend auf Kohle angewiesen, zum
       gleichen Preis, den er einst aufbringen musste. Kein gutes Geschäft also.
       Aber ein Sieg für die Belegschaft?
       
       Als der Großverlag M. DuMont Schauberg aus Köln übernahm, dachten das
       zumindest die meisten in Berlin. Seit diesem Donnerstag dürfte sich ihre
       Meinung geändert haben. Da präsentierten nämlich die DuMont-Oberen aus Köln
       gemeinsam mit der Berliner Geschäftsführung den insgesamt 368
       Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ihre Pläne – und die bedeuten im
       schlimmsten Fall den Abbau von 86 Stellen in Berlin. 40 Stellen werden
       definitiv gestrichen: 13 in der Redaktion des Boulevardblatts Berliner
       Kurier und 27 in der Verwaltung. Wie viele noch wegfallen, hängt von der
       Entwicklung bei der in Insolvenz befindlichen Frankfurter Rundschau ab.
       
       ## Der Mantel zieht runter
       
       Die FR, ebenso eine Tochter von DuMont, bekommt ihren Manteilteil genau wie
       die Berliner Zeitung von einem Autorenpool in der Hauptstadt. Hier würden,
       sollte die Rundschau eingestampft werden oder ein neuer Investor sich von
       der Lieferung des Mantelteils aus Berlin abwenden, 14 von 27 Stellen
       wegfallen. Darüber hinaus müssten die 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
       gehen, die diesen Mantelteil bislang produzierten, und zwölf weitere
       Stellen bei der Berliner Zeitung würden auch noch abgebaut.
       
       DuMont beteuerte in der hausinternen „DuMont Depesche“, dass „die
       derzeitigen Entwicklungen der Zeitungsbranche und die wirtschaftliche
       Situation des Hauses“ keine Alternative zuließen. Nach einem Verlust von
       4,5 Millionen Euro im Vorjahr, rechne man für 2012 mit einem Minus von fünf
       Millionen Euro beim Berliner Verlag. „Die Insolvenzmeldung aus Frankfurt,
       die Nachricht über die Einstellung der Financial Times Deutschland: Diesen
       Weckruf aus der Branche können und dürfen wir als Verlag nicht überhören,
       wenn wir zukunftsfähig bleiben wollen“, sagte Verlagsgeschäftsführer
       Michael Braun den Mitarbeitern.
       
       Die Personalkosten seien aber nicht das Problem, antwortete der Betriebsrat
       umgehend, „sie sind den vergangenen Jahren kontinuierlich gesunken“. Das
       eigentliche Problem sei, dass das Unternehmen seit Jahren zu wenig
       unternimmt, um neue Einnahmen zu erzielen. „Hier muss die Geschäftsführung
       ansetzen!“
       
       29 Nov 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jürn Kruse
       
       ## TAGS
       
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