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       # taz.de -- College-Football in USA: Gefestigte Goldhelme
       
       > Die Traditionalisten von Notre Dame Fighting Irish ziehen beim
       > US-College-Football ins Endspiel ein. Das ist eine handfeste
       > Überraschung.
       
   IMG Bild: Theo Riddick ist außer sich. Notre Dame Fighting Irish steht im Finale.
       
       So ganz genau konnte sich Theo Riddick nicht erinnern, wie lange es her
       ist, dass die Notre Dame Fighting Irish um den Titel spielten. Kein Wunder:
       Als die populärste College-Football-Mannschaft der USA zum letzten Mal das
       große Endspiel erreichte, war der 21-jährige Riddick noch nicht einmal
       geboren. Der Running Back musste raten: „Ich denke, es war 1987 – oder doch
       1988?“
       
       Der zweite Versuch war richtig: Von 1988 datiert der letzte Titel für Notre
       Dame. Eine lange Zeit, selbst für ein College, an dem bereits seit 1887
       Football gespielt wird. Seit den ersten großen Erfolgen in den 20er Jahren,
       als der Uni-Sport noch ganz klar die Nummer eins in den USA war und der
       Profi-Football kaum eine Rolle spielte, haben sich die Fighting Irish zum
       Bayern München des College Football entwickelt: Den Millionen im ganzen
       Land verteilten Anhängern stehen noch viel mehr Football-Fans gegenüber,
       die die Mannschaft mit den goldenen Helmen aus vollem Herzen hassen.
       
       Aber seit Riddick und seine Kollegen am vergangenen Wochenende die
       University of Southern California mit 22:13 besiegten, steht es fest: Nach
       einer Saison mit zwölf Siegen und keiner einzigen Niederlage hat Notre Dame
       am 7. Januar in Miami im „National Championship Game“ die Gelegenheit, den
       14. Titel seiner ruhmreichen Geschichte zu gewinnen.
       
       Gegen wen, das wird am kommenden Samstag in Atlanta ermittelt. Dort wird
       zwischen den Unis von Alabama und Georgia die Meisterschaft der
       Southeastern Conference (SEC), der stärksten College-Football-Liga des
       Landes, ausgespielt. Der Sieger dürfte gegen Notre Dame um die
       Landesmeisterschaft spielen.
       
       Ganz sicher ist das nicht, weil die beiden Endspielteilnehmer ernannt
       werden anhand eines komplizierten Computer-Rankings. Das System ist extrem
       intransparent und wird in schöner Regelmäßigkeit modifiziert. In diesem
       Sommer wurde beschlossen, ab 2014 endlich Playoffs einzuführen, aber bis
       dahin bleibt die Meisterkür höchst umstritten.
       
       ## Endspiel in Miami
       
       Auch in diesem Jahr ist fraglich, ob im Endspiel von Miami wirklich die
       beiden besten Mannschaften des Landes gegeneinander antreten werden. Denn
       mit den Ohio State Buckeyes gibt es neben Notre Dame noch ein weiteres
       Team, das ungeschlagen geblieben ist. Ohio State aber ist ausgeschlossen
       vom Finale: Eine Strafmaßnahme für einen Skandal aus dem Jahre 2010, als
       mehrere Spieler gegen einige der bisweilen bizarren Vorschriften für
       College-Sportler verstießen.
       
       Solche Skandale, die den College-Sport flächendeckend prägen, kennt man in
       Notre Dame kaum. Ein einziges Mal, Ende der 90er Jahre, wurden Verstöße
       gegen die strengen Regularien ruchbar. Ansonsten ist man auf dem in South
       Bend im Norden Indianas gelegenen Campus der katholischen
       Bildungseinrichtung stolz darauf, dass die großen Erfolge errungen wurden,
       ohne dazu die akademischen Anforderungen an die Spieler, die in erster
       Linie Studenten und offiziell Amateursportler sind, auszudünnen. Eine
       Praxis, die an anderen Unis durchaus üblich ist. Dort wird schon mal
       geschummelt, um ein großes Talent in die Mannschaft zu locken, dessen Noten
       eigentlich nicht gut genug wären, um ein Sportstipendium zu bekommen.
       
       Solche Praktiken lehnen die Verantwortlichen in South Bend ab. Ihr
       moralischer Standpunkt hat ihnen zum einen bei der Konkurrenz den Vorwurf
       der Bigotterie eingetragen, denn auf die Einnahmen aus dem
       Milliardengeschäft College Football will Notre Dame nicht verzichten. Zum
       anderen aber drohten die Fighting Irish, weil viele Talente nicht mehr nach
       South Bend kommen wollten, in der Bedeutungslosigkeit zu versinken.
       
       Auch die aktuelle Mannschaft hatte vor der Saison kein Experte auf der
       Rechnung. Selbst zwölf Siege später fehlen noch schlüssige Erklärungen, wie
       dieses Team ungeschlagen bleiben konnte. „Viel Herz und Gebete“ waren der
       Schlüssel zum Erfolg, glaubt Prince Shembo, ein Mitglied der starken
       Verteidigung.
       
       27 Nov 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Thomas Winkler
       
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