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       # taz.de -- Integration in Niedersachsen: Störenfried Schünemann
       
       > Niedersachsens Grüne sehen die schwarz-gelbe Regierung im Verhältnis zu
       > Muslim-Verbänden auf "Schlingerkurs", vor allem wegen des Innenministers.
       
   IMG Bild: Schünemann hält an verdachtsunabhängigen Moscheekontrollen fest: Moschee in Hannover 2009.
       
       HANNOVER taz | Niedersachsens Landtagsgrüne werfen der schwarz-gelben
       Landesregierung einen „Schlingerkurs“ im Umgang mit muslimischen Verbänden
       vor. Mit einer großen Anfrage haben die Grünen erstmals einen Überblick
       über das Leben von Muslimen in Niedersachsen angefordert. In der fast 140
       Seiten starken Antwort spreche die Landesregierung „mit gespaltener Zunge“,
       sagte die Grünen-Migrationspolitikerin Filiz Polat am Montag bei der
       Vorstellung des Papiers. Die Bedeutung eines Dialogs mit
       Migrantenorganisationen werde darin zwar stets betont, Anläufen für
       verbindliche Vereinbarungen weiche man aber aus.
       
       Eine rechtliche Gleichstellung des Islams mit anderen
       Religionsgemeinschaften etwa strebt die Landesregierung demnach nicht an.
       Auch einen Staatsvertrag, wie ihn Hamburg mit muslimischen Verbänden
       geschlossen hat, um etwa den Umgang mit muslimischen Feiertagen oder dem
       Schulschwimmen zu regeln, lehnt die Landesregierung ab.
       
       Ex-Ministerpräsident Christian Wulff hatten einen solchen Staatsvertrag
       einst in Aussicht gestellt, sein Nachfolger David McAllister (beide CDU)
       hatte Verhandlungen angeboten. Die könnten „herzhafter, zügiger und
       qualifizierter“ verlaufen, sagte Firouz Vladi, Vorstandsmitglied des
       Moscheen-Verbands Schura, bei der Vorstellung der Grünen-Anfrage. Emine
       Oguz vom zweiten großen Moscheenverband in Niedersachsen, Ditib, sagte, sie
       sei „irritiert und enttäuscht. Eine symbolische Gleichstellung brauchen wir
       nicht, sondern eine rechtliche“.
       
       Vor allem Innenminister Uwe Schünemann (CDU) störe immer wieder die
       Beziehungen. „Schünemann definiert die Muslime von ihren Rändern, statt von
       ihrer Mitte her“, sagte Schura-Vorstand Vladi. Auch die Landtagsgrünen
       sehen beim Innenminister „im Kern kein Umdenken“. An umstrittenen Maßnahmen
       wie verdachtsunabhängigen Moschee-Kontrollen werde weiter festgehalten.
       
       Fast 400 Kontrollen führten die Sicherheitsbehörden zwischen 2004 und 2009
       durch. Nach großer Kritik wurden sie 2010 eingestellt. Doch nach wie vor
       soll vor Moscheen kontrolliert werden, „wenn im Einzelfall tatsächliche
       Anhaltspunkte zu islamistisch terroristischen Strukturen vorliegen“, heißt
       es in der Antwort.
       
       Und auch die sogenannte Islamisten-Checkliste, wegen der Ditib und Schura
       im Sommer zeitweise die Gespräche mit dem Land abgebrochen hatten, ist
       nicht vom Tisch. Das Innenministerium will sie gemeinsam mit Muslimen
       überarbeiten – das Ergebnis ist auf Anfang 2013 vertagt. Ob vor oder nach
       der Landtagswahl im Januar, konnte ein Ministeriumssprecher auf
       taz-Nachfrage nicht sagen.
       
       „Sträflich unterschätzt“ werde Islamophobie und die Gefährdung von Muslimen
       durch Übergriffe, kritisieren die Grünen. Bereits die Erfassung
       einschlägiger Straftaten sei „völlig unzureichend“. Von lediglich vier
       Angriffen auf Moscheen zwischen 2008 und Anfang 2012 berichtet die
       Landesregierung. Für den gleichen Zeitraum führt die schwarz-gelbe
       Bundesregierung hingegen allein für Niedersachsen 14 Straftaten auf.
       
       26 Nov 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Teresa Havlicek
       
       ## TAGS
       
   DIR Schünemann
   DIR Schwerpunkt Landtagswahlen
   DIR Abschiebung
   DIR Arbeitsmarkt
       
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