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       # taz.de -- Europäische Bankenaufsicht: Draghi will sie alle
       
       > EZB-Präsident Mario Draghi will sämtliche Banken der Eurozone
       > beaufsichtigen, auch die kleinen. Und er stellt die Rückkehr des
       > Vertrauens in die Währungsunion fest.
       
   IMG Bild: Banken im Blick: EZB-Chef Mario Draghi.
       
       FRANKFURT/M. dapd/rtr | Die Europäische Zentralbank (EZB) beansprucht die
       Aufsicht über alle Banken im Euroraum, nicht nur über die großen. Die
       Finanzkrise habe gezeigt, dass auch kleinere Institute zu einer Gefahr für
       das Finanzsystem werden könnten, sagte EZB-Präsident Mario Draghi am
       Freitag auf einem Bankenkongress in Frankfurt am Main. Er stelle sich ein
       dezentrales System der nationalen Aufsichtsbehörden vor, an dessen Spitze
       die EZB stehe. Außerdem sieht er eine Rückkehr des Vertrauens in den Euro –
       dank seiner bisherigen Krisenpolitik.
       
       In der EZB-Aufsicht sollten vor allem die Spitzen der nationalen
       Aufsichtsbehörden sitzen, sagte Draghi: „Um die Finanzstabilität
       sicherzustellen, würde das Aufsichtsgremium in der Lage sein, die Kontrolle
       über alle Banken in den teilnehmenden Staaten zu bekommen.“ Wegen der
       Vernetzung der Institute untereinander könnten auch kleinere Banken
       gefährlich werden. In manchen Ländern lägen mehr als 60 Prozent des
       Bankvermögens bei kleineren Geldhäusern, im Durchschnitt des Euroraums
       seien es etwa 30 Prozent.
       
       14 der 17 Notenbanken der Euro-Zone nehmen bereits Aufsichtsaufgaben wahr.
       In Deutschland teilen sich bislang die Finanzaufsicht BaFin und die
       Bundesbank die Aufsicht über die Geldhäuser.
       
       Bei der neuen Aufsicht würden die die nationalen Aufsichtsbehörden aber
       nicht ihre bisherigen Aufgaben verlieren, wenn die EZB die Oberaufsicht
       übernehme, sagte Draghi. Allerdings müsse die Oberaufsicht auf europäischer
       Ebene sicherstellen, dass überall die gleichen Voraussetzungen gälten. Auch
       die übrigen EU-Staaten, die ihre nationalen Währungen behalten haben,
       sollen Draghi zufolge die Möglichkeit erhalten, sich der gemeinsamen
       Bankaufsicht anzuschließen.
       
       Die einheitliche Aufsicht müsse so schnell kommen wie möglich, vor allem
       aber müsse sie gut gemacht sein, sagte Draghi. Idealerweise sollten die
       rechtlichen Grundlagen bis zum 1. Januar 2013 geschaffen werden, damit die
       Vorbereitungen beginnen könnten. Der ursprüngliche Vorschlag der EU hatte
       vorgesehen, dass die ersten Banken bereits zum Jahreswechsel von der EZB
       beaufsichtigt werden sollen.
       
       ## Strikte Trennung von Geldpolitik und Bankaufsicht
       
       Draghi ging auch auf die Kritik ein, die Rolle als oberster Bankenaufseher
       vertrage sich nicht mit der anderen Aufgabe der EZB als Währungshüter. „Der
       erste Grundsatz ist die Notwendigkeit, Geldpolitik und Aufsicht rigoros
       voneinander zu trennen“, sagte Draghi. Zudem müsse die EZB ihre
       Unabhängigkeit und demokratische Verantwortung sicherstellen. In diesem
       Punkt bekam er Unterstützung von Bundesbank-Präsident Jens Weidmann, der
       auf der Veranstaltung ebenfalls erneut eine strikte Trennung der
       Zuständigkeiten innerhalb der EZB forderte, damit die Zielsetzungen nicht
       in Konflikt miteinander gerieten.
       
       Draghi stellte die Erfolge der bisherigen Krisenpolitik heraus –
       insbesondere die Ankündigung der EZB, notfalls unbegrenzt Anleihen
       angeschlagener Eurostaaten zu kaufen. Das Vertrauen in die Währungsunion
       sei bereits zu einem gewissen Maße wiederhergestellt.
       
       „Die Rückkehr des Vertrauens ist gerechtfertigt“, sagte Draghi. Sie hänge
       aber davon ab, dass die Notenbank im Ernstfall tatsächlich handele und
       Anleihen kaufe. Außerdem müssten die Eurostaaten ihre Reformen vorantreiben
       sowie die Wirtschafts- und Währungsunion vervollständigen. „Das wird die
       Stabilität auf unserem Kontinent vollständig wiederherstellen“, sagte der
       EZB-Präsident.
       
       23 Nov 2012
       
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