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       # taz.de -- Wahl in Katalonien: Mit der Fahne bis zum Sieg
       
       > In Katalonien haben die lokalen Nationalisten eine gute Chance auf die
       > Mehrheit. Dann könnten sie ein Referendum über die Unabhängigkeit von
       > Spanien erzwingen.
       
   IMG Bild: Manche sehen Katalonien als nächsten neuen EU-Staat.
       
       MADRID taz | Kataloniens Präsident Artur Mas strebt einen großen Platz in
       der Geschichte an. Bis 2020 will er seine nordostspanische Region in die
       Unabhängigkeit führen. „Der Wille eines Volkes“ lautet der Slogan, mit dem
       seine konservativ-nationalistische Convergència i Unió (CiU) um Stimmen bei
       den vorgezogenen Neuwahlen am Sonntag wirbt.
       
       Mas stellt sich damit an die Spitze einer Bewegung, die in den vergangenen
       Jahren Volksabstimmungen auf Gemeindeebene für die Unabhängigkeit
       durchgeführt und am katalanischen Nationalfeiertag im September 1,5
       Millionen Menschen auf Barcelonas Straßen mobilisiert hat. Umfragen
       prognostizieren CiU einen Stimmengewinn, doch wird es zur absoluten
       Mehrheit nicht reichen.
       
       Zweite Kraft könnten erstmals die radikaleren Nationalisten der
       Republikanischen Linken Kataloniens (ERC) werden. CiU und ERC hätten
       zusammen eine Mehrheit, um Madrid zu einer Volksabstimmung über die Zukunft
       der Region zu zwingen.
       
       Mas ist ein geschickter Taktiker. Denn eigentlich ist er mit seiner Politik
       gescheitert. Als er im Dezember 2010 erstmals die Wahlen gewann, versprach
       er für Katalonien einen „Fiskalpakt“. Ähnlich wie im Baskenland sollten
       künftig die Steuern direkt in Katalonien erhoben werden, um nur das
       abzuführen, was für zentralstaatliche Dienste notwenig ist. Dies ginge zu
       Lasten der ärmeren Regionen Spaniens, die von den reicheren durch Umlagen,
       die Madrid zuweist, unterstützt werden. Auch die Hauptstadt Madrid und die
       Balearen führen überproportional ab. Spaniens konservativer
       Ministerpräsident Mariano Rajoy erteilte Mas im September eine Absage. Mas
       setzte vorgezogene Wahlen an und musste in Madrid 5 Milliarden Euro aus
       Spaniens Rettungsfonds für angeschlagene Regionen beantragen.
       
       ## Gemeinsame Sparpolitik
       
       Es war das Ende einer Symbiose von Mas’ CiU und der Volkspartei (PP)
       Rajoys. Obwohl Mas 2010 im Wahlkampf versprach, niemals mit der PP zu
       regieren, hatten beide Parteien eine gemeinsame Sparpolitik in Spaniens
       Haushaltskrise verfolgt und sich in den Parlamenten in Barcelona und Madrid
       gegenseitig unterstützt. Gemeinsam bauten sie den Sozialstaat ab, während
       Steuererleichterungen für Besserverdienende blieben. Allein in Katalonien
       werden im Gesundheitsbereich 7.500 Stellen gestrichen, im Bildungswesen
       fallen 3.500 Lehrer weg.
       
       „Katalonien wäre mit einem eigenen Staat absolut lebensfähig“, beteuerte
       Mas im Wahlkampf. In einem unabhängigen Katalonien würden die
       Arbeitslosenquote – derzeit 25 Prozent – und die Armutsquote – 30 Prozent –
       sinken, und das bei niedrigeren Unternehmenssteuern. Mas will in den
       kommenden vier Jahren ein Referendum über die Unabhängigkeit einberufen,
       auch wenn dies derzeit gesetzlich gar nicht möglich ist.
       
       „Mit einem eigenen Staat wären wir das siebte Land in der EU“, rechnet Mas
       vor, trotz Warnung von EU-Kommissionspräsident José Manuel Durão Barroso,
       dass eine abtrünnige Region automatisch aus der EU ausscheiden würde. Eine
       Minderheit in Brüssel sieht einen erneuten Aufnahmeantrag nicht als
       zwingend an.
       
       Auch Korruptionsvorwürfe an seine Familie und die seines Vorgängers an der
       CiU-Spitze, Kataloniens langjährigen Präsidenten Jordi Pujol, können den
       nationalistischen Höhenflug nicht stoppen. Die Zeitung El Mundo
       veröffentlichte Informationen aus angeblichen Ermittlungsakten, nach denen
       beide Familien dreistellige Millionenbeträge auf Konten in der Schweiz und
       Liechtenstein besitzen. Es soll sich um Bestechungsgelder aus der Vergabe
       von Aufträgen zum Bau der Konzerthalle in Barcelona handeln. Ein Teil der
       Gelder sei an die Partei geflossen, ein anderer an die Parteiführer.
       
       24 Nov 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Reiner Wandler
       
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