URI: 
       # taz.de -- Fernmeldeunion will Internet regulieren: Netztechnokraten unter sich
       
       > Auf der Konferenz der Internationalen Fernmeldeunion wird diskutiert, ob
       > Regierungen das Internet verwalten sollen. Google organisiert eine
       > Kampagne dagegen.
       
   IMG Bild: Wer kontrolliert die Kabel?
       
       „Take action“ lautet [1][//www.google.com/intl/de/takeaction/:das Motto der
       Kampagne], die der Internet-Konzern Google gegen eine mögliche Neuordnung
       der Telekommunikations-Infrastrukturen weltweit gestartet hat. Ziel der
       Kampagne ist die Internationale Fernmeldeunion (ITU), die im Dezember in
       Dubai zur Weltkonferenz (WCIT) einlädt, um ihre Regularien nach fast 25
       Jahren zu überarbeiten.
       
       Das Horror-Szenario für Google: Eine intransparente Regierungsorganisation
       könnte sich des Internets bemächtigen. Dch Google steht damit nicht
       alleine: Auch das Europaparlament hat am Donnerstag [2][einen
       Entschließungsantrag] verabschiedet, der sich deutlich gegen jede
       Machtverschiebung zur ITU ausspricht.
       
       „In unserer Resolution stellen wir klar, dass das Europäische Parlament der
       Konferenz gänzlich die Kompetenz abspricht, sich auch nur ansatzweise mit
       einer Regulierung des Internets zu befassen“ erklärt die
       SPD-Europaabgeordnete Petra Kammevert. „Schließlich hat sich die
       Selbstorganisation des Internets als freies Medium bewährt”.
       
       Die ITU ist eine Versammlung von Technokraten, die seit der Gründung der
       Organisation im Jahre 1865 dafür sorgen, dass Botschaften einheitlich
       übertragen werden. Ihr Verdienst ist es, dass ein Telefon in Europa mit
       Telefonen in Australien oder Amerika kommunizieren kann, dass ein Fax aus
       Deutschland auch in China ankommt. Seit 1949 ist die ITU den Vereinten
       Nationen unterstellt. Wie die UN ist sie nach Nationalstaaten organisiert:
       Jedes Land hat eine Stimme. Dass darunter auch viele Feinde der
       Internetfreiheit sind, [3][beunruhigt viele].
       
       ## Seit 1988 nichts geändert
       
       Die Entwicklung des Internets hatte die ITU fast verschlafen: Sie änderte
       ihre Regeln zuletzt im Jahr 1988 – doch seitdem hat sich die Welt der
       Telekommunikation radikal verändert. Zwar funktionieren Telefone immer noch
       weltweit nach den Anforderungen der ITU, doch die Verbindungen zwischen
       Ihnen laufen jetzt immer öfter über Internet-Protokolle, dabei kommt das
       Internet in den ITU-Regularien nicht vor. Und E-Mails kommen beim Empfänger
       an, obwohl sich kein ITU-Standard um deren Form und Übertragung kümmert.
       Stattdessen haben die am Internet beteiligten Firmen selbst organisiert:
       dezentral und trotzdem nach verbindlichen Standards.
       
       Um diese Errungenschaften fürchten nun viele. Denn was die Mitgliedsstaaten
       in Dubai beraten werden, ist nicht transparent. Auf [4][der Plattform
       WCITLeaks] werden Dokumente gesammelt, die trotzdem nach außen gedrungen
       sind. Obwohl diese Dokumente allesamt die hohe Bedeutung des Internets
       betonen und sich mit Mindestqualitäten und Transparenz über die
       Kommunikationswege befassen, steckt im Detail erhebliches
       Konfliktpotenzial.
       
       So schlägt eine Allianz arabischer und afrikanischer Staaten vor, dass die
       Regierungen [5][volle Kontrolle] über IP-Adressen und Domainnamen haben
       sollten. Gleichzeitig sollen sie die Möglichkeit bekommen, jeden
       Internetnutzer zu identifizieren. Solche Vorschläge, die als
       Missbrauchsbekämpfung vorgeschlagen werden, eignen sich natürlich auch um
       Oppositionelle zu unterdrücken oder Netzblockaden voranzutreiben.
       
       ## Zollschranken im Netz
       
       Auch andere Prinzipien des Internets stehen zur Debatte, wie beispielsweise
       das Best-Efforts-Prinzip, wonach die Internetprovider jeden Datenverkehr
       nach besten Möglichkeiten weitertransportieren. Eine Änderung dieses
       Prinzips könnte dafür sorgen, dass quasi Zollschranken für Internetverkehr
       errichtet werden.
       
       Besonders Google fürchtet solche Beschränkungen – denn die
       Milliardengewinne des US-Konzerns haben [6][weltweit Begehrlichkeiten]
       ausgelöst. Treffen würden sie aber wohl vor allem Kleinunternehmen, die
       künftig erheblich mehr zahlen müssten um im Internet groß zu werden.
       Wirtschaftliche Erfolgsstories wie Google oder Facebook wären wieder ganz
       in der Hand der Telekommunikationsfirmen – so wie es die ITU seit über 100
       Jahren gewohnt ist.
       
       24 Nov 2012
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://https
   DIR [2] http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//TEXT+MOTION+P7-RC-2012-0498+0+DOC+XML+V0//DE
   DIR [3] /Welttag-gegen-Internet-Zensur/!89452/
   DIR [4] http://wcitleaks.org/
   DIR [5] http://files.wcitleaks.org/public/S12-WCIT12-C-0007!!MSW-E.pdf
   DIR [6] /Kabinett-beschliesst-Leistungsschutzrecht/!100584/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Torsten Kleinz
   DIR Torsten Kleinz
       
       ## TAGS
       
   DIR EU-Parlament
   DIR Internet
   DIR China
   DIR Netzsperren
   DIR Dubai
   DIR EU
   DIR Finanzen
   DIR Google
   DIR Internet
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Chinesisches Staatsfernsehen: V wie Freiheit
       
       Der chinesische Staatssender CCTV strahlt zur Primetime „V wie Vendetta“
       aus. Ist das ein Versehen oder ein Zeichen für die Lockerung der Zensur.
       
   DIR Netz-Zensur in Großbritannien: Porno-Filter passé
       
       London wollte automatische Internetfilter einführen, um pornografischen und
       gewalttätigen Inhalten vorzubeugen. Jetzt ist der Vorschlag vom Tisch.
       
   DIR Kommunikationskonferenz in Dubai: Glücklich gescheitert
       
       In Dubai ging die Weltkonferenz zur internationalen Telekommunikation zu
       Ende. Die Freiheit des Internets bleibt unberührt.
       
   DIR Treffen der UN-Fernmeldeunion: Das Netz spaltet die Welt
       
       Auf dem UN-Treffen zur Telekommunikation gibt es wie erwartet Streit um
       eine größere staatliche Regulierung des Netzes. Nun soll sich ein Ausschuss
       damit beschäftigen.
       
   DIR Wissenschaftsjournalismus: Wes Brot ich ess', des Lied ich sing'
       
       Wer bezahlt über Wissenschaft schreibt, steht unter dem Verdacht, nur ein
       Sprachrohr der „Scientific Community“ zu sein. Es ist nicht besser
       geworden.
       
   DIR Protest gegen Leistungsschutzrecht: Beruhigt zu Bett gehen
       
       Der erhoffte Shitstorm gegen den Bundestag bleibt aus: Googles Plan, seine
       Nutzer auf Abgeordnete des Bundestags zu hetzen, ist bislang nicht
       erfolgreich.
       
   DIR ICANN will Domainbesitzer speichern: „Die Behörden wollen mehr Daten“
       
       Die Netzverwaltung ICANN plant, Daten der Besitzer von Internet-Domains
       zwei Jahre lang zu speichern. Der Verband der deutschen Internet-Wirtschaft
       ist dagegen.
       
   DIR Das Netz im Visier der Fernmeldeunion: Angst vor der Regulierung
       
       Bisher wird das Netz nicht staatlich reguliert: Jeder kann sich mit jedem
       vernetzen. Doch einigen Staaten ist das ein Dorn im Auge und sie hoffen nun
       auf die Fernmeldeunion der UN.
       
   DIR Panafrikanischer IT-Gipfel: Internet für Alle
       
       Der erste afrikanische IT-Gipfel in Kapstadt endet mit der Verkündung
       ehrgeiziger Zukunftspläne. In absehbarer Zeit will Afrika Asien
       technologisch überholen.