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       # taz.de -- Abschaffung der Todesstrafe: Rehabilitation statt Rache
       
       > Die Bremer Bürgerschaft fordert öffentlichkeitswirksam die Abschaffung
       > der Todesstrafe - nachdem Amnesty International ein wenig nachgeholfen
       > hat.
       
   IMG Bild: Mit Sensemann: Bürgerschaftspräsident Weber (SPD), Bürgermeisterin Karoline Linnert und Matthias Güldner (Die Grünen).
       
       Eine Rekordzahl von Staaten hat am Montag im Menschenrechtsausschuss der
       UN-Vollversammlung für eine Resolution gestimmt, die die weltweite
       Abschaffung der Todesstrafe zum Ziel hat. Sie soll im Dezember endgültig
       verabschiedet werden. Die Beschlüsse der Vollversammlung sind zwar nicht
       bindend, haben aber moralisches Gewicht. Als Zeichen ihrer Unterstützung
       der Resolution hat die Bremer Bürgerschaft gestern einstimmig einen Antrag
       von SPD und den Grünen für die weltweite Abschaffung der Todesstrafe
       verabschiedet und danach gemeinsam mit Amnesty International eine
       Kundgebung am Roland veranstaltet.
       
       Fraktionsübergreifend herrschte – wenig überraschend – Einigkeit darüber,
       dass die Todesstrafe geächtet und abgeschafft sowie Forderungen wie die des
       türkischen Premiers Erdogan nach ihrer Wiedereinführung aufs Schärfste
       verurteilt werden müssen. Seit vier Jahren ist Bremen Mitglied im
       Städtebündnis „Städte für das Leben – Städte gegen die Todesstrafe“. Hier
       arbeiten gegenwärtig weltweit knapp 1.500 Kommunen in 87 Ländern zusammen,
       140 Städte und Kommunen aus Deutschland sind darunter.
       
       „Wir wollen keine moralischen Leisetreter sein“, sagte Finanzsenatorin und
       Bürgermeisterin Karoline Linnert (Die Grünen) und wies auf die lokalen
       Einflussmöglichkeiten durch Städtepartnerschaften und internationale
       Beziehungen als Möglichkeiten hin, die Problematik der Todesstrafe
       aufzuwerfen und bei ihrer Bekämpfung zusammenzuarbeiten. Bremen unterhalte
       Geschäftsbeziehungen zu Ländern wie den USA, Japan oder Saudi Arabien: „Man
       könnte mit den Vorständen von zum Beispiel Betrieben wie der BLG sprechen
       und gemeinsam mit ihnen Ideen entwickeln, wie man gegenüber den
       Handelspartnern das Problem thematisieren kann.“
       
       Peter Erlanson von der Linksfraktion mag sich nicht ganz so weit aus dem
       Fenster lehnen: „Auf Bremischer Ebene haben wir keine
       Einflussmöglichkeiten. Wir können ja schlecht die Handelsbeziehungen zu
       Ländern wie den USA abbrechen, das können wir uns schlichtweg nicht
       leisten.“ Das Problem seien Menschen „mitten unter uns, die zum Beispiel
       bei einem Kindsmord reflexartig nach der Todesstrafe rufen. Viele Menschen
       haben nicht begriffen, dass es eine zivilisatorische Errungenschaft ist,
       nicht auf Rache, sondern auf Rehabilitation zu setzen. Es gibt ja auch mit
       Peter Nowack mitten in Bremen einen SPD-Politiker, die Sippenhaft für die
       Familie eines Intensivtäters fordert – und Sippenhaft ist genauso wie die
       Todesstrafe nicht ohne Grund 1945 abgeschafft worden!“
       
       Auch Günter Pape von Amnesty International Bremen plädiert mehr für die
       leisen Töne: „Mitglied im Städtebündnis gegen die Todesstrafe zu sein, ist
       einfach und kostet nichts, aber man muss auch etwas dafür tun.“ Im
       vergangenen Jahr hätten an einer Kundgebung an gleicher Stelle zum gleichen
       Thema lediglich Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) und ein paar
       InteressentInnen teilgenommen: „Die Bürgerschaft ist heute deswegen hier
       versammelt, weil wir ihr auf die Füße getreten sind.“
       
       21 Nov 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Simone Schnase
       
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