# taz.de -- Schattenbanken in Steueroasen: Billionen-Umsatz ohne Finanzaufsicht
> Wichtiger denn je: Schattenbanken. Sie entziehen sich jeder Kontrolle und
> machen einen Billionenumsatz. Der Bericht des Finanzstabilitätsrats ist
> alarmierend.
IMG Bild: Gefahr für Schattenbanken: Die frühere Steueroase Liechtenstein will ihr Image verbessern.
HAMBURG taz | Schattenbanken sind Gewinner der Finanzkrise: Nach einem am
Sonntagabend veröffentlichten Bericht des Finanzstabilitätsrats der G20
setzten Hedgefonds und Zweckgesellschaften, die keiner Finanzaufsicht
unterliegen, 2012 rund 67 Billionen US-Dollar (rund 53 Billionen Euro) um.
Das sind ein Viertel der gesamten Vermögenswerte weltweit, 5 Billionen
Dollar mehr als 2010 – und 45 Billionen mehr als vor zehn Jahren. Hinzu
kommt eine hohe Dunkelziffer, denn viele Schattenbanken sind in Steueroasen
angesiedelt, die keine konkreten Angaben machen.
Elke König, die Chefin der deutschen Finanzaufsicht Bafin, hält es für
„sehr dringlich“, diese Mega-Akteure in die Regulierung miteinzubeziehen.
Ihr britischer Kollege Adair Turn findet es unumgänglich, dass „wir dieses
Mal radikal genug sind“.
Bislang agierten die Schattenbanken „weitgehend außerhalb des
regulatorischen Rahmenwerkes“, kritisiert Mechthild Schrooten,
Finanzprofessorin an der Hochschule Bremen. Hinzu komme fehlende
Transparenz. So könnten Zweckgesellschaften und Hedgefonds mit den ihnen
überlassenen Vermögen von US-Pensionsfonds und deutschen Industriekonzernen
ungeniert hochspekulative Geschäfte machen – anders als normale Banken.
Nicht wenige Experten geben dem Schattenbankensystem die Hauptschuld am
Ausbruch der Finanzkrise 2007.
Ausufern konnte das Schattenreich erst durch die Deregulierung des
Bankensektors in den 1970er Jahren. Das größte parallele Bankensystem mit
einem Kapital von 23 Billionen US-Dollar haben heute die USA, gleich
dahinter folgen die Eurostaaten mit 22 Billionen. Gemessen am jeweiligen
Bruttoinlandsprodukt (BIP) führt Hongkong, wo Hedgefonds und Co Kapital in
Höhe von 520 Prozent des BIP haben; in den Niederlanden sind es 490
Prozent, in Großbritannien 370 Prozent.
Eigentlich steht die Regulierung des Sektors spätestens seit Ausbruch der
Finanzkrise auf der Agenda der internationalen Politik. Ende 2010
beauftragten die G-20-Regierungen den Stabilitätsrat damit, Regeln zu
entwickeln. Die Europäische Union legte im März ein „Grünbuch“ vor. Und das
Europaparlament forderte die Kommission zuletzt auf, ein Gesetz zu
entwerfen, das Transparenz in der EU brächte. Doch fehlt es am politischen
Willen, Schattenbanken ganz zu verbieten. Zu stark scheint die Bankenlobby
– viele der Schatteninstitutionen sind Tochtergesellschaften regulärer
Geldhäuser.
Der Finanzexperte der Linksfraktion im Deutschen Bundestag, Axel Troost,
fordert „gleiche Regeln für gleiches Geschäft“. Denn auch das ab 2013 zur
Umsetzung anstehende Regelwerk Basel III, das die Banken weiter regulieren
soll, wird gleichzeitig das Schattenbankengeschäft befördern. Es zwingt die
Institute, mehr kostspieliges Eigenkapital einzusetzen. Dadurch wächst der
wirtschaftliche Anreiz, Geschäfte ins Schattenreich auszulagern.
„Finanzaktivitäten könnten weiter aus den Bilanzen der Banken in ein
weniger reguliertes Schattenbankensystem übergehen“, heißt es in einem
Bericht der Deutschen Bank.
Der Finanzstabilitätsrat will nun im September 2013 Empfehlungen vorlegen,
wie Schattenbanken besser beaufsichtigt werden können. Der G-20-Gipfel in
Sankt Petersburg im gleichen Monat könnte dann darüber beschließen.
Bafin-Chefin König muss das zu spät sein.
20 Nov 2012
## AUTOREN
DIR Hermannus Pfeiffer
## TAGS
DIR Schwerpunkt Finanzkrise
DIR Steueroase
DIR Umsatz
DIR Bafin
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