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       # taz.de -- Handball-Erstligist Rhein-Neckar Löwen: Investorenlos erfolgreich
       
       > Nach dem Sieg über die Füchse Berlin haben die Rhein-Neckar Löwen deren
       > Rolle des Vorjahrs übernommen: als Überraschungsteam der Liga.
       
   IMG Bild: Gib Gummi: Trainer Gudmundur Gudmundsson im Einsatz.
       
       MANNHEIM taz | Der Mann, den sie der Einfachheit halber „Gummi“ nennen,
       pustete tief durch, und dabei hatte er die Hände noch immer zu Fäusten
       geballt. Ein hartes Stück Arbeit lag hinter Gudmundur Gudmundsson, da
       konnte es keinen Zweifel geben, ebenso wenig wie für die Tatsache, dass der
       Trainer der Rhein-Neckar Löwen und seine Mannschaft eben diese Arbeit
       erfolgreich bewältigt hatten, auch das konnte man sehen: Als Gudmundsson
       durch die Katakomben Richtung Kabine schritt, tanzte schon wieder dieses
       für ihn typische Lausbubenlächeln um seine Mundwinkel.
       
       Draußen wiederum tanzten seine Spieler. Einen richtigen Löwen-Pogo legten
       die Mannheimer Bundesligahandballer aufs Parkett. Die dazu passende Musik
       lieferte das Publikum. „So sehn’ Sieger aus“, schmetterten die Löwen-Fans.
       Das Lied ist in dieser Saison eindeutig der Nummer-1-Hit in der Mannheimer
       Arena. Warum dem so ist, konnte man auch am späteren Samstagabend immer
       noch in der Tabelle ablesen: Auf Platz eins werden die Löwen dort geführt.
       
       Zwölfmal haben sie gespielt, zwölfmal gewonnen. Als einziges Bundesligateam
       sind sie somit noch ohne Verlustpunkt. Dass die Stimmung diesmal noch ein
       klein wenig ausgelassener war als sonst, lag freilich auch am Gegner.
       Füchse Berlin hieß der – und war nach Flensburg (30:27) und Hamburg (30:23)
       das dritte von vier Großkalibern der Liga, dem die Löwen trotzen konnten,
       auch wenn es deutlich enger war als in den Top-Duellen zuvor. 25:23 hieß es
       diesmal am Ende.
       
       Vor allem die zweite Halbzeit gehörte lange Zeit den Gästen, die anfänglich
       Probleme hatten, ein probates Mittel gegen die Abwehr der Hausherren, deren
       Prunkstück, zu finden. Ganze zwei Treffer waren den Füchsen in der
       Anfangsviertelstunde (7:2) gelungen, erst danach fanden sie mehr und mehr
       den Schlüssel zum Tor.
       
       In der Abwehr zogen die Füchse auch dank einer Glanzleistung von Torhüter
       Silvio Heinevetter den Löwen nun ihrerseits immer mehr den Zahn. Im Angriff
       wiederum sorgten sie durch einen Druck auf die Tempo-Tube vermehrt dafür,
       dass die Defensive der Gastgeber sich oft erst gar nicht richtig formieren
       konnte. Mit einem 11:11-Unentschieden ging es in die Pause. Spätestens ab
       da war es ein Kampf auf Biegen und Brechen, bei dem letztendlich
       „Kleinigkeiten“ den Ausschlag gaben, wie Füchse-Trainer Dagur Sigurdsson
       später bemerkte.
       
       ## Zwei Wunder-Torhüter
       
       Eine dieser letztendlich dann doch gar nicht so kleinen Kleinigkeiten war
       sicherlich Alexander Petersson. Der Ex-Fuchs im Löwen-Rudel drehte im
       zweiten Durchgang richtig auf, am Ende hatte er acht Tore auf sein Konto
       gebucht. Kleinigkeit zwei: Als es bei Niklas Landin Anfang der zweiten
       Halbzeit nicht so lief, wechselte Gudmundsson seinen einen Wunder-Torhüter
       einfach durch seinen anderen aus – und brachte Goran Stojanovic, der prompt
       7 von 12 Bällen hielt.
       
       Nicht weniger verdiente sich Gedéon Guardiola ein Sonderlob des Trainers.
       Der Spanier, der erst den früh schon mit zwei Zeitstrafen belasteten
       Abwehrchef Oliver Roggisch und später Kreisläufer Bjarne Myrhol beinahe
       nahtlos ersetzte, stabilisierte nicht nur die im zweiten Durchgang
       bisweilen bröckelnde Abwehr der Mannheimer, sondern sorgte vom Kreis aus
       für drei ganz wichtige Tore. Angetrieben von über 10.000 Zuschauern, die
       immer mehr aus dem Häuschen gerieten, reichte das, um das Glück, den Kampf
       und schließlich die Partie doch wieder auf die Seite der Löwen zu ziehen.
       Uwe Gensheimers Siebenmetertreffer zum 23:22 (57. Minute) war die
       Initialzündung dafür.
       
       „Wir haben mit toller Moral, Herz und Leidenschaft die Partie auf unsere
       Seite gezogen“, stellte Löwen-Trainer Gudmundsson hernach erleichtert fest.
       Dass dies gegen die Füchse gelang, hatte durchaus Symbolwert: In der
       Vorsaison waren schließlich die Berliner die große Bundesliga-Überraschung,
       nun haben die Löwen sie just in dieser Funktion abgelöst.
       
       Dass dies trotz des Ausstiegs des ehemaligen Hauptsponsors Jesper Nielsen
       und eines infolge dessen um rund 2 Millionen Euro eingedampften Etats
       gelungen ist, macht die Überraschung fast schon zu einem kleinen Wunder. An
       ein großes wollen sie bei den Löwen indes (noch) nicht denken. „Wir sollten
       den Ball flach halten“, empfahl der Mann, den sie „Gummi“ nennen, am
       Samstag. Dessen ungeachtet: Am Mittwoch in einer Woche gastiert der THW
       Kiel in Mannheim.
       
       18 Nov 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Frank Ketterer
       
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